Hamburg. Nirgendwo gibt es so viele Simulatoranlagen wie in der Hansestadt und im Umland. Neueröffnung in Bahrenfeld.

Es fehlen eigentlich nur noch Ventilatoren, die einem den Nordseewind ins Gesicht blasen. Dann wäre die Golf-Illusion komplett. Aber wir wollen nicht übertreiben. Alles andere ist schon ziemlich perfekt. Der Blick vom Abschlag das erste Fairway hinunter, der berühmte Bach „Swilcan Bourne“ lauert – also nicht zu weit schlagen. Dann geht es weiter in die Dünenlandschaft des Old Course im schottischen St. Andrews. Golfers Traum.

Indoorgolf: Fabrikhalle in Bahrenfeld wird zum Golfplatz

Wir sind aber in Bahrenfeld in einer schönen, 1912 erbauten ehemaligen Fabrikhalle. Und statt frischer Brise ist es kuschelig warm. In bis zu neun Boxen schlagen Spieler die Bälle imaginäre Bahnen herunter, nähern sich Grüns an, trainieren mit einem Coach oder allein. Seit Ende November gibt es in Hamburg eine neue Simulationsanlage, das „TrackMe“ – die Hansestadt ist damit die Hochburg für Indoor-Golf in Deutschland, wahrscheinlich sogar in Europa.

Martin Harnik betreibt eine eigene Anlage in Glinde.
Martin Harnik betreibt eine eigene Anlage in Glinde. © Imago Images | Hanno Bode

Schon im Februar hatte der ehemalige Fußballprofi Martin Harnik (Werder Bremen, HSV) in Glinde das „Eisen7“ eröffnet, wo es acht Abschläge sowie ein großes Puttinggrün gibt. Die nächstgrößere Anlage in Deutschland steht mit sieben Simulatoren in München. Die „Golf Lounge“ in Moorfleet hat zwei Boxen, auch beim Betriebssportverband in der Wendenstraße, in Hamburg-Niendorf (Paul-Sorge-Straße 140) und in Kaltenkirchen stehen jeweils zwei Simulatoren zur Verfügung.

Rund 40.000 Menschen spielen in Hamburg Golf

„Der Hamburger Golfmarkt ist riesengroß und gibt das her“, ist Florian Jahn (39) überzeugt, einer der beiden Gründer und Betreiber des „TrackMe“. „In Hamburg gibt es im Stadtgebiet rund 40.000 Golfer, dazu kommt noch das Umland.“

Auch Harnik denkt, dass „das Potenzial für zwei große Anlagen ausreicht, zumal wir ja geografisch etwas weiter auseinander liegen.“ Der einstige Torjäger ist sich sicher, auch mit dem „Eisen7“ einen Volltreffer gelandet zu haben: „Golfer sind bereit, bis zu 90 Minuten zum Platz zu fahren. Wir hatten auch schon Gäste aus Oldenburg.“

Peter Merck von der „Golf Lounge“ hat schon das Gespräch mit den Betreibern der anderen Anlagen gesucht. „Wir sollten nicht gegeneinander arbeiten, sondern miteinander“, sagt er. Ideen zu einer gemeinsame Turnierserie sind bereits im Kopf. Das „TrackMe“ hatte kürzlich Besuch vom U-Com, dem Veranstalter der Porsche European Open in Winsen, auch dort wäre eine Zusammenarbeit möglich. Zunächst soll wohl der Porsche Nordkurs der Green Eagle Golf Courses digitalisiert werden, auf dem das Profiturnier der DP World Tour ausgetragen wird.

Golf-Verband veranstaltet „E-Golf Masters“

Auch der Hamburger Golf-Verband (HGV) fährt voll auf Indoorgolf ab. Zum zweiten Mal veranstaltet er in diesem Winter sein „E-Golf Masters“, an der alle Spieler aus ganz Deutschland von 18 Jahren an teilnehmen können. Vom 1. Dezember bis zum 31. März werden vier Qualifikationsrunden auf vier unterschiedlichen „Plätzen“ gespielt, das Finale findet dann am 14. April im Porsche Zentrum Hamburg statt. „Es gibt sogar 900 Euro Preisgeld für den Sieger und 400 Euro für den Zweiten“, sagt HGV-Geschäftsführer Dominikus Schmidt. Auch einen Teamwettbewerb für „Clans“ von vier Spielern hat er gestartet, das Matchplay-Finale der acht besten Teams wird im „Eisen7“ steigen.

Der Verband hat selbst zwei Simulatoren, die er bei Bedarf zum Training aufstellen kann. Schmidt ist ein großer Freund der wettersicheren Spielerei: „Die Bedingungen sind für alle gleich, und es ist eine super Gelegenheit, in Schwung zu bleiben.“ Sein Ziel ist es, dass die Vereine der Deutsche Golfliga (DGL) mit ihren Topspielern an der Turnierserie teilnehmen: „Eine virtuelle DGL wäre super.“

Qualität der Golfsimulatoren hat sich deutlich verbessert

Computergestützte Golfsimulatoren gibt es seit mehr als 20 Jahren. „Seit etwa vier Jahren aber hat sich die Qualität entscheidend verbessert“, sagt Falk Howe (45), der Partner von Jahn in Bahrenfeld, „das Ausrollen auf den Grüns, Bunkerschläge, Schläge aus dem Rough, missglückte Schläge, das Ergebnis ist jetzt annähernd wie draußen.“

Das liegt am Marktführer TrackMan aus Dänemark, der als Trainingstool für Coaches und Profis längst unentbehrlich ist und auch die Komplettlösung für Simulatoren anbietet. Mit einem Radar wird das exakte Treffmoment gemessen: Schlägerkopfgeschwindigkeit, Spinnrate, Auftreffwinkel, Hook oder Slice, Länge. Alles kann in Echtzeit in einen digitalisierten Golfplatz gerechnet werden, der auf einer großen Leinwand vor dem Spieler sichtbar ist. Bunkerschläge werden mit 35 Prozent Längenabzug berechnet, Schläge aus dem Rough kosten 20 Prozent.

Der Ball liegt aber immer auf Kunstrasen, das vereinfacht das Treffen aus schwierigen Lagen natürlich. Der Schwung aber lässt sich bestens üben. Mindestens 3,5 Meter breit ist solch eine Box. Die Leinwand, in die man den Ball schlägt, und einen Beamer, um den Platz zu zeigen, braucht es neben der Software. Rund 45.000 Euro kostet eine voll ausgestattete TrackMan-Anlage. „Einen hohen sechsstelligen Betrag“, sagt Howe, habe der Ausbau der alten Metallschmiede zu einem Golf-Event-Center gekostet.

Spätestens in fünf Jahren soll sich die Investition amortisiert haben. Dazu braucht es vor allem auch im Sommer Events, Firmenfeiern, Hochzeiten und Ähnliches, die im Barbereich stattfinden können. „Wir müssen einfach schauen, wie die Hamburger das Angebot annehmen“, sagt Jahn, der seinen Job als Golflehrer im Club zur Vahr in Bremen aufgegeben hat.

Indoorgolf: Weltberühmte Kurse sind digital spielbar

Mehr als 200 Plätze aus aller Welt sind schon im digitalen Angebot, aus denen man wählen kann. Neben St. Andrews auch solche Berühmtheiten wie Pebble Beach (Kalifornien) oder das spanische Valderama. Je nach Anbieter, Uhrzeit, Sparpreis oder Abo-Model zahlt man in Hamburg zwischen 15 und 60 Euro für die Stunde in einer Box, bis zu vier Spieler können in einem Flight abschlagen. Das ist auch über die Festtage möglich. Heiligabend ist die Anlage von 10 bis 13.30 Uhr geöffnet, am 1. und 2. Weihnachtstag sogar jeweils von 10 bis 21.30 Uhr.

Ein Getränk zwischendurch, da ist der legendäre „Old Course“ auch in Hamburgs Winter schnell und mit Spaß gespielt. Nur das Überschreiten der ikonischen, 700 Jahre alten Swilcan Bridge auf dem Weg zum 18. Grün entfällt – die Realität ist eben doch nicht ganz zu imitieren.