Melbourne. Die Kielerin erstmals im Viertelfinale. Angelique Kerber will Victoria Asarenka austricksen. Doch das wichtigste Thema ist ein anderes.
Es ist ein Satz wie aus dem Wörterbuch von Eroberern: „Diese Reise ist noch nicht zu Ende.“ Die Kieler Tennisspielerin Angelique Kerber sprach ihn nach ihrem Sieg bei den Australian Open in Melbourne und dem Einzug ins Viertelfinale. So weit war sie in Australien noch nie gekommen. Doch damit soll noch nicht Schluss sein. Für das Duell mit ihrer Angstgegnerin tüftelt sie nun an einer besonderen Taktik. Der Erfolg über Annika Beck machte sie selbstbewusster denn je: „Ich hoffe, dass ich hier noch ein paar Matches habe.“ Gegen Beck hatte die deutsche Nummer eins am Montag nur im ersten Satz einige Schwierigkeiten, am Ende setzte sie sich trotz einer durchwachsenen Leistung aber dennoch klar mit 6:4, 6:0 durch.
„Ich weiß, dass ich mich steigern muss“, sagte Kerber mit Blick auf das Viertelfinale am Mittwoch. Dort wartet in Victoria Asarenka jene Spielerin, die bislang neben der amerikanischen Weltranglisten-Ersten Serena Williams in Melbourne den besten Eindruck hinterlassen hat. Gegen die Tschechin Barbora Strycova unterstrich die Weißrussin beim 6:2, 6:4 ihre bestechende Form, die wiedererstarkte frühere Nummer eins der Welt hat in diesem Jahr noch keinen einzigen Satz verloren.
„Sie ist verdammt gut drauf“, sagte Kerber, die die neue Wucht von Asarenka Anfang Januar auch beim Turnier in Brisbane zu spüren bekam. Im Endspiel musste sich die Schleswig-Holsteinerin mit 3:6, 1:6 geschlagen geben. Überhaupt ist Asarenka ihre große Angstgegnerin, keines der bisherigen sechs Duelle konnte Kerber gewinnen.
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Doch gerade daraus zieht Kerber ihre Motivation. „Ich freue mich sehr auf diese Herausforderung“, sagte die Weltranglisten-Sechste. Das Drittrunden-Duell zwischen den beiden bei den US Open im vergangenen Jahr war sicher eines der besten Spiele der kompletten Saison. Am Ende verließ Kerber dennoch mit 5:7, 6:2, 4:6 als Verliererin den Platz.
Angelique Kerbers Trainer und seine Tricks
Die Erfahrungen aus New York sollen aber helfen, „weil ich da ganz nah dran war“, sagte Kerber. Zusammen mit ihrem Trainer Torben Beltz will sie nun an jener Taktik feilen, die ihr endlich den ersten Sieg gegen Asarenka bringt. „Torben hat schon eine Idee“, berichtete Kerber, „ich bin sehr gespannt darauf.“ Wie immer will sie sich die Vorstellungen ihres Coaches genau anhören und sie dann im Training testen. „Das gibt mir die Zeit, die Pläne zu visualisieren.“
Offensichtlich ist, dass Kerber deutlich besser aufschlagen muss als gegen Beck. „Da muss ich mich sicher steigern“, räumte Kerber ein. Gegen Beck hatte sie das Glück, dass die Bonnerin die Aufschlagschwäche der Favoritin ebenso wenig nutzen konnte wie deren im ersten Durchgang allgegenwärtige Nervosität.
Annika Beck liebäugelt mit dem Fed-Cup
„Ich habe mir anfangs zu viele Gedanken gemacht“, gab Kerber zu. Schließlich hat sie sich mit ihrer Ankündigung, es in diesem Jahr bei den Grand-Slam-Turnieren „krachen lassen“ zu wollen, selbst unter Druck gesetzt. 2015 war sie in Melbourne bereits in der ersten Runde rausgeflogen, in Paris, Wimbledon und New York nicht über die dritte Runde hinausgekommen. „Es war mental heute nicht ganz so einfach, sie hatte nichts zu verlieren“, sagte Kerber. „Aber nach dem ersten Satz war ich erleichtert, danach habe ich losgelassen und befreit aufgespielt.“
Beck hatte Kerber am Ende nichts mehr entgegenzusetzen. Dennoch zog sie ein zufriedenes Fazit, schließlich stand sie erstmals bei einem Grand-Slam-Turnier im Achtelfinale. „Ich denke, die Trauer sollte daher nicht zu groß sein“, sagte Beck, die sich mit ihrem starken Auftreten in Melbourne auch für das Fed-Cup-Team interessant gemacht hat. Die deutsche Auswahl trifft Anfang Februar auf die Schweiz.
Bevor sie der Nominierung von Teamchefin Barbara Rittner am Mittwoch mit Spannung entgegenblickt, wollte Beck den letzten Abend in Melbourne mit ihrer Freundin Laura Siegemund, die sie in der dritten Runde geschlagen hatte, aber noch genießen. „Ich denke, wir werden in eine Sky-Bar gehen. Das habe ich mir verdient.“
Mixed-Match in Melbourne manipuliert?
Unterdessen steht ein Mixed-Doppel bei den Australian Open nach Informationen der „New York Times“ unter Manipulationsverdacht. Wie die Zeitung am Montag berichtete, seien auf die Partie des spanischen Duos Lara Arruabarrena und David Marrero gegen die Tschechin Andrea Hlavackova und Lukasz Kubot aus Polen ungewöhnlich hohe Wetteinsätze beim Online-Anbieter Pinnacle Sports eingegangen. Pinnacle Sports habe die Begegnung deshalb einige Stunden vor Beginn des Spiels am Sonntag aus dem Programm genommen. Die Wetter hatten mit großer Mehrheit auf einen Sieg von Hlavackova und Kubot gesetzt, die die Begegnung auch klar mit 6:0, 6:3 gewannen.
Mixed-Partien spielen auf dem Wettmarkt normalerweise keine große Rolle. Dieses Mal seien die gesetzten Beträge aber sehr auffällig gewesen, sagte Marco Blume, Chef von Pinnacle Sports. Auch beim Wettanbieter Betfair wurden nach Angaben der „New York Times“ rund 25.000 US-Dollar auf die Erstrundenpartie gesetzt. Zum Vergleich: auf drei andere Mixed-Partien seien am Sonntag zusammen nur 2000 US-Dollar gesetzt worden.
Wettskandal? Auffällig viele einfach Fehler
Schon zu Beginn der Australian Open vor einer Woche war die Tennis-Szene durch Berichte über mögliche Wettmanipulationen aufgeschreckt worden. Die BBC und das Online-Portal BuzzFeed hatten gemeldet, dass 16 Spieler aus den Top 50 in den vergangenen zehn Jahren in Spielabsprachen verwickelt gewesen sein sollen. Darunter auch ein Grand-Slam-Turnier-Sieger. Keiner von ihnen soll jedoch verwarnt oder bestraft worden sein.
Auch jetzt hielten sich die Verantwortlichen bedeckt. Der Tennis-Weltverband ITF erklärte, er habe keine Hinweise über irgendwelche Auffälligkeiten bekommen. Die für solche Vorfälle zuständige Antikorruptionsagentur TIU teilte wie immer mit, sie werde sich nicht äußern.
Marrero und Arruabarrena wiesen die Anschuldigungen in der „New York Times“ zurück. Vor allem Marrero unterliefen in der Begegnung aber auffällig viele einfache Fehler, darunter zahlreiche Doppelfehler. Der Spanier begründete seine schwache Leistung jedoch mit Knieproblemen.
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