Frankfurt/Main. Die Liga präsentiert eigene Pläne, überlässt den Ball aber der Politik. Gute Nachrichten gibt es bei den TV-Geldern.
Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat zur Wiederaufnahme des Spielbetriebes getagt – und im Wesentlichen Bekanntes und doch Bemerkenswertes mitgeteilt. Die Liga ist bereit, die Saison am 9. Mai fortzusetzen, wenn sie dafür grünes Licht bekommt, aber – wie DFL-Boss Christian Seifert am Donnerstag in Frankfurt am Main betonte – nur dann. Wenn die Politik entscheide, dass es später werde, würde es eben später werden: "Es liegt nicht in unserer Hand, wann wir spielen und ob überhaupt. Selbst ein Datum aufzurufen, wäre arrogant und unangemessen." Die DFL könne nur die Rahmenbedingungen liefern.
Ein Saisonende zum 30. Juni wäre laut Seifert aufgrund von Vertragsfragen der beste Termin, aber auch ein Saisonende darüber hinaus wäre theoretisch nicht unlösbar. "Wenn es bis in den Juli hineingeht, geht es eben in den Juli hinein." Eine Kollision mit den europäischen Wettbewerben, die möglicherweise im August beendet werden könnten, wäre bei einem solchen Szenario weiter ausgeschlossen. Seifert sprach generell von "mehreren Spielplan-Optionen".
Geisterspiele auch in der nächsten Saison?
Allerdings stellte der DFL-Chef die Fans auf Spiele ohne Zuschauer auch in der kommenden Saison ein. "Wir wissen nicht, ob Geisterspiele nicht im Februar, März noch stattfinden. Wir haben die Vereine gebeten, den ersten Teil der nächsten Saison ohne Zuschauereinnahmen zu planen“, sagte Seifert.
Über den Saisonstart der Spielzeit 2020/21 mache man sich derzeit noch keine Gedanken. Derzeit sei es der richtige Ansatz, "in kürzeren Etappen“ zu planen. "Wir planen das bestmögliche Worst-Case-Szenario, wie es ein Clubvertreter heute ausdrückte“, sagte Seifert.
HSV schweigt, St. Pauli ist optimistisch
Während sich die HSV-Vorstände Jonas Boldt (Sport) und Frank Wettstein (Finanzen) nicht zu dem auf der DFL-Sitzung besprochenen Rahmenplan äußern wollten, gab beim FC St. Pauli Präsident Oke Göttlich ein Statement ab: „Diese Zeiten erfordern Maßnahmen, die keine Popularitätspreise gewinnen, sondern Arbeitsplätze und Standorte sichern."
Göttlich unterstützt den DFL-Plan, erhofft sich aber einen Lerneffekt des Fußballs für die Zeit nach Corona. „Die Liga und der Fußball sind aufgefordert und nehmen dies auch anhand des öffentlichen Feedbacks und der Emotionen wahr, diese Möglichkeit zu nutzen, um längst notwendige Transformationen im Profifußball in Deutschland endlich anzustoßen.“
Sky, DAZN & Co. leisten Vorauszahlungen
Doch bevor es so weit kommen könnte, hatte DFL-Chef Seifert erst einmal gute Nachrichten in der Frage nach den Fernsehgeldern zu verkünden. Die DFL habe sich mit "fast allen" Medienpartnern auf eine Vorauszahlung der noch ausstehenden TV-Prämien geeinigt. "Wir haben intensive Gespräche geführt, die waren geprägt von Respekt", sagte er. "Mit einer Ausnahme wurden mit allen Partnern Einigungen erzielt. Es wurden auch Vereinbarungen getroffen, wie damit umzugehen ist, sollte die Saison nicht zu Ende gespielt werden können." Dann soll es zu Rückzahlungen kommen.
Ein "besonderer Dank" gelte dem größten Medienpartner, dem Pay-TV-Sender Sky. Große TV-Partner sind zudem ARD und ZDF sowie Eurosport, der die Rechte an den Internet-Streamingdienst DAZN sublizenziert hat. Es ging um die Zahlung der vierten und letzten Rate der Fernsehgelder, Medienberichten zufolge rund 300 Millionen Euro.
7,5 Millionen für 3. Liga und Frauen-Bundesliga
Die 3. Liga und die Bundesliga der Frauen will die DFL derweil in einem Gesamtvolumen von 7,5 Millionen Euro finanziell unterstützen. "Diese Unterstützungszahlung ist an keine weitere Bedingung geknüpft. Das Präsidium dankt den Champions-League-Clubs für die Initiative zur Bereitstellung des Solidarfonds", sagte Seifert.
Die vier Spitzenclubs FC Bayern München, Borussia Dortmund, RB Leipzig und Bayer Leverkusen haben zu Beginn der Krise 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um bedrohten Clubs zu helfen. Die 3. Liga ist unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) organisiert und finanziell hart von der Coronakrise getroffen.
Unter den Clubs gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die Saison fortgesetzt werden soll. Befürchtet wird eine Flut von Insolvenzen.
Seifert: Genügend Testkapazitäten vorhanden
Auch zu einem der umstritteneren Themen bezog die DFL nach der Sitzung der Clubs Stellung. Einerseits seien ausreichend Testkapazitäten eingekauft, von denen auch in Deutschland genügend vorhanden seien. Der Fußball würde nur 0,4 Prozent der gesamten Kapazitäten in Anspruch nehmen.
Seifert machte darüber hinaus deutlich, dass für den Fall, "den niemand will", dass die Lage wieder problematischer werde, gelte: "Wenn es zu Engpässen bei Tests kommt, hört der Fußball auf zu testen. Dann hört der Fußball wieder auf zu spielen."
"Kein Kaltstart wie in England oder Italien"
Einen zeitnahen Wiederbeginn hält Seifert aus sportlicher Sicht für unproblematisch: "Es wäre kein Kaltstart wie in England, Spanien oder Italien, wo noch gar nicht trainiert werden darf."
In diesem Sinne dankte der DFL-Chef auch der Politik und dem deutschen Gesundheitswesen: "Wir profitieren de facto von einer der modernsten medizinischen Infrastrukturen der Welt."
"Quarantäne-Fall käme Saisonabbruch gleich"
Dennoch bleibt die Frage, was im Falle eines positiv auf Covid-19 getesteten Fußball-Profis geschehen würde. "Dann entscheidet das Gesundheitsamt über eine notwendige Quarantäne, das entscheiden nicht Vereine direkt", sagte Mikrobiologin Prof. Dr. med. Barbara Gärtner aus der Corona-Taskforce der DFL.
Sollte ein Team bei Gruppenquarantäne aus dem Wettbewerb genommen werden, hätte die DFL laut Seifert "Flexibilitäten, um Spiele nachzuholen". Eine Häufung könne allerdings zu Terminproblemen führen.
"Der Umgang mit Quarantäne-Fällen wird ganz entscheidend sein", sagte Seifert, ehe Tim Meyer bei aller Euphorie über einen möglichen Bundesliga-Neustart noch einen echten Dämpfer parat hatte. "Quarantäne wäre einem Saisonabbruch gleichzusetzen", sagte der Professor der Sport- und Präventivmedizin an der Universität des Saarlandes.