Erst soll Interimstrainer Sascha Lewandowski die Champions League retten, dann wird Roger Schmidt bei Bayer Leverkusen übernehmen. Als Spieler ist er nie über die dritte Liga hinausgekommen.

Leverkusen. Vom „Brauseclub“ zur Werkself: Der gelernte Werkzeugmechaniker Roger Schmidt wird Trainer bei Bayer Leverkusen. Dies bestätigten Bayer und Red Bull Salzburg am Freitag – ihnen zuvorgekommen war aber kurioserweise Eintracht Frankfurts Sportdirektor Bruno Hübner, der ebenfalls um Schmidt gebuhlt hatte.

Der frühere Paderborner Schmidt, als Spieler nicht über die dritte Liga hinausgekommen und auch als Trainer noch ohne Bundesliga-Erfahrung in Deutschland, hatte in Österreich noch einen Vertrag bis 2016 und soll eine festgeschriebene Ablösesumme in Höhe von 1,5 Millionen Euro haben.

„Das ist ja schön, dass Herr Hübner das verkündet hat“, sagte Bayer-Geschäftsführer Michael Schade. Ansonsten herrschte bei Bayer große Freude über den Coup, in Salzburg und Frankfurt gab es dagegen lange Gesichter. „Das ist eine kleine Enttäuschung. Er war die bestmögliche Variante“, sagte Hübner. Schmidt „habe Bock auf Eintracht gehabt. Aber Bayer hatte zwei Argumente: Das Wirtschaftliche und das Sportliche.“

RB-Sportchef Ralf Rangnick zeigte Verständnis, „aber für uns ist es bedauerlich.“ Er bezeichnete Schmidt als „einen der besten Trainer Deutschlands. Selbst zu meiner Zeit als Trainer haben wir allenfalls im ersten Bundesliga-Jahr mit Hoffenheim so attraktiven Fußball gespielt.“

Deshalb erachtete Bayer den 47-Jährigen genauso als die Ideallösung – und hatte nicht zuletzt aufgrund der bevorstehenden Champions-League-Qualifikation die besten Argumente. „Wir haben den Markt intensiv sondiert und sind bei unseren Überlegungen sehr schnell auf Roger Schmidt gestoßen. Seine Art, Fußball spielen zu lassen, passt ideal zu Bayer 04 Leverkusen“, sagte Sportchef Rudi Völler. Schmidt erklärte, er freue sich „auf die neue Aufgabe bei einem Topclub“ und sei „glücklich, jetzt in der Bundesliga arbeiten zu können“.

Schmidt steht für schnellen und attraktiven Fußball


Schade betonte: „Wir haben uns unter vielen denkbaren Alternativen ganz bewusst für Roger Schmidt als neuen Coach entschieden. Er steht für kampfbetonten, schnellen und attraktiven Angriffsfußball.“ Man habe „die Philosophie des zukünftigen Bayer 04-Fußballs in ausführlichen Gesprächen diskutiert“ und strebe mit Schmidt eine „langfristige Zusammenarbeit an, in der seine sportliche Handschrift erkennbar werden soll“.

Peter Stöger, der sich im Vorjahr als Coach von Austria Wien mit Schmidt erfolgreich um den Meistertitel in Österreich duellierte und soeben den Leverkusener Nachbar Köln zurück in die Bundesliga führte, findet lobende Worte für Schmidt. „Ich glaube, dass er ein guter Mann ist“, sagte er am Freitag: „Ich habe ihn als sehr angenehmen Kollegen kennengelernt. Ruhig, sachlich, und die sportlichen Zahlen sprechen ohnehin für ihn.“

Als Vizemeister holte Schmidt, der künftig wieder nahe seiner in Paderborn lebenden Familie sein wird, im Vorjahr einen Vereins-Punkterekord in Salzburg. „Da hatten sie das Pech, dass wir eine außergewöhnliche Saison gespielt haben, wie es das einmal gibt“, sagte Stöger: „In diesem Jahr zeigen sie Konstanz, auch im Europacup, und haben eine erfrischende Spielweise gezeigt. Sehr aggressiv, sehr offensiv, früh störend.“

Seine Spielweise ähnelt der von Dortmund


Auch der bei Bayer ausgebildete und in Salzburg spielende Kevin Kampl erklärte im Express: „Er ist der beste Trainer, den ich je hatte! Nicht nur fachlich, auch menschlich. Er hat eine sehr gute Menschenführung.“ Unter Schmidt spiele Salzburg „ähnlich wie der BVB, das heißt, mit extremen Gegenpressing“.

Ob Schmidt, der bis zur Übernahme des Viertligisten Preußen Münster 2007 als Ingenieur bei einem Automobilzulieferer arbeitete, mit Bayer in der Champions League oder der Europa League antreten wird, entscheidet sich zu einem wesentlichen Teil am Samstag. Denn zunächst soll Interimscoach Sascha Lewandowski die Rheinländer in die Königsklasse führen. Rang vier hat Bayer unter seinem Interimstrainer schon zurückerobert, sollte dieser im Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund (18.30/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) weiter gehalten werden, stehen die Chancen bestens.

Eine zunächst grandiose und dann plötzlich schlimme Saison von Bayer wäre gerettet. Und Schmidt hätte ideale Bedingungen für seinen Amtsantritt am 1. Juli.