Hamburg. Benoît Paire gibt Auftaktmatch erschöpft auf – und berichtet dann von zwei positiven Befunden. Warum durfte er überhaupt spielen?

Die Aufregung war groß am Rothenbaum, als Benoît Paire am Mittwochmorgen in der Pressekonferenz zum Rundumschlag ausholte. Beim Stand von 4:6, 0:2 aus seiner Sicht hatte der französische Tennisprofi sein Erstrundenmatch gegen den Norweger Casper Ruud (21/Nr. 30) aufgegeben. Der Grund dafür, den der 31 Jahre alte Weltranglisten-25. enthüllte, barg einige Brisanz. „Ich war einfach müde. Ich bin hier in Hamburg zweimal positiv auf Covid-19 getestet worden. Am Tag vor dem Match war ein dritter Test negativ, also durfte ich spielen. Aber ich habe mich erschöpft gefühlt, deshalb habe ich aufgegeben“, sagte er. Weitere Symptome habe er keine.

Paire war schon bei den US Open in New York positiv getestet worden und hatte deshalb nicht am Turnier teilnehmen dürfen, sondern zehn Tage in seinem Hotelzimmer in Quarantäne verbringen müssen. Ein weiterer Test in den USA ergab ein negatives Ergebnis, das Gleiche wiederholte sich beim Mastersturnier in Rom in der vergangenen Woche, wo der Franzose in Runde eins mit 2:6, 1:6 an Italiens Toptalent Jannik Sinner (19/Nr. 74) scheiterte.

Warum Paire trotz positiven Corona-Tests in Hamburg spielen durfte

Rothenbaum-Turnierarzt Volker Carrero (52) brachte am Mittag dann Licht in das Corona-Wirrwarr. Paire sei am Freitagabend nach seiner Ankunft positiv getestet worden. Das Ergebnis wurde dem zuständigen Gesundheitsamt Eimsbüttel gemeldet, das über die Handhabung solcher Fälle entscheiden muss. Da es sich jedoch nicht um einen Ersttest, sondern um einen Retest gehandelt habe, hatte der Franzose die Startfreigabe für das Turnier erhalten.

„Nach allen Erfahrungswerten, die uns vorliegen, ist ein Infizierter fünf bis spätestens zehn Tage nach dem positiven Ersttest nicht mehr infektiös. Deshalb hätte er auch mit einem positiven Testergebnis spielen dürfen“, sagte Carrero. Dass es nach negativen Tests erneut positive Befunde gebe, sei nicht ungewöhnlich.

Die besten Bilder des Rothenbaum-Turniers:

