Hamburg. Das Konzept für die Geisterspiele steht. Hamburgs Zweitligaclubs können mit TV-Geld planen. Aber wann wird wieder gespielt?

Für den HSV und den FC St. Pauli begann der Donnerstag mit der neuen Normalität. Training in Kleingruppen, kein Körperkontakt, Abstand halten. Man hat sich nach drei Wochen fast schon gewöhnt an diesen neuen Alltag im Profifußball. Am Nachmittag blickten die Vertreter der Hamburger Zweitligaclubs dann aber gespannt nach Frankfurt am Main.

Bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga (DFL) ging es darum, wie die Rückkehr zur alten Normalität aussehen soll. Während DFL-Geschäftsführer Christian Seifert rund eine Stunde lang die Fragen der zugeschalteten Journalisten beantwortete, wurde vor allem eines klar: Mit Normalität wird das nicht viel zu tun haben, was die Verantwortlichen sich für die Fortsetzung der Saison überlegt haben. Um es mit Seiferts Worten zu sagen: Es wäre ein „Ausnahmezustand“.

Bundesliga als Kollateralschaden der Krise?

Wann es mit dem Profifußball im Volksparkstadion und am Millerntor weitergehen kann, ist nach der Mitgliederversammlung allerdings unklarer als zuvor. Der am Montag von den Ministerpräsidenten Markus Söder (Bayern/CSU) und Armin Laschet (NRW/CDU) voreilig genannte Termin des 9. Mai scheint angesichts der Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, des Bundesinnenministeriums und des Robert-Koch-Instituts höchst fraglich.

DFL-Geschäftsführer Christian Seifert.
DFL-Geschäftsführer Christian Seifert. © dpa

Seifert und die Clubs warten auf das entscheidende Signal aus der Politik. „Es liegt nicht an uns, einen Starttermin festzulegen“, sagte Seifert. „Wenn es der 9. Mai wäre, wären wir bereit. Wenn es irgendein Tag danach sein wird, sind wir auch dann bereit.“ Selbst ein Datum festzulegen, wäre „anmaßend, gehört sich auch nicht und liegt nicht an uns.“

Merkel und die Länderchefs konferieren am 30. April – dann könnte eine Entscheidung fallen. Hinter den Kulissen beschäftigt sich die milliardenschwere Branche allerdings auch mit einem Worst-Case-Szenario, falls die Politiker und Gesundheitsexperten zu einer anderen Bewertung kommen als von den Vereinen erhofft. Sollte eine Rückkehr in den Spielbetrieb zeitnah nicht möglich sein, müsse klar sein, „dass wir auch in einigen Monaten nicht spielen werden. Dann wäre die Bundesliga irgendwann ein Kollateralschaden dieser Coronakrise“, sagte Seifert.

HSV hatte auf normales Teamtraining gehofft

Um dies zu vermeiden, wurde von einer Taskforce unter der Leitung von DFB-Chefmediziner Tim Meyer ein umfassendes Konzept erarbeitet, das den Vereinen bei der rund dreistündigen Videokonferenz vorgestellt wurde und die Rahmenbedingungen für eine Fortsetzung der Saison definiert. Ein konkretes Datum für die Rückkehr ins reguläre Mannschaftstraining ist darin nicht enthalten. Beim HSV hatte man gehofft, bereits in dieser Woche wieder mit dem normalen Teamtraining zu starten. Doch die Normalität heißt auch in Hamburg weiter: Kleingruppentraining.

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Die wichtigste Nachricht für den HSV und den FC St. Pauli: Kurzfristig ist die Liquidität der Clubs gesichert, nachdem die DFL eine Einigung mit fast allen Medienpartnern über eine Vorauszahlung der noch ausstehenden TV-Gelder (im Gespräch sind bis zu 300 Millionen Euro) erzielt hat. Erste Zahlungen sollen im Mai kurzfristig ausgelöst werden.

DFL rechnet mit rund 20.000 Corona-Tests

Das Konzept für den Neustart sieht vor, dass maximal 300 Personen an der Durchführung einzelner Geisterspiele beteiligt werden sollen – Spieler und Trainer eingeschlossen. Zudem gibt es klare Vorgaben für Hygienemaßnahmen.

Die Spieler sollen während der Saison engmaschig auf das Coronavirus getestet werden, mindestens einmal pro Woche. Dafür rechnet die DFL mit einem Bedarf von rund 20.000 Tests. "Wir haben auch hier eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen, mit fünf Laborverbänden“, sagte Seifert. „Alle Labore haben uns schriftlich versichert, dass die derzeitigen Kapazitäten ausreichend sind und durch den Profifußball keine Limitierung der Testkapazitäten auftreten. Sollte sich das ändern, werden wir zurückstecken und aufhören zu spielen.“

Der Europaverband Uefa bestätigte am Donnerstag, weiter mit zwei Szenarien zum Abschluss der Champions League und Europa League zu planen. Entweder sollen beide Wettbewerbe parallel zu den wieder gestarteten nationalen Ligen gespielt werden – oder im Anschluss im August.

HSV und St. Pauli zufrieden mit DFL-Einordnung

Bezüglich eines möglichen Bundesliga-Neustarts einer Meinung: HSV-Sportvorstand Jonas Boldt (l., Archiv) und St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann.
Bezüglich eines möglichen Bundesliga-Neustarts einer Meinung: HSV-Sportvorstand Jonas Boldt (l., Archiv) und St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann. © Witters

Beim HSV zeigte man sich zufrieden mit den Einordnungen der DFL. Auch St. Paulis Präsident Oke Göttlich, Mitglied des neunköpfigen DFL-Präsidiums, äußerte sich positiv über die Ergebnisse der Sitzung. „Diese Zeiten erfordern Maßnahmen, die keine Popularitätspreise gewinnen, sondern Arbeitsplätze und Standorte sichern“, sagte Göttlich zum DFL-Konzept für die Geisterspiele.

Gleichzeitig sei die Zeit gekommen, das System zu verändern: „Die Liga und der Fußball sind aufgefordert und nehmen dies auch anhand des öffentlichen Feedbacks und der Emotionen wahr, diese Möglichkeit zu nutzen, um längst mögliche Transformationen im Profifußball in Deutschland endlich anzustoßen“, sagte Göttlich. Mit anderen Worten: Die Rückkehr zu einer Normalität, die der Fußball schon lange verloren hat.