Köln. Nach den Korruptionsvorwürfen um die Vergabe der WM 2006 hat sich DFB-Präsident Niersbach bei der Museums-Eröffnung erneut geäußert.
Wolfgang Niersbach schließt einen Stimmenkauf kategorisch aus, der Beckenbauer-Vertraute Fedor Radmann würde sogar einen Eid schwören, und Otto Schily sieht keine Hinweise auf Korruption: Die Verantwortlichen der Fußball-WM 2006 kämpfen vehement gegen den dunklen Schatten über dem Sommermärchen und schalten nach den im „Spiegel“ erhobenen schweren Anschuldigungen in den Angriffsmodus.
Niersbach, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), hat auch am Montag die Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der deutschen Bewerbung um die Fußball-WM 2006 energisch zurückgewiesen und rechtliche Schritte gegen das Nachrichtenmagazin Spiegel angekündigt. "Die WM 2006 war ein Sommermärchen, und sie ist ein Sommermärchen. Das Sommermärchen ist nicht zerstört. Es hat keine schwarzen Kassen gegeben, und es hat keinen Stimmenkauf gegeben", versicherte Niersbach (64) während der Vorstellung des Deutschen Fußballmuseums in Dortmund. Fragen ließ Niersbach im Anschluss an seine Erklärung nicht zu.
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Niersbach und der DFB haben Rechtsbeistand Christian Schertz mit dem Fall beauftragt. Laut Schertz sei das Hamburger Magazin „jeden Beweis für diese Kernbehauptung der Geschichte schuldig“ geblieben, so der DFB-Chef: „Wir haben ihn daher gebeten, gegen die insoweit nicht im Ansatz bewiesene und definitiv falsche Kernbehauptung des ‚Spiegels‘, die WM 2006 sei mit Mitteln aus einer schwarzen Kasse beim DFB oder beim Organisationskomitee gekauft worden, alle denkbaren rechtlichen Schritte einzuleiten.“
Allerdings könnte auch der DFB ins Visier der Justiz geraten. Wie „Bild am Sonntag“ berichtet, sei die Staatsanwaltschaft Frankfurt durch den Bericht alarmiert und wolle „sorgfältig prüfen“, ob man ein Ermittlungsverfahren einleite.
Für Niersbach habe der „Spiegel“ unterdessen keine Beweise genannt, sondern sich letztlich auf ein angebliches, von einer anonymen Quelle kolportiertes Zitat von Günter Netzer berufen, das dieser bereits im gleichen Artikel vehement bestritten habe. Niersbach versicherte: „Noch mal: Die WM war nicht gekauft.“
Ergebnis der laufenden Prüfungen offen
Sepp Blatter – Fifa-Chef und Weltenlenker
Die „graue Eminenz“ Radmann geht sogar noch einen Schritt weiter. „Das Bewerbungskomitee hat niemals irgendjemanden bestochen. Ich bin bereit, dies sogar zu beeiden“, sagte der ehemalige Vizepräsident des WM-OK bei Sky Sport News HD.
Fraglich ist aber weiterhin, für welchen Zweck die Zahlung von 6,7 Millionen Euro vom DFB an den im Korruptionssumpf steckenden Weltverband Fifa verwendet wurde. „Dass es einen solchen Vorgang gibt, haben wir veröffentlicht. Ich habe diesen Sommer davon erfahren und eine interne Prüfung veranlasst“, erklärte Niersbach. Das Ergebnis der laufenden Prüfungen sei offen, „aber ich kann aufgrund der zeitlichen Abläufe dieses Zahlungsvorgangs schon jetzt definitiv ausschließen, dass die Zahlung in Zusammenhang mit der WM-Vergabe im Jahr 2000 steht“.
„Der Spiegel“ hatte berichtet, die WM sei mutmaßlich gekauft worden. Das Bewerbungskomitee soll eine schwarze Kasse eingerichtet haben, die der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus heimlich mit 10,3 Millionen Schweizer Franken – damals 13 Millionen Mark – gefüllt haben soll. Mit dem Geld sollen Stimmen gesichert worden sein.
Schily nimmt Zwanziger in die Pflicht
Angesichts der im Raum stehenden Vorwürfe empfahl Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier dem DFB eine schnelle Aufklärung. Er könne nur raten, dass das, was der DFB zum Ausdruck gebracht habe, jetzt schnellstmöglich Untersuchungen einzuleiten, auch passiere. „Das ist im Interesse des Sports, im Interesse des Fußballs. Aber das ist auch unser gemeinsames Interesse“, sagte Steinmeier. Der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily nahm den ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger in die Pflicht: „Alle Zahlungen des DFB einschließlich der gesamten Buchhaltung wurden seinerzeit von dem damaligen Schatzmeister des DFB, Dr. Theo Zwanziger, sorgfältig geprüft.“
Wenn es bei einer Zahlung des DFB an die Fifa Unklarheiten gebe, „gehört das zur Verantwortung der Fifa und liegt außerhalb der Verantwortung des Organisationskomitees. Da Theo Zwanziger als späteres Mitglied des Exekutivausschusses der Fifa sicherlich Zugang zu der Buchhaltung der Fifa hatte, kann er am ehesten dazu Auskunft geben“.
Der langjährige Fifa-Mediendirektor und -Insider Guido Tognoni kann sich eine Kampagne gegen Niersbach vorstellen. „Ich denke, es ist gesteuert“, sagte Tognoni im ZDF-„Sportstudio“ und brachte ebenfalls den Namen Theo Zwanziger ins Gespräch: „Es ist bekannt, dass Niersbach und sein Vorgänger nicht die innigsten Freunde sind. Es fällt auf, dass Theo Zwanziger im ‚Spiegel‘ auffällig geschont wird. Die undichte Stelle ist möglicherweise, mit allen Vorbehalten, Theo Zwanziger.“
Mit Material von sid und dpa