München/Hamburg. Lothar Matthäus: “Kann ihn nicht ganz verstehen.“ Philipp Lahm beendet seine Karriere und äußert sich zu einem Job beim FC Bayern.

Philipp Lahm wird seine Karriere als Fußball-Profi trotz laufenden Vertrags bis 2018 nach der laufenden Saison beenden. Das bestätigte der Kapitän des FC Bayern München am Dienstagabend rund 45 Minuten nach dem 1:0-Sieg des Rekordsiegers im Achtelfinale des DFB-Pokals gegen den VfL Wolfsburg in der Mixed Zone der Allianz Arena.

Am Mittwoch twitterte Lahm dann eine ausführliche Nachricht an seine Fans und die Welt. Darin wiederholte er, dass er Zeit brauche, um sich auf die Zeit nach der Karriere vorzubereiten. Die Entscheidung sei für ihn schwerwiegend und gewichtig.

Philipp Lahm bei Twitter

Welche Pläne der 33-Jährige für die Zeit nach diesem Juni verfolgt, ließ Lahm offen. Sportdirektor bei den Bayern werde er jedenfalls trotz Verhandlungen mit Präsident Uli Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge nicht. "Für mich steht fest, dass ich ab Sommer Privatier bin“, sagte der Weltmeister, Champions-League-Sieger, siebenmalige Deutsche Meister und sechsfache Pokalsieger.

Abendblatt.de hält Sie über die Entwicklungen rund um die Personalie Philipp Lahm sowie beim FC Bayern München auf dem Laufenden.

Matthäus versteht es nicht, Scholl ist betrübt

So reagieren Jupp Heynckes, Lothar Matthäus, Mehmet Scholl und andere Weggefährten auf den angekündigten Rücktritt von Philipp Lahm:

Reaktionen zum Rücktritt von Philipp Lahm

Karl-Heinz Rummenigge (Vorstandschef FC Bayern München in einer Presseerklärung)

"Der FC Bayern München ist überrascht über das Vorgehen Philipp Lahms und seines Beraters. Ende vergangener Woche hat er uns mitgeteilt, dass er derzeit nicht für eine Position in der sportlichen Leitung zur Verfügung stehen und seinen bis zum 30. Juni 2018 laufenden Lizenzspieler-Vertrag vorzeitig zum Saisonende auflösen möchte. Bis gestern sind wir davon ausgegangen, dass es zu dieser Entscheidung eine gemeinsame Erklärung Philipp Lahms und des FC Bayern München geben wird. Wir möchten klarstellen, dass für Philipp die Türen beim FC Bayern München auch künftig offen stehen."

Uli Hoeneß (Präsident FC Bayern München via Funke Mediengruppe)

"Für Philipp Lahm bleibt die Tür bei uns offen. Ich kann mir vorstellen, dass er eines Tages beim FC Bayern arbeitet. Die Überraschung mit der Bekanntgabe ist für mich eine Marginalie. Da verändert sich nichts. Philipp Lahm hat unseren größten Respekt verdient. Aber es ist nicht üblich, mit diesen Dingen vor wichtigen Spielen an die Öffentlichkeit zu gehen. Samstag hatten wir das Schalke-Spiel. Montag war die Aufsichtsratssitzung. Und Dienstag war das nächste Spiel. Also wollten wir das ab Mittwoch bereden, wie wir verfahren. Wir sahen ja keine Eile. Die Aufgabe als Sportdirektor hätte ja so oder so erst am 1. Januar 2018 begonnen."

Mats Hummels (Profi beim FC Bayern München)

"Davon wussten wir nichts. Es ist sehr schade, dass er ab Sommer nicht mehr dabei ist. Ich hätte es gerne gesehen, dass er noch weiter spielt. Ich bin überrascht, aber respektiere das, er wird seine Gründe haben. Ich kann ihn auch verstehen. Er hat schon in der Nationalmannschaft ein gutes Timing bewiesen. Ich habe keine Ahnung, was er vor hat."

Carlo Ancelotti (Trainer FC Bayern München bei Sky)

"Von den angeblichen Plänen von Philipp Lahm weiß ich nichts. Er hat heute fantastisch gespielt und ist ein wichtiger Spieler für uns. Er ist eine tolle Persönlichkeit."

Jupp Heynckes (Ex-Trainer FC Bayern München via Rheinische Post)

"Philipp Lahm ist ein konsequenter Mann, und er hat eine kluge Entscheidung getroffen, er will sicher noch etwas Erfahrung sammeln. Er ist der konstanteste Spieler der Bundesliga. Der FC Bayern verliert nach Bastian Schweinsteiger die nächste Identifikationsfigur."

Lothar Matthäus (Rekordnationalspieler via Sport Bild)

"Ich kann Philipp Lahm nicht ganz verstehen. Wenn man vom FC Bayern ein Angebot als Sportdirektor bekommt, dann sollte man sich das mehr als überlegen. Das kommt vielleicht nur einmal im Leben und bis 2019 warten? Er hätte noch das eine oder andere Jahr spielen können. Aber ganz wegzugehen als Spieler und als Verantwortlicher, das kam für viele überraschend."

