Hamburg. Um die Gunst bei moderner Vereinsverwaltung stehen verschiedene Anbieter in Konkurrenz. Harter Wettbewerb entbrannt.
Frank Fechner wischt und tippt auf seinem Smartphone herum. Schon öffnet sich die App. „Frank Fechner“ steht dort, darunter ist ein QR-Code zu sehen. Das ist der Clubausweis der Zukunft. Jedenfalls beim Eimsbütteler TV. Praktisch ist die Software startklar, „aber wir wollen unsere Mitglieder mitnehmen“, sagt der Vorstandsvorsitzende Fechner. Denn natürlich bedeutet Digitalisierung Chancen, aber immer auch Sorgen über möglichen Datenmissbrauch.
Türen können die Mitglieder öffnen mit der App, Tennisplätze mieten, eigene Daten wie Kontoverbindungen oder Anschriften ändern und damit die Mitgliederverwaltung entlasten. Sie können sich untereinander vernetzen. Der Verein kann per Push-Mitteilung informieren, wenn Kurse ausfallen oder es noch freie Plätze beim Yoga gibt. Er könnte aber auch familiäre Beziehungen der Mitglieder auf einen Blick erkennen, nachvollziehen, wer, wann, wie oft an welchem Angebot teilgenommen hat. Er kann Zahlsysteme zum Beispiel für Kurse oder Parkplätze auf der App einrichten. Es ist aber auch theoretisch denkbar, dass Mitglieder „maßgeschneiderte Angebote“ von Werbepartnern erhalten.
Digitalisierung der Sportvereine ist unabwendbar
Die Digitalisierung der Sportvereine ist so notwendig wie unabwendbar. Die Zeiten von Kassenwarten, die im Wohnzimmer die Mitglieder mit Karteikarten in Zigarrenkisten verwalteten, sind lange vorbei. Verglichen mit den Möglichkeiten moderner Software ist selbst der Einsatz von Excel-Tabellen nicht mehr up to date. „Mit der Digitalisierung wird sich sehr viel fundamental verändern“, sagt Boris Schmidt, der Vorstandsvorsitzende der TSG Bergedorf, „es wird eine grundlegend neue Kommunikations- und Innovationsplattform.“
Die Großvereine TSG (11.000 Mitglieder) und ETV (15.800) gehören zu den Vorreitern. Die Bergedorfer waren 2018 von der Alexander Otto Sportstiftung als eine Art „Referenzpartner“ zur Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie ausgesucht worden. Gemeinsam mit der Hamburger Innovationsplattform „Futury“ erarbeitete der Club, welche akuten und zukünftigen Maßnahmen notwendig sind, um die Verwaltung und Mitgliederbetreuung eines Vereins zukunftssicher zu machen. 70.000 Euro kostete das. Geld, das hälftig vom Verein und der Stiftung getragen wurde.
Harter Wettbewerb
Die Alexander Otto Sportstiftung hat diese Erkenntnisse genutzt, um im zweiten Halbjahr 2019 auf Workshops 15 andere Hamburger Vereine beim Aufbau eines Mitgliederportals zu unterstützen. „Dabei sollten die individuellen Bedarfe an ein solches Mitgliederportal definiert werden“, erklärt Rando Aust, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung. Insgesamt 260.000 Euro hat sich die Sportstiftung das Projekt kosten lassen. Beim HSV führt die von der Otto-Stiftung unterstützte „Campus GmbH“ Workshops für die Mitarbeiter durch.
Das Erkennen der Bedürfnisse ist dabei das eine, die Umsetzung durch Programme ist das andere. Genau in diesem Bereich ist nun ein harter Wettbewerb entstanden. Obwohl die TSG Bergedorf und der ETV in der Vereinigung TopSportVereine zusammenarbeiten, haben sie sich für unterschiedliche Anbieter entschieden. Bergedorf arbeitet mit dem Berliner Unternehmen "Kurabu" zusammen, das auch in Gesprächen mit mehreren Berliner Großvereinen ist.
ETV hat auf Clubity umgestellt
Partner des ETV ist der Speicherhafen aus Hamburg mit dem Programm Clubity. Das ist eine Weiterentwicklung eines Programms zur Verwaltung von Kindergärten und -tagesstätten, das der Club seit 2017 für seine 2KiJu“, die Schulbetreuung, nutzt und das rund 12.000 Datensätze umfasst. Die interne Mitgliederverwaltung hat der ETV schon seit 1. November auf Clubity umgestellt, eine Verzahnung beider Bereiche ist möglich.
„Mit der Digitalisierung wird sich sehr viel fundamental verändern.“
Beide Clubs sind interessiert daran, dass ihr Partnersystem so viele Kunden wie möglich gewinnt, denn das würde den Preis für den Einzelnen senken. „Je mehr Vereine einsteigen, desto besser ist das“, sagt Fechner. Derzeit betragen die Kosten je nach Anbieter und Programmumfang zwischen 20 und 50 Cent je Mitglied pro Monat. Bei Großvereinen wird es günstiger werden, bei kleineren wird es anteilig teurer. So ist ein Konkurrenzkampf entbrannt, den die Clubs argumentativ unterstützen.
Informationsveranstaltungen der Anbieter
Schmidt hält Clubity für zu verwaltungsorientiert, während Kurabu von den „Interessen und Bedürfnissen der Mitglieder ausgeht“. Außerdem sei bei Clubity die grundlegende Technologie schon zehn Jahre alt. Fechner weist dagegen ausdrücklich darauf hin, dass der Server von Clubity in Köln steht „und der europäischen Datenschutz-Grundverordnung entspricht“. Neben dem ETV haben sich auch die Basketballer der Hamburg Towers und der SC Alstertal-Langenhorn bereits für Clubity entschieden, weitere stehen vor einem Abschluss.
Interessierte Clubs können sich im Haus des Sports beim Hamburger Sportbund (HSB) auf Informationsveranstaltungen der Anbieter von Januar bis März selbst ein Bild machen. Dann kommt sogar noch ein dritter Bewerber hinzu: Athleta ist eine IT-Tochtergesellschaft des Bayerischen Landessportverbandes, die im Auftrag des Verbandes eine Software für Vereine entwickelt hat. Der HSB gibt dagegen keine Empfehlungen an seine Mitgliedsvereine. Sie sollen nach ihren Bedürfnissen wählen. Der Hamburger Dachverband wird deshalb im Sommer ein zweites Digitalforum veranstalten, in dem umfassend über das Thema berichtet wird und die Clubs Entscheidungshilfen bekommen.
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Der ETV und die TSG Bergedorf haben sich schon entschieden. Vom 1. April an soll beim ETV die Mitglieder-App „scharf geschaltet“ werden. Die TSG will auch im ersten Halbjahr so weit sein. Dann ist der Wettkampf richtig gestartet – wir sind ja beim Sport.