Armin Veh wird die Eintracht am Saisonende verlassen, die Suche nach einem Nachfolger läuft bereits. VfB-Coach Thomas Schneider soll zumindest gegen Braunschweig auf der Bank sitzen.

Frankfurt/Stuttgart. Nach einer knappen Stunde verließ Thomas Schneider am Vormittag den Rasen. Der Trainer des abstiegsbedrohten VfB Stuttgart war auch am Dienstag wieder auf dem Platz, als die Reservisten der Schwaben mit Co-Trainer Christos Papadopoulos ihre Einheit absolvierten. Im Hintergrund liefen die Diskussionen um die Zukunft des einstigen Hoffnungsträgers indes auf Hochtouren. Mit Spannung erwarteten Fans und das weitere Umfeld des VfB die Sitzung von Aufsichtsrat und Vorstand am Nachmittag.

Das Ergebnis der dreistündigen Sitzung: Thomas Schneider bleibt Trainer des VfB Stuttgart und wird am Sonnabend im Heimspiel gegen Tabellenschlusslicht Eintracht Braunschweig auf der Bank der Schwaben sitzen.

„Wir haben uns nach dem emotionalen Spiel in Frankfurt die Zeit genommen, die nötig war, um in Ruhe analysieren und Eindrücke austauschen zu können“, sagte VfB-Präsident Bernd Wahler am späten Dienstagnachmittag: „Der Vorstand hat entschieden, mit Thomas Schneider weiter zu arbeiten. Der Aufsichtsrat steht zu hundert Prozent hinter dieser Entscheidung.“ Sportvorstand Fredi Bobic verließ dagegen kommentarlos das Gelände.

Mögliche Nachfolger wurden im Laufe des Tages längst gehandelt. Mal war von Krassimir Balakow die Rede, der selbst acht Jahre für die Schwaben gespielt und mit Sportvorstand Fredi Bobic sowie Giovane Elber das „Magische Dreieck“ gebildet hatte. Lang ist’s her. Mal war von Thorsten Fink die Rede, der vor fünf Monaten beim HSV gehen musste und immer wieder genannt wird, wenn in der deutschen Eliteklasse Arbeitsplätze auf der Trainerbank frei werden. Selbst Nebensächlