Hamburg. Die internationale Presse verhöhnt den Kollaps der Super League. Selbst Juventus knickt ein – oder war alles genauso geplant?
Die Super League ist zumindest fürs Erste krachend gescheitert. Keine 48 Stunden nach der Verkündung der großen Pläne haben sich inzwischen fast alle zwölf europäischen Topclubs von diesen wieder distanziert. Als erster der Initiatoren hatte Manchester City am Dienstagabend seine Teilnahme an der Super League abgesagt. Dem folgten die anderen fünf englischen Mitgründer FC Liverpool, Manchester United, FC Arsenal, Tottenham Hotspur, FC Chelsea sowie Atlético Madrid aus Spanien.
Daraufhin mussten auch die italienischen Clubs Inter Mailand, der AC Mailand und Juventus Turin einsehen, dass eine Super League ohne englische Vereine nicht viel Sinn habe – und sie wandten sich ebenfalls von der Idee ab. Wenngleich vor allem Juve weiterhin überzeugt von dem bei Fans, anderen Vereinen und Politikern höchst umstrittenen Projekt ist.
Super League: Ein abgekartetes Spiel?
Von den Gründungsmitgliedern der Super League bleiben somit nur noch Real Madrid und der FC Barcelona übrig. Wobei zumindest Barça ebenfalls nachgesagt wird, einen Rückzug vorzubereiten. Die schnelle Kehrtwende der Topclubs erweckt den Eindruck, als wäre alles ein abgekartetes Spiel. Denn ganz nebenbei boxte die Uefa ihre ebenfalls umstrittene Reform der Champions League durch, die eine Art Super League light darstellt.
Ebenfalls verdächtig ist die Tatsache, dass die wegen Korruptionsvorwürfen angeschlagene Uefa sowie der bei neutralen Fußball-Fans wegen seiner Scheich-Millionen unbeliebte französische Topclub Paris St. Germain plötzlich die „Good Guys" im Fußball sein sollen, weil beide sich von Anfang an gegen die Super League gestellt haben. Ein Szenario, das zumindest Fragen aufwirft.
Das Abendblatt hält Sie im Newsblog zur Super League auf dem Laufenden.
- Auch italienische Clubs wenden sich von Super League ab
- Super-Flop: Presse verhöhnt Kollaps der Super League
- Trotz Super-League-Aus: London prüft Reform
- Inter Mailand und Atlético: Rückzug aus Super League
- Juve-Chef sieht keine Chance für Super League
- Spanische Liga kritisiert Super-League-Clubs: „Verdient es!“
- Uefa-Boss heißt Rückzieher-Clubs willkommen
- Liverpool-Eigentümer entschuldigt sich bei Fans
- Boss von Manchester United tritt zurück
Italienische Clubs wenden sich von Super League ab
Nun haben sich auch die drei ursprünglichen Unterstützer der Super League aus Italien, Juventus Turin sowie Inter und AC Mailand, von den Plänen des Projekts abgewandt. Man habe Kenntnis von den Vorhaben anderer Clubs, sich aus dem Projekt zurückzuziehen, obwohl die nötigen Verfahren für eine Übereinkunft noch gar nicht abgeschlossen seien, teilte Juve mit. Der Verein sei weiterhin von der Super League überzeugt. Derzeit sei es jedoch kaum möglich, das Projekt wie ursprünglich geplant abzuschließen.
Neu distanziert hat sich nun auch der AC Mailand von den Plänen. „Die Stimmen und Sorgen der Fans auf der ganzen Welt waren mit Blick auf die Super League stark und klar“, teilte der Club mit. Man werde dennoch weiter daran arbeiten, ein nachhaltiges Modell für die Welt des Fußballs zu bestimmen.
Presse verhöhnt Kollaps der Super League
Die Super League ist kurz nach ihrer Gründung schon wieder zerbrochen, doch der Ton in den internationalen Medien ist weiter scharf. Die englischen Zeitungen bewerten den „Kollaps“ der geschlossenen Eliteliga als „Sieg für die Fans“. Aber auch andere europäische Medien weisen die beteiligten Teams für ihre Planungen zurecht. Die internationalen Pressestimmen zum Durchklicken:
Trotz Super-League-Aus: London prüft Reform
Obwohl sich alle sechs an den Plänen für eine Super League beteiligten englischen Vereine von dem Projekt abwandten, will die britische Regierung eine Reform des Profi-Fußballs prüfen. Eine von Fans geleitete Untersuchung solle dafür weiterhin Vorschläge erarbeiten, sagte der für Sport zuständige Minister Oliver Dowden im BBC-Fernsehen. Dabei solle es auch darum gehen, wie Fans mehr Mitspracherecht bekommen könnten, so der konservative Politiker.
