Die Korruptionsvorwürfe gegen den DFB belasten das Vertrauen in große Organisationen. Was ist mit Olympia?

Es ist gar nicht lange her, da löste ein DFB-Präsident ein veritables Pfeifkonzert aus, wenn er in einem Fußballstadion in Deutschland auftauchte. „Vorfelder raus!“, schallte es dann tausendfach aus der Stehkurve. Der im August verstorbene Gerhard Mayer-Vorfelder lächelte diese feindliche und hasserfüllte Stimmung stets einfach weg, manchmal sagte er noch: „Dann kann der Mayer ja bleiben.“ Ein Politiker, der den Ruf hatte, erst seinen Verein (den VfB Stuttgart) und dann den Deutschen Fußball-Bund nach Gutsherrenart zu regieren – bei Mayer-Vorfelder konnte das Fußvolk sein tief sitzendes Misstrauen gegenüber undurchsichtigen Organisationen wie dem DFB abarbeiten.

Wolfgang Niersbach, seit 2011 im Amt, schien bisher für das Gute zu stehen. Er holte mit seinem Freund, dem Franz, die WM 2006 nach Deutschland. Schon bei der WM 1990 hatte das Duo perfekt harmoniert, Beckenbauer, die Lichtgestalt, als Teamchef, Niersbach als Pressechef. Während der Amtszeit Niersbachs gelang der vierte Weltmeistertitel, und weltweit beneidete man die Nachwuchsarbeit des Verbands, die übrigens kurioserweise 2001 von Mayer-Vorfelder reformiert worden war. „Niersbach raus!?“ Bis jetzt ein undenkbares Szenario. Erst im Juni hatte der 64-Jährige ein Zehnpunkteprogramm für Reformen bei der von Korruption zerrütteten Fifa vorgelegt. Niersbach, der Hoffnungsträger für saubere Spiele.

Nach den vom „Spiegel“ erhobenen Vorwürfen, das deutsche WM-Organisationskomitee habe eine schwarze Kasse geführt, um Stimmen für eine erfolgreiche WM-Vergabe zu sammeln, ist alles anders, der DFB steckt in der größten Krise seines Bestehens. Wer zahlt schon 6,7 Millionen Euro für ein WM-Kulturprogramm, kümmert sich aber nicht um den Verbleib des Geldes, wenn die Eröffnungsfeier ausfällt?

Noch bewegt sich vieles im Konjunktiv, Niersbach dementiert aufs Schärfste. Fest steht nur, dass eine Seite nicht die Wahrheit sagt beziehungsweise schreibt. Forderungen für eine schnelle Aufklärung der Korruptionsvorwürfe gab es viele am Wochenende – auch von IOC-Präsident Thomas Bach, der damals Mitglied des WM-OKs war. Ob die Vorgänge aber im Zuge der Aufräumarbeiten beim Weltverband lückenlos nachvollzogen werden können? Zweifel sind angebracht.

Die Folgen könnten verheerend sein. Das „Sommermärchen“ 2006 stand für einen fröhlichen, ungezwungenen Umgang mit Schwarz-Rot-Gold, Deutschland konnte sich als offenes, gastfreundliches Land präsentieren. Umso größer wäre in der Bevölkerung die Scham, hätte es sich um ein gekauftes Fest gehandelt. Alle Skeptiker hätten einen weiteren Beleg dafür, dass so komplexe Organismen wie die Fifa, die Uefa und der DFB eben nicht sauber geführt werden können.

Die Frage aus Hamburger Sicht lautet: Könnte der Skandal negativ auf die Olympiabewerbung ausstrahlen, weil das Vertrauen sinkt, dass mit dem Geld wirklich seriös umgegangen wird? „Wenn sich die Vorwürfe gegen den DFB bewahrheiten sollten, würde eine deutsche Olympiabewerbung unter noch größerer Beobachtung stehen“, glaubt Sportsenator Michael Neumann. Als ein Plus könnte es sich herausstellen, dass Hamburg seine Kampagne bisher maximal transparent gestaltet und so eine offene Diskussion ermöglicht hat – auch über die Kosten.

Aber: Die Handelnden sind nun umso stärker gefordert, die Begeisterung an Olympischen Spielen am Leben zu halten, indem sie den Bürgerinnen und Bürgern vermitteln: „Ja, wir möchten Olympia 2024 in Hamburg, aber wir wollen es nur so, wie es uns gefällt.“ Und dazu gehört auch eine maximale Kontrolle der Geldströme.