Hamburg. Deutsche Hockeyherren bestreiten ihre ersten Pro-League-Spiele nach dem WM-Titelgewinn.
Ein lautes Rattern ist durchs Telefon zu hören, gefolgt von einem langgezogenen Pfeifen. „Das ist die Bahn, die hier direkt vor unserem Zimmer vorbeifährt, auch nachts“, sagt Mathias Müller, und der Verdruss ist dem Hockey-Nationalspieler vom Hamburger Polo Club auch über 7000 Kilometer Entfernung aus der Stimme herauszuhören.
In Rourkela im indischen Bundesstaat Odisha beginnt für den 30 Jahre alten Innenverteidiger und die Auswahl von Bundestrainer André Henning an diesem Freitag ein neuer Abschnitt. Im Nationenwettbewerb Hockey Pro League treten die deutschen Herren, aktuell Tabellenfünfter, zu den Partien gegen den Vierten Indien (heute und Montag) und den Achten Australien (Sa. und Di., jeweils 14.40 Uhr/DAZN) erstmals als amtierender Weltmeister an.
Hockey-Weltmeister: Ende Januar gelang der überraschende WM-Triumph
Ende Januar gelang in Bhubaneswar, rund 340 Kilometer südöstlich von Rourkela gelegen, der überraschende WM-Triumph. Knapp sechs Wochen später nun erneut in Indien gefordert zu sein, sei mental und körperlich durchaus eine Herausforderung, sagt Mathias Müller. „Von der Motivation her ist es recht schwierig, zumal das Gesamtpaket mit einer 24 Stunden langen Anreise und einer Unterkunft der eher unterdurchschnittlichen Kategorie nicht sehr befriedigend ist.“ Dazu komme, dass in Rourkela aktuell schwülheiße 38 Grad und ein extrem hohes Level an Luftverschmutzung herrschen. „Zum Leistungssporttreiben ist es gerade einer der schlechtesten Orte weltweit“, sagt Müller, der zudem die erneut wochenlange Absenz von seinem Arbeitsplatz beim Projektentwickler Quantum beklagt. „Das Verständnis meines Arbeitgebers ist zum Glück groß. Aber meine beruflichen Fortschritte halten sich schon arg in Grenzen in diesen Monaten“, sagt er.
"Man muss immer wieder bestätigen, dass man in den Kader gehört"
Es ist das Los des Amateursportlers, der auf Profiniveau trainiert und spielt, und deshalb möchte Mathias Müller die Umstände auch keinesfalls als Ausrede verstanden wissen. Für den Weltmeister startet in Rourkela die Vorbereitung auf die Heim-EM im August in Mönchengladbach, da gilt es, sich mit guten Leistungen zu beweisen. „Ich denke zwar, dass wir WM-Fahrer einen kleinen Bonus haben, aber man muss immer wieder bestätigen, dass man in den Kader gehört. Deshalb wollen wir hier möglichst alle vier Spiele gewinnen, damit sich die Reise wenigstens sportlich lohnt“, sagt er.
Bundestrainer Henning, der neben Müller aus Hamburg auch dessen Clubkollegen Niklas Bosserhoff und Constantin Staib sowie Hannes Müller und Michel Struthoff (beide Uhlenhorster HC) nominiert hat und auf seine Topstürmer Niklas Wellen (Krefeld) und Christopher Rühr (Köln/beide pausieren) verzichten muss, sieht es ähnlich. „Es geht um Entwicklung. Indien und Australien sind Teams, gegen die wir nicht so oft spielen, sie werden uns herausfordern. Wir wollen die Stärken, die wir bei der WM unter Beweis gestellt haben, bestätigen und uns gleichzeitig weiterentwickeln“, sagt er.
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Mathias Müller glaubt, dass sich trotz des WM-Titelgewinns nichts am Standing des Teams verändert hat. „Wir gehören weiterhin zu den besten fünf Teams der Welt, von denen jeder jeden schlagen kann. Es werden hier vier Spiele auf Augenhöhe, für die wir unsere beste Leistung abrufen müssen.“