Dem Radiosender LBC sagte Dowden, die Regierung wolle sich so wenig wie möglich in die Belange des Fußballs einmischen. Investitionen seien weiterhin willkommen. Dennoch wollte er die Einrichtung einer Aufsichtsbehörde für den Sport nicht ausschließen. Auch die deutsche 50+1-Regel, wonach Investoren nicht die Mehrheit an einem Fußballclub halten dürfen, werde in Betracht gezogen. „Deutsche Clubs haben nicht an diesem Vorstoß (der Super League) teilgenommen“, so der Minister. Das deutsche Modell sei daher etwas, das man sich anschauen werde.
Inter Mailand wendet sich von Super League ab
Auch Inter Mailand hat sich von den Plänen der Super League abgewandt. Der Club sei nicht mehr Teil des Projekts, teilte der aktuelle Tabellenführer der Serie A mit. Man wolle den Fans stets das beste Fußballerlebnis bieten. Inter sei der Ansicht, dass der Fußball ein Interesse daran haben müsse, seine Wettbewerbe ständig zu verbessern, um Fans aller Altersgruppen auf der ganzen Welt im Rahmen zu begeistern, hieß es weiter.
Atlético Madrid: Rückzug aus Super League
Nach den sechs englischen Vereinen hat auch Atlético Madrid seinen Rückzug aus dem umstrittenen Projekt zur Gründung einer Super League bekanntgegeben. Der Verwaltungsrat des Clubs sei am Mittwoch zusammengekommen und habe diese Entscheidung getroffen, teilte Atlético mit.
Juve-Chef: Keine Chance für Super League
Mitinitator Andrea Agnelli sieht keine Chance mehr für die Super League. Der Präsident von Juventus Turin räumte ein, dass durch den Rückzug der sechs englischen Mit-Gründerclubs die Pläne nicht mehr umsetzbar seien.
Aus für die Super League wohl fix
Die viel diskutierte Super League wird es nicht geben. Dies erfuhr die französische Nachrichtenagentur AFP aus dem Umfeld von Hauptinitiator und Juventus-Präsident Andrea Agnelli. Demnach werden die Pläne für die neue Eliteliga im europäischen Fußball nach dem Rückzug der sechs englischen Teams verworfen.
Spanische Liga kritisiert Super-League-Clubs
Die spanische Liga hat mit einem Video jene Clubs aus Spanien und Italien kritisiert, die auch nach dem Rückzieher der sechs englischen Vereine noch an der Gründung der umstrittenen Super League festhalten. „Anstrengung – Hingabe – Leidenschaft. Von Teams und Fans. Für einen Fußball von allen und für alle. Verdient es auf dem Spielfeld!“, heißt es in einem auf den sozialen Netzwerken veröffentlichten Kurzfilm.
Bereits am Vortag hatte die Organisation von Präsident Javier Tebas das von zwölf Topclubs angekündigte Projekt für einen neuen europäischen Wettbewerb als „egoistisches Vorhaben“ angeprangert, das nur darauf ziele, „die Reichen noch reicher zu machen“.
Juve-Boss glaubt weiter an Super League
Trotz des Rückzugs einiger Topclubs glaubt der Präsident von Juventus Turin weiter an das Projekt der Super League. „Zwischen unseren Clubs gibt es eine Blutsbrüderschaft, wir machen weiter“, sagte Andrea Agnelli „La Repubblica“. Die Möglichkeit auf einen Erfolg des Projekts bestehe zu 100 Prozent. Das Vorhaben ist nach Ansicht Agnellis rechtens und man sei zum Dialog mit den Verbänden Uefa und Fifa bereit.
Agnelli verteidigte die Super League zudem gegen den Vorwurf, ein elitäres Projekt zu sein. Man wolle den schönsten Wettbewerb der Welt damit erschaffen, die Verteilung von Mitteln an die Clubs erhöhen und jedes Jahr fünf Plätze für andere offen lassen, die im Austausch mit den Fußballinstitutionen festgelegt werden.