Mehmet Scholl (Ex-Bayern-Profi und ARD-Experte)

"Als Fußballfan finde ich es schade. Er hat in seiner Karriere 70 Prozent überragend gespielt und die restlichen 30 Prozent Weltklasse. Er steht in Deutschland in einer Reihe mit Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Lothar Matthäus – also den ganz Großen. Menschlich kann man sich auf seine Entscheidung immer verlassen. Es war auch nach der WM eine richtige Entscheidung, dass er zurücktritt. Er ist jemand, der seinen Körper kennt. Er wird auch nicht mehr schneller werden. Er tritt jetzt erhobenen Hauptes ab."

1/7

Hoeneß hält die Tür offen

Uli Hoeneß sieht für Philipp Lahm trotz dessen Rückzugs im Sommer nach wie vor eine Zukunft beim deutschen Rekordmeister. "Für Philipp Lahm bleibt die Tür bei uns offen. Ich kann mir vorstellen, dass er eines Tages beim FC Bayern arbeitet", sagte Hoeneß am Mittwoch der Funke Mediengruppe, zu der auch das Abendblatt gehört.

Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge wussten über die Pläne des 33-Jährigen zwar Bescheid, waren am Dienstagabend aber von der Bekanntgabe überrascht worden. Für Hoeneß ist dies aber nur eine "Marginalie. Da verändert sich nichts. Philipp Lahm hat unseren größten Respekt verdient".

Kommentar: Warum Lahms Entscheidung klug ist

Er wollte bei den TV-Interviews nach dem 1:0 im Pokal-Achtelfinale gegen den VfL Wolfsburg "die Regeln des Miteinanders einhalten und in aller Ruhe besprechen, wie wir an die Öffentlichkeit gehen", sagte Hoeneß und fügte an: "Wir hatten kein Interesse, das so früh bekanntzugeben."

Den kompletten Exklusiv-Bericht lesen Sie hier.

Hummels reagiert überrascht

Mats Hummels hat "überrascht" auf das angekündigte Karriereende von Philipp Lahm reagiert. "Ich habe es gerade erfahren", sagte der Nationalspieler kurz nach dem Spiel gegen Wolfsburg. Hummels hatte zusammen mit Lahm 2014 in Brasilien den Weltmeistertitel geholt.

Der Innenverteidiger bedauerte die Entscheidung seines Kollegen. "Es ist schade, dass er ab Sommer nicht mehr dabei ist. Ich bin überrascht, aber respektiere das, er wird seine Gründe haben", sagte Hummels.

Unstimmigkeiten zwischen Lahm und Hoeneß?

Bei seinem Statement in der Mixed Zone wurde Philipp Lahm auch auf Uli Hoeneß angesprochen. Bei der Frage eines Reporters, wie der Bayern-Präsident auf Lahms Entscheidung reagiert habe, wurde die Münchner Identifikationsfigur ungehalten.

"Das ist doch nicht die Aufgabe, zu erzählen, wie es Uli Hoeneß aufgefasst hat", sagte Lahm unwirsch, bevor er die Fragerunde abrupt beendete.

Hoeneß wiederum hatte noch kurz vor dem Wolfsburg-Spiel behauptet, dass im Zuge der Verhandlungen mit Lahm über eine Zukunft als Sportdirektor "noch überhaupt keine Entscheidung gefallen" sei.

"Ich kann nur sagen, dass er mir das nicht mitgeteilt hat, deshalb kann ich dazu nichts sagen", entgegnete Hoeneß, als er mit der Meldung über Lahms Karriere-Ende konfrontiert wurde. "Da müssen Sie den Philipp fragen."

Zu diesem Zeitpunkt hielt es der neue Aufsichtsrats-Boss offenbar noch für möglich, Lahm als neuen Manager gewinnen zu können. "Wir haben noch gar keine anderen Namen im Kopf, weil wir bisher nur mit Philipp Lahm gesprochen haben", sagte der 65-Jährige.

Warum Philipp Lahm der wahre Weltfußballer ist

Lahm wiederum sagte später: "Es gab noch eine Aufsichtsratssitzung, die wollte ich abwarten, dass wirklich alle Bescheid wissen. Ich habe den Verantwortlichen gesagt, dass ich am Ende der Saison aufhöre, Fußball zu spielen."

Zu seiner eigenen Zukunft sagte er: "Es gibt gar keine Planungen. Für mich steht fest, dass ich ab Sommer Privatier bin. Dann wird man weiter sehen. Ich bin so lange in dem Verein, wir werden sehen, was dann in der Zukunft passiert.“

Neben einer Tätigkeit beim FC Bayern hatte er selbst auch schon über eine mögliche Rolle beim DFB gesprochen. Längst ist Lahm außerhalb des Fußballs geschäftlich sehr aktiv und an Unternehmen beteiligt.

Durch die Absage Lahms für den Sportdirektorenposten rückt nun Borussia Mönchengladbachs Manager Max Eberl mehr als ohnehin in den Münchner Fokus.

Philipp Lahms einzigartige Karriere in der Nationalmannschaft: