Die spanische Presse feiert Real Madrid nach dem 1:0 gegen Bayern München und nennt Messi als fehlendes Puzzleteil für Guardiolas Spielstil. Sehen Sie hier alle Pressestimmen auf einen Blick.
Madrid/Hamburg. Als der Bayern-Tross kurz vor Mitternacht das Estadio Santiago Bernabeu verließ, war die Zuversicht beim Cupverteidiger längst wieder zurückgekehrt. „Ich bin optimistischer als vor dem Spiel“, sagte Münchens Trainer Pep Guardiola nach dem bitteren 0:1 (0:1) im Halbfinal-Hinspiel der Champions League bei Real Madrid am Mittwoch und Sportvorstand Matthias Sammer ergänzte: „Noch keine Bayern-Mannschaft hat Real Madrid so dominiert. Wir haben mit Dominanz das Spiel bestimmt, aber nicht das Ergebnis. Zum Ballbesitz muss nun der gnadenlose Abschluss kommen. Wir können es schaffen.“
Vor dem Rückspiel am Dienstag in München liegt zwar der „kleine Vorteil“ (Carlo Ancelotti) bei Real, vor eigenem Publikum sei aber „noch alles möglich“, wie Bayern-Kapitän Philipp Lahm betonte. Ähnlich sieht es auch Thomas Müller: „Es ist eine Riesen-Aufgabe, aber wir haben gezeigt, zu was wir imstande sind. Wir müssen nur die Tore machen. Das müssen wir am Dienstag nachholen.“
64:36 Prozent Ballbesitz, 15:3 Ecken, 16:9 Torschüsse – fast alle Zahlen sprachen am Mittwoch für den Titelverteidiger. Doch das einzige Tor des Spiels erzielte Real durch Karim Benzema in der 19. Minute. Die Königlichen um Superstar Cristiano Ronaldo hatten die Bayern mit einer ausgefeilten Kontertaktik überlistet. Die historische Titelverteidigung ist ernsthaft in Gefahr, auch wenn Guardiola seiner Mannschaft „viel Charakter bescheinigt“ und stolz war.
Immerhin waren die Bayern bei der TV-Quote nicht zu schlagen. 11,66 Millionen Zuschauer im ZDF und 38,2 Prozent Marktanteil bedeuteten Saisonrekord.
Viel vorwerfen konnte der in Madrid mit vielen Pfiffen empfangene Katalane seiner Mannschaft nun wirklich nicht – mit Ausnahme der Chancenverwertung. Vor allem bei der Schlussoffensive vergaben die eingewechselten Thomas Müller (81.) und Mario Götze (84.) beste Chancen. Zu der Zeit war Franck Ribéry schon gar nicht mehr auf dem Platz. Europas Fußballer des Jahres blieb die von Karl-Heinz Rummenigge prophezeite „Weltklasseleistung“ schuldig und steckt in einem kleinen Formtief.
Das muss sich innerhalb von sechs Tagen ändern, soll der Einzug ins Finale am 24. Mai in Lissabon und die historische Titelverteidigung gelingen. Die Madrilenen werden jedenfalls auch zum Rückspiel mit großem Respekt anreisen. „Ein kompliziertes Spiel“ erwartet Ancelotti: „Wir wissen, dass es schwierig wird.“ Immerhin darf der Italiener darauf hoffen, dass seine millionenschweren Stars Ronaldo (Oberschenkel) und Gareth Bale (Grippe) dann wieder in bester Verfassung sind. Am Mittwoch teilten sie sich noch die Arbeit.
Von fünf Halbfinal-Duellen in der Königsklasse hat Real gegen „La Bestia Negra“ (die schwarzen Bestien) vier verloren. Diese Serie soll sich fortsetzen. „Wir werden nächste Woche richtig angreifen. Ich bleibe positiv, wir fahren voller Vertrauen nach Hause“, versprach der letztjährige Endspiel-Held Arjen Robben.