Mit Blick auf die Fans argumentiert der 45-Jährige, dass die Anziehungskraft des Fußballs derzeit eine Krise bei den jungen Generationen durchlebe. „Die Jüngsten wollen die großen Events sehen und sind weniger mit den Elementen des Lokalpatriotismus verbunden, die die vorangegangenen Generationen, meiner eingeschlossen, geprägt haben.“
Uefa-Boss heißt Rückzieher-Clubs willkommen
Uefa-Präsident Aleksander Ceferin begrüßt den Rückzieher der sechs englischen Clubs für die Super League und hat ihnen eine Wiedereingliederung in Aussicht gestellt. Er habe bereits am Dienstag betont, „dass es bewundernswert ist, einen Fehler zuzugeben, und diese Clubs haben einen großen Fehler gemacht“, sagte der 53-Jährige in einer Stellungnahme: „Aber sie sind jetzt wieder dabei und ich weiß, dass sie nicht nur für unsere Wettbewerbe, sondern für das gesamte europäische Spiel viel zu bieten haben.“
Es gehe nun darum, „dass wir weitermachen, die Einheit wiederherstellen, die das Spiel vorher genossen hat und gemeinsam vorwärts gehen“, führte der Slowene aus.
Liverpool-Eigentümer entschuldigt sich bei Fans
Der US-Geschäftsmann und Eigentümer des FC Liverpool, John W. Henry, hat sich für die Teilnahme an Plänen zu einer Super League entschuldigt. „Ich möchte mich bei allen Fans des FC Liverpool für die entstandenen Brüche in den vergangenen 48 Stunden entschuldigen“, sagte er in einem auf Twitter verbreiteten zweieinhalb Minuten langen Video. Es sei klar gewesen, dass das Projekt nie ohne die Unterstützung der Fans überlebensfähig sein werde. „Ihr habt in diesen 48 Stunden klargemacht, dass es keinen Bestand haben wird“, so Henry.
Auch bei Trainer Jürgen Klopp, den Spielern und „jedem, der so hart daran arbeitet, unsere Fans stolz zu machen“ wolle er sich entschuldigen, fuhr der Investmentmanager fort.
Nach Rückzügen: Super League will Pläne „überdenken“
Die Macher der Super League wollen ihre Pläne nach dem Rückzug der englischen Clubs „überdenken“. Das geht aus einer Mitteilung hervor, über die unter anderem die US-Nachrichtenagentur AP in der Nacht zum Mittwoch berichtete. „Angesichts der aktuellen Umstände werden wir die am besten geeigneten Schritte zur Neugestaltung des Projekts überdenken und dabei stets unser Ziel im Sinn haben, den Fans die bestmögliche Erfahrung zu ermöglichen und dabei die Solidaritätszahlungen für die gesamte Fußballgemeinschaft zu erhöhen“, hieß es demnach.
Angesichts des heftigen Widerstands von Fans, Spielern, Verbänden und Politik hatten die Topclubs aus England vor der Stellungnahme verkündet, sich aus den Plänen zurückzuziehen. Auch die spanischen Clubs FC Barcelona und Atletico Madrid sollen Berichten zufolge entsprechende Schritte eingeleitet haben. Und auch Inter Mailand hat angeblich kein Interesse mehr an der milliardenschweren Super Liga.
Boss von Manchester United tritt zurück
Vor dem drohenden Scheitern der neuen Super League hat Ed Woodward seinen Rücktritt als Vorstandschef von Manchester United angekündigt. Wie der Club mitteilte, wird Woodward zum Jahresende seinen Posten räumen. Unklar ist allerdings, ob die Ankündigung des 49-Jährigen in direktem Zusammenhang mit dem sich anbahnenden Aus der Super League steht. Aus Vereinskreisen hieß es, es gebe keine Verbindung mit den Super-League-Plänen und der Schritt sei einvernehmlich.
Zuvor hatten Anhänger von United massive Kritik an den Plänen des Clubs geäußert, sich an der Super League als Gründungsmitglied zu beteiligen. Auch der legendäre Trainer Sir Alex Ferguson hatte sich gegen die Vorstandspläne gestellt. „Eine Super League würde sich von 70 Jahren europäischen Fußballs abwenden“, sagte Ferguson. Der Gewinn des Europapokals der Pokalsieger mit dem FC Aberdeen sei für ihn wie „die Besteigung des Mount Everest“ gewesen.