Hamburg. Der Neu-Hamburger und Langstreckenspezialist Haftom Welday kann nicht beim Haspa-Marathon starten – arbeitet aber hart am Comeback.
Wo er stehen wird am Sonntag, ob im Zielbereich in der Karolinenstraße oder mit seinen Team- und Arbeitskollegen vom Hamburger Laufladen an deren Stand an der Deelböge, weiß er noch nicht. Aber dass er ihn sich ansehen wird, den Haspa Marathon, das steht fest. „Ich freue mich sehr auf die Atmosphäre und darauf, mit anderen Eliteläufern sprechen zu können“, sagt Haftom Welday, „ich kann mich auch über sportliche Leistungen anderer freuen.“
Der Plan war ursprünglich ein ganz anderer gewesen für den 31-Jährigen. Haftom Welday, geboren in Eritrea, im Sommer 2014 aus Ostafrika nach Europa geflüchtet und seit 12. Dezember 2021 mit Ehefrau Brtokan, Sohn Mateus (10) und den ein Jahr alten Zwillingsmädchen Hana und Hyab in Groß Borstel heimisch, wollte in seiner neuen Heimat den Startschuss für seine Marathonkarriere geben.
Hamburg-Marathon 2022: Haftom Welday kann nicht starten
Diese soll im Optimalfall 2024 bei den Olympischen Sommerspielen in Paris als Mitglied der deutschen Nationalmannschaft ihren Höhepunkt finden. Doch eine durch schweren Vitamin-D-Mangel ausgelöste Überlastung der Muskulatur im linken Oberschenkel und Beckenbereich sorgt seit mehreren Wochen dafür, dass der 176 Zentimeter große Langstreckenspezialist bei Tempoläufen unter Höchstbelastung so starke Schmerzen hat, dass er diesen Teil des Trainings nicht absolvieren kann.
Schweren Herzens musste er deshalb seinen Start beim Halbmarathon in Berlin Anfang April ebenso absagen wie die Teilnahme am Haspa Marathon. „Wir haben einen langfristigen Plan, den wir nicht gefährden wollen“, sagt sein Hamburger Trainer Jens Gauger, Inhaber des Laufladens, bei dem der hoffnungsvolle Spitzenathlet als Verkäufer und Trainer angestellt ist.
Das nächste Ziel sei nun der hella Halbmarathon in Hamburg am 26. Juni, drei Monate später soll Haftom Welday dann in Berlin seine sportliche Entwicklung nachweisen. Im vergangenen Jahr war er bei seiner Marathon-Premiere in der Hauptstadt ohne Vorbereitung eine 2:13:47 gelaufen. Mit zielgerichtetem Training traut Gauger, der die Betreuung im Team mit dem in der Schweiz lebenden äthiopischen Coach Tesfaye Eticha übernommen hat, seinem Schützling zu, die Marke von 2:10 Stunden deutlich zu unterschreiten.
Fachleute unterstützen Langstreckenspezialist Welday
Dieses zielgerichtete Training allerdings ist erst dann möglich, wenn Weldays Körper allen Belastungen standhalten kann. Ein Netzwerk an Fachleuten aller Stilrichtungen kümmert sich aktuell um die medizinische Behandlung. Am 3. Mai fliegt er für sechs Wochen ins Höhentrainingslager nach Äthiopien. „Ich bin überzeugt, dass es Schritt für Schritt aufwärtsgehen wird“, sagt Jens Gauger.
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Während er auf Wettkämpfe verzichten muss, kämpft Haftom Welday auf einem anderen Gebiet umso intensiver. Dank der Unterstützung seiner Laufladen-Kollegin Susanne Carstensen-Franke hat der aktuell Staatenlose seinen Einbürgerungsantrag forciert. „Normalerweise muss jemand, der Deutscher werden will, acht Jahre hier leben. Aber da Haftom alle nötigen Zertifikate wie Sprachtests oder eine Arbeitsbescheinigung vorweisen konnte, scheint es jetzt relativ schnell gehen zu können“, sagt Susanne Carstensen-Franke, die der Familie rund um die Uhr beratend zur Seite steht. Ehefrau und Sohn müssen auf die Einbürgerung voraussichtlich drei Jahre länger warten, die Töchter erhalten, da sie noch nicht drei Jahre alt sind, die deutsche Staatsangehörigkeit mit ihrem Vater gemeinsam.
„Mein Traum ist, schon zum Halbmarathon in Hamburg als Deutscher anzutreten“, sagt Haftom Welday, der jeden Tag sehnsüchtig den Briefkasten nach Post vom Einbürgerungsamt durchsucht. Spätestens Ende September in Berlin aber will er für seine neue Heimat starten. „Mir ist das sehr wichtig, denn ich möchte Deutschland für die Unterstützung, die meine Familie und ich hier erfahren, als erfolgreicher Sportler etwas zurückgeben“, sagt er. Um sich überhaupt für Großevents qualifizieren zu können, braucht er den deutschen Pass. Wenn dieses Thema abgehakt ist, darf sich Hamburg auf einen sehr ehrgeizigen Hoffnungsträger freuen.