Zum Niederknien: die Hamburg European Open am Rothenbaum

Andreas Mies (l.) und Kevin Krawietz sind in Hamburg ausgeschieden.
Das deutsche Doppel Andreas Mies (l.) und Kevin Krawietz schied im Viertelfinale aus. © Witters
Die Köche Stefan Linnemann (l.) und Tim Mälzer servierten am Donnerstag im Foodtruck am Rothenbaum.
Die Köche Stefan Linnemann (l.) und Tim Mälzer servierten am Donnerstag im Foodtruck am Rothenbaum. © Witters
Druckabfall: Stefanos Tsitsipas hat am Donnerstag seinen Status als Top-Favorit untermauert.
Druckabfall: Stefanos Tsitsipas untermauerte auch im Achtelfinale seinen Status als Top-Favorit. © Witters
Rothenbaum-Moderatorin Barbara Schett stand einst selbst als Spielerin auf dem Platz.
Rothenbaum-Moderatorin Barbara Schett stand einst selbst als Spielerin auf dem Platz. © WITTERS | Valeria Witters
Gemischtes Moderatoren-Doppel: Barbara Schett und Johannes B. Kerner bei der Eröffnung der Hamburg European Open.
Gemischtes Moderatoren-Doppel: Barbara Schett und Johannes B. Kerner bei der Eröffnung der Hamburg European Open. © WITTERS | Valeria Witters
Der an Position zwei gesetzte Stefanos Tsitsipas machte mit seinem Auftaktgegner Daniel Evans kurzen Prozess.
Der an Position zwei gesetzte Stefanos Tsitsipas machte mit seinem Auftaktgegner Daniel Evans kurzen Prozess. © WITTERS | Valeria Witters
Yannick Hanfmann scheiterte dagegen im Achtelfinale am Chilenen Christian Garín.
Yannick Hanfmann scheiterte dagegen im Achtelfinale am Chilenen Christian Garín. © WITTERS | Valeria Witters
Benoît Paire brach sein Auftrakktmatch gegen den Norwweger Casper Ruud entkräftet ab.
Benoît Paire brach sein Auftrakktmatch gegen den Norwweger Casper Ruud entkräftet ab. © dpa | Daniel Bockwoldt
Anschließend berichtete der Franzose von zwei positiven Corona-Tests und löste damit große Irritationen aus.
Anschließend berichtete der Franzose von zwei positiven Corona-Tests und löste damit große Irritationen aus. © WITTERS | Valeria Witters
Der topgesetzte Daniil Medwedew enttäuschte bei seiner Zweisatzniederlage gegen den Franzosen Ugo Humbert.
Der topgesetzte Daniil Medwedew enttäuschte bei seiner Zweisatzniederlage gegen den Franzosen Ugo Humbert. © WITTERS | Valeria Witters
Immerhin: Auf diesem Bild hinterließ Daniil Medwedew bleibenden Eindruck
Immerhin: Auf diesem Bild hinterließ Daniil Medwedew bleibenden Eindruck © Getty Images for matchmaker | Alexander Scheuber
Felix Auger-Aliassime aus Kanada setzte farblich Akzente. Im Achtelfinale gegen Alexander Bublik aus Kasachstan war allerdings Endstation.
Felix Auger-Aliassime aus Kanada setzte farblich Akzente. Im Achtelfinale gegen Alexander Bublik aus Kasachstan war allerdings Endstation. © WITTERS | Valeria Witters
Seinen Auftaktgegner Lorenzo Sonego hatte Felix Auger-Aliassime noch besiegen können.
Seinen Auftaktgegner Lorenzo Sonego hatte Felix Auger-Aliassime noch besiegen können. © WITTERS | Valeria Witters
Philipp Kohlschreiber rutschte dank einer Wildcard ins Hauptfeld.
Philipp Kohlschreiber rutschte dank einer Wildcard ins Hauptfeld. © dpa | Daniel Bockwoldt
Allerdings musste sich der Augsburger im Einzel schon in der Auftaktrunde gegen Fabio Fognini aus Italien verabschieden.
Allerdings musste sich der Augsburger im Einzel schon in der Auftaktrunde gegen Fabio Fognini aus Italien verabschieden. © WITTERS | Valeria Witters
Fokussiert: Tennis-Altstar Boris Becker, jetzt Head of Men's Tennis Deutschland, hält den Moment fest.
Fokussiert: Tennis-Altstar Boris Becker, jetzt Head of Men's Tennis Deutschland, hält den Moment fest. © WITTERS | Valeria Witters
Tenniseltern: Thomas und Uta Koepfer beobachten ihren Sohn Dominik bei dessen Auftaktsieg gegen den Japaner Yoshihito Nishioka.
Tenniseltern: Thomas und Uta Koepfer beobachten ihren Sohn Dominik bei dessen Auftaktsieg gegen den Japaner Yoshihito Nishioka. © WITTERS | Valeria Witters
Dominik Koepfer ist so etwas wie der Aufsteiger der Saison im deutschen Herrentennis.
Dominik Koepfer ist so etwas wie der Aufsteiger der Saison im deutschen Herrentennis. © WITTERS | Valeria Witters
Die French-Open-Sieger Kevin Krawietz und Andreas Mies zogen im Doppel standesgemäß ins Achtelfinale ein.
Die French-Open-Sieger Kevin Krawietz und Andreas Mies zogen im Doppel standesgemäß ins Achtelfinale ein. © WITTERS | Valeria Witters
Zuvor hatten sie ein Showmatch gegen Philipp Kohlschreiber (l.) und Yannick Hanfmann betritten.
Zuvor hatten sie ein Showmatch gegen Philipp Kohlschreiber (l.) und Yannick Hanfmann betritten. © WITTERS | Valeria Witters
Andrej Rubljow aus Russland lässt sich von einem Ballmädchen bedienen.
Andrej Rubljow aus Russland lässt sich von einem Ballmädchen bedienen. © WITTERS | Valeria Witters
Hockey-Ikone Moritz Fürste brachte den Nachwuchs mit an den Rothenbaum.
Hockey-Ikone Moritz Fürste brachte den Nachwuchs mit an den Rothenbaum. © WITTERS | Valeria Witters
Hier trifft man sich: HSV-Sportvorstand Jonas Boldt (l.) und Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste.
Hier trifft man sich: HSV-Sportvorstand Jonas Boldt (l.) und Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste. © WITTERS | Valeria Witters
Pablo Cuevas aus Uruguay bittet Schiedsrichterin Isabell Seefried (nicht im Bild) instäändig um eine weitere Prüfung der Linie.
Pablo Cuevas aus Uruguay bittet Schiedsrichterin Isabell Seefried (nicht im Bild) instäändig um eine weitere Prüfung der Linie. © WITTERS | Valeria Witters
Pro Tag dürfen 2300 Tennisfans auf die Anlage.
Pro Tag dürfen 2300 Tennisfans auf die Anlage. © WITTERS | Valeria Witters
Das Stadion am Rothenbaum wurde aufwendig instandgesetzt.
Das Stadion am Rothenbaum wurde aufwendig instandgesetzt. © WITTERS | Valeria Witters
Der modernisierte Centre-Court fasst jetzt nur noch 10.000 Zuschauer.
Der modernisierte Centre-Court fasst jetzt nur noch 10.000 Zuschauer. © Getty Images for matchmaker | Alexander Scheuber
Roberto Bautista Agut und die Ästhetik des Aufschlags.
Roberto Bautista Agut und die Ästhetik des Aufschlags. © Getty Images for matchmaker | Alexander Scheuber
Fabio Fognini siegte 2013 am ROthenbaum
Fabio Fognini siegte 2013 am ROthenbaum © Getty Images for matchmaker | Alexander Scheuber
Voll im Fokus: Daniil Medwedew (l.) und Ugo Humbert bei ihrem Auftaktmatch.
Voll im Fokus: Daniil Medwedew (l.) und Ugo Humbert bei ihrem Auftaktmatch. © Getty Images for matchmaker | Alexander Scheuber
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Im Regelfall werden in Deutschland erstmals positiv getestete Personen zehn Tage in Quarantäne geschickt. 48 Stunden Symptomfreiheit vorausgesetzt, dürfen sie nach Ablauf der Quarantäne ohne erneuten Test wieder in den Alltag zurückkehren. Paire war nur deswegen erneut getestet worden, weil die Herrentennisorganisation ATP diese Tests für alle Turnierteilnehmer vorschreibt. „Und wenn ein Retest positiv ausfällt, testen wir in der Regel alle zwei Tage neu, auch um dem Betroffenen Sicherheit zu geben. Medizinisch vorgeschrieben ist das nicht“, sagte Carrero zur Erklärung, warum der Franzose dreimal in Hamburg getestet wurde.

Paire kritisierte Corona-Maßnahmen bei US Open

Paire sei, obwohl nicht von einer Ansteckungsgefahr ausgegangen wurde, gebeten worden, die Kontakte zu anderen Personen zu minimieren, sodass für die anderen Turnierteilnehmer keine Gefahr bestanden habe. Eine Isolation wurde jedoch nicht verordnet, der Franzose durfte auf der Anlage trainieren. Hätte er vor seinem Einsatz über Müdigkeit oder Erschöpfung geklagt, hätte man die Situation möglicherweise anders bewertet, sagte Carrero. „Aber er hat nichts erwähnt, wir standen in engem Kontakt mit ihm und haben unser Prozedere erklärt. Deshalb war ich auch überrascht über seine Äußerungen“, so der Arzt.

Paire hat sich über die vergangenen Jahre den Ruf eines Enfant terrible mit einer Reihe an Ausrastern erarbeitet. In New York kritisierte er nach seinem Ausschluss die von den Organisatoren errichtete Sicherheitsblase als „Fake Bubble“. Am Mittwoch beklagte er, dass die ATP und die Veranstalter der Grand-Slam-Turniere unterschiedliche Regeln anwenden. „Warum wird man für die US Open oder die French Open ausgeschlossen, wenn man positiv getestet wurde, darf hier aber spielen?“, fragte er. „Ich danke den Turnierveranstaltern und den Ärzten hier. Aber ich verstehe nicht, wieso es unterschiedliche Regeln gibt.“

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Für ihn sei die mentale Belastung, in ständiger Ungewissheit zu leben, mittlerweile so groß, dass er erwäge, seine Saison vorzeitig zu beenden. „Das Leben sollte Spaß machen. Aber wenn man nur auf dem Hotelzimmer ist, nur eine Stunde am Tag trainieren darf, ist das hart. Dieses Hin und Her, mal positiv, mal negativ, erschöpft mich“, sagte er. Angesichts der Tatsache, dass die Spätfolgen von Covid-19 noch nicht ausreichend erforscht sind, und da wegen einer angenommenen Gefahr für den Herzmuskel vor allem Leistungssportler gefährdet sein könnten, dürfte eine Turnierpause für Benoît Paire alternativlos sein.