Hamburg. Das große Vorbild der Schülerin vom Club Falkenstein ist der nordirische Weltranglisten-Zweite Rory Mcllroy.
Sie hätte auch Reiterin oder Primaballerina werden können. Beides hat sie ausprobiert. Oder weiter ambitioniert Eishockey spielen können, wie der jüngere Bruder. Henry Karg (13) stürmt für den HSV in der Schüler-Bundesliga. Doch Schwester Hannah (17) entschied sich vor vier Jahren gegen das Jungen-Team, mit dem sie drei- bis-viermal in der Woche beim Training auf dem Eis war. Zu verlockend war eine Karriere in ihrer zweiten Lieblingssportart, dem Golfspielen.
„Ich möchte Profispielerin auf der Tour werden“, sagt Karg selbstbewusst. „Das ist mein Ziel.“ Erste Erfolge auf dem Weg dorthin kann sie auch schon in diesem Jahr vorweisen, nachdem 2016 mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft in der Altersklasse bis 16 Jahre das bislang erfolgreichste Jahr ihrer noch jungen Golferinnenkarriere war. Vor zwei Wochen wurde sie bei den deutschen Lochwettspielmeisterschaften Dritte. Zuvor gewann sie bei den Scottish Girls Open Championship erstmals einen internationalen Titel.
Putten ist ihre Stärke
An diesem Wochenende startet die Bundesliga-Saison der Damen Nord. Hannah Karg und ihre Team-Kolleginnen vom Golfclub Falkenstein müssen zum Auswärtsspiel nach Bremen zum Club zur Vahr reisen. Die 17-jährige Bald-Abiturientin gehört mit ihrer Leistung derzeit ins vordere Drittel. „Sie ist in den Abschlägen länger geworden“, lobt Trainer Christian Lanfermann (37), der seit vier Jahren die Damen-Mannschaft betreut. Trotz aller Leistungsbereitschaft der Mädchen hält er einen Schulabschluss für wichtig. „Man weiß ja nie, ob die Karriereplanung im Sport funktioniert.“
Das kurze Spiel, und da besonders das Putten, sei Hannah Kargs eigentliche Stärke, sagt er dann. Außerdem sei sie ein Spielertyp. Jemand also, der sein Spiel der Wettkampfsituation anpassen könne. Das Gegenstück dazu sind Golfer, die den Platz und ihr Spiel eher analytisch angehen, weniger situativ. Und: „Frauen spielen eher risikovermeidend als Männer.“ Sportliche Denke im Spiel kann deshalb ein Vorteil sein.
Vier bis fünf Stunden Training in der Woche
Dass sich die Tochter auf dem Golfplatz zu Hause fühlt, dafür hat Vater Michael gesorgt. Schon mit drei Jahren nahm er die Kleine mit auf den Platz, ein Jahr später übte sie auf der Anlage An der Pinnau in einer Kindergruppe. Inzwischen haben sich die familiären Kräfteverhältnisse allerdings geändert. Vater Karg spielt mit Handicap 10, die Tochter mit Stammvorgabe +2,2.
Derzeit trainiert Hannah Karg fast jeden Tag vier bis fünf Stunden in der Woche. Entweder steht sie am späten Nachmittag auf dem Golfplatz oder macht Fitness, verbessert Athletik und Schnellkraft. Am Wochenende spielt sie Turniere. Ein strammes Programm neben der Schule, zumal die Fahrzeit von Zuhause in Tangstedt bis zum Golfclub Falkenstein mit dem Auto eine halbe Stunde beträgt. Den Chauffeursdienst für ihre sportlichen Kinder teilen sich die Eltern. „Meine Woche ist zwar eng getaktet“, sagt Hannah Karg. „Aber da mir meine Schule ein paar Freiheiten gewährt, geht es, auch wenn Stoff nachholen anstrengend ist.“ Lieblingsfach ist, natürlich, Sport. „Der Rest geht so.“
Auf das Wesentliche konzentrieren
Fokussieren auf Ziele hat sie mit Mentaltraining gelernt. „Ich kann mich auf das Wesentliche konzentrieren.“ Einzelheiten über ihr Programm, das sie in Abwesenheit von DGV-Trainer Justin Walsh per WhatsApp erhält, möchte sie nicht verraten. Nur so viel: „Früher habe ich mich in meinem Spiel stören lassen, inzwischen habe ich mich ganz gut unter Kontrolle.“ Schließlich will sie irgendwann sein wie ihr Vorbild, der Ire Rory Mcllroy, derzeit Weltranglistenzweiter: „Cool“.