Hamburg. Die berühmte Fangruppierung des FC St. Pauli wird mit einer Sonderausstellung gewürdigt – Präsident Oke Göttlich gratuliert.
„Aux armes!“ Ohrenbetäubend schallt der „Kampfruf“ der St.-Pauli-Fans von der Südtribüne. Fahnen wehen, Banner werden präsentiert. Ein Vorsänger heizt ein, die Menge hüpft und singt. Konfetti liegt auf dem Boden, es nebelt künstlich. Eine große Leinwand frontal und zwei kleinere links und rechts ziehen den Besucher in dieser Multimedia-Installation mitten in den aktivsten Fanblock des Millerntor-Stadions, dorthin, wo die Ultràs heimisch sind.
Sonderausstellung: „20 Jahre Ultrà St. Pauli"
An diesem Freitag um 15 Uhr eröffnet im FC-St.-Pauli-Museum in der Gegengerade die Sonderausstellung „20 Jahre Ultrà St. Pauli“ mit dem Untertitel „Geschichte wird gemacht“. „Die Ultràs sind vor etwa einem Jahr auf uns zugekommen und haben gefragt, ob wir uns das vorstellen können“, erzählt Sönke Goldbeck aus dem Vorstand des Museumsvereins, „und wir hatten Bock darauf.“
Denn das ist doch klar: Die Fanvereinigung Ultrà St. Pauli (USP) ist untrennbar Teil der Vereinshistorie und -kultur. Dies darzustellen ist Aufgabe eines Museums – auch wenn diese Geschichte anhält und noch höchst lebendig ist. Das wird man an diesem Sonnabend (20.30 Uhr/Sky) auch im Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim erleben dürfen. „Ultrà St. Pauli hat in den vergangenen 20 Jahren mit zahllosen Choreos und riesigem Einsatz den Support am Millerntor entscheidend geprägt. Für diese Unterstützung sage ich im Namen des Vereins Danke!“, sagt St.-Pauli-Präsident Oke Göttlich.
Natürlich reiben sich immer wieder mal andere Fans an der heterogenen Gruppe. Pyros und Bengalos in der Kurve sehen zwar super aus, sind aber auch gefährlich. Die über die Jahre bis Ende der vergangenen Saison addierten 548.265 Euro Geldstrafe vor allem für das Abbrennen von Feuerwerk gehen überwiegend auf die Ultràs zurück und sorgen für weniger Begeisterung bei den Vereinsoberen.
Die Gruppe engagiert sich auch für Obdachlose und Geflüchtete
Es ist aber unstrittig, dass USP „ein wichtiger Teil des Umfeldes ist, mit dem wir gut und vertrauensvoll zusammenarbeiten“, sagt Goldbeck. Göttlich ergänzt: „Auch abseits der Spiele engagiert sich USP – beispielsweise für Obdachlose oder Geflüchtete.“ Ohne den Einsatz der Ultràs würde das Museum möglicherweise gar nicht existieren. Denn die Polizei wollte beim Neubau der Gegengerade die Dom- und Fußballwache in den jetzigen Museumsräumen errichten. Dagegen protestierten die St.-Pauli-Fans am 25. September 2012 beim Heimspiel gegen VfR Aalen mit einer Ganz-Stadion-Choreo.
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Ein „Best of Choreos“ ist in der Ausstellung natürlich auf Fotos zu erleben. Man lernt, wie diese gigantischen Kurveninszenierungen entstehen. Fans erzählen in Videos von ihrer Faszination am Fußball und der Ultraszene. „Es geht um besondere Momente, Fanfreundschaften und -feindschaften, Politik, Widerstand, Solidarität und natürlich um Fußball“, heißt es in der Ausstellungsankündigung. Von der Vorgängergruppe „Carpe Diem“, den italienischen Vorbildern, über das politische Engagement für die Hafenstraße, gegen Diskriminierung und Faschismus bis hin zu den unterschiedlichen Arbeitsgruppen umfasst die Ausstellung praktisch alle Aspekte der USP-Geschichte.
„Ich freue mich besonders, dass die Gruppe zwar nun schon museumsreif ist, aber nicht verstaubt, sondern richtig viel Nachwuchs hat“, sagt Göttlich: „Hier wird soziales, gesellschaftliches, antifaschistisches und partizipatives Engagement gelebt, wie es jedem eingetragenen Verein guttut.“
Ein Abschiedsspiel für den langjährigen Kapitän Jan-Philipp Kalla (36) findet am 25. März 2023 (Sonnabend) im Millerntor-Stadion statt.