Sehen Sie hier die internationalen Pressestimmen auf einen Blick:
Spanien
Marca: „Das war eine Bestie, die man nicht fürchten musste. Die Bayern sind doch eine irdische Mannschaft.“
AS: „Ein goldenes Tor gegen die schwarze Bestie gibt den Weißen grünes Licht fürs Finale.“
El País: „Madrid macht gegen Bayern das Tor dicht. Die Madrilenen haben das Team von Guardiola in einem Spiel bezwungen, das der Champions League würdig war. Das deutsche Team huldigt dem Ballbesitz, das spanische stellt unterdessen den schnellen Fußball zur Schau.“
La Vanguardia: „Minimalvorteil für die Weißen. Die Konter retten Madrid gegen die Bayern, die zwar den Ballbesitz, aber keine größeren Chancen hatten.“
El Mundo Deportivo: „Bayern ähnelt immer mehr Barca. Hätten die Bayern rot-blaue Trikots angehabt, hätte niemand etwas gemerkt. Oder doch. Es fehlte nämlich ein Lionel Messi, der den Unterschied ausmacht. Es war ein Duell zweier Fußballstile, zwischen dem Ballbesitz-Fußball Guardiolas und dem Konterfußball Ancelottis. Es gibt Argumente für beide. Aber näher an Lissabon ist im Moment Real. Dieses 1:0 in München zu verteidigen, wird aber nicht einfach.“
Sport: „Real hat den Pep-Fluch gebannt, doch Guardiola will Revanche in München. Im Rückspiel ist noch alles offen, die Barca-Fans drücken Guardiola die Daumen.“
El Mundo: „Guardiola hat seine Jungfräulichkeit verloren. Als Trainer hat er bei seinem achten Gastspiel im Bernabéu erstmals verloren.“
England
Daily Mail: „Die Verschwender Ronaldo und di Maria verpassen die Chance, Real aus Bayerns Sichtweite zu schießen. Guardiola verliert zum ersten Mal als Trainer im Bernabeu.“
Daily Mirror: „Spanische Riesen erringen dank Benzema einen hart umkämpften Sieg. Der Titelverteidiger hatte zwar mehr Ballbesitz, blieb aber harmlos.“
The Telegraph: „Brillanter Alonso hält Reals Traum am Leben. Die Spanier nehmen nach Benzemas Treffer Kurs auf “la décima„.“
The Independent: „Karim Benzemas Tor verschafft Real einen Vorteil. Den Champions-League-Titel zwei Mal nacheinander zu gewinnen, ist eine der größten Herausforderungen im modernen Fußball – auch für Pep Guardiola und die mächtigen Spieler von Bayern München gibt es keine Garantie.“
Italien
Gazzetta dello Sport: „Ancelotti gewinnt die erste Runde der Show im Bernabeu-Stadion. Doch der Angriff Bayerns in der zweiten Halbzeit sagt schon viel über das Match, das wir beim Rückspiel in sechs Tagen sehen werden. Ancelotti hatte behauptet, dass Zusammenhalt, Solidarität und Teamarbeit den Unterschied machen würden – und so war es.“
Corriere dello Sport: „Was für eine Show in Madrid! Real zwingt Bayern in die Knie. Die “Schwarze Bestie„ Bayern München macht jetzt weniger Angst. Und dies dank eines neuen taktischen Meisterwerks in der Karriere Ancelottis.“
Tuttosport: „Bayern München, zu viel Tiki-Taka. Real Madrid siegt mit einer mörderischen Taktik. Bayern kämpft bis zum Ende, doch gegen die von Real Madrid aufgerichteten Barrikaden kann man einfach nichts tun.“
Repubblica: „Geschwindigkeit und Demut bewirken bei Real Wunder. Bayern kehrt ohne Tore nach Hause zurück, die Mannschaft war für Casillas nie wirklich gefährlich. Sie muss Zusammenhalt, Visionen, kollektive Überzeugung und Geschwindigkeit wiederfinden.“
La Stampa: „Königliche Blitze. Die Deutschen fangen besser an, doch dann zeigt sich die Qualität Madrids. In der Bernabeu-Show gewinnt Ancelotti gegen Guardiola die erste Runde in dem eigentlichen CL-Finale.“
Corriere della Sera: „Bayern attackiert, macht aber kein Tor, das Spektakel liefern dann Reals Konter. Der deutsche Meister startet zwar stark, wird aber von den Stürmern im Stich gelassen. Real erzielt ein wichtiges Ergebnis.“
Frankreich
L'Equipe: „Real hat sich dank Benzema einen kleinen Vorteil gegen dominante Bayern erspielt.“
Österreich
Kleine Zeitung: „Ballbesitz alleine schießt keine Tore. Real gewinnt verdient, die Münchner agierten ideenlos und müssen sich im Rückspiel kommenden Dienstag enorm steigern.“
Krone: „Real zieht Münchner “Bestia Negra„ den Nerv. Die Bayern mit ÖFB-Star David Alaba hatten zwar mehr vom Spiel, Real war aber die effizientere Mannschaft.“
Schweiz
Blick: „Die Bayern schnüren das “weiße Ballett„ im eigenen Stadion richtiggehend ein. 19 Minuten lang. Dann hat Real genug – und plötzlich scheppert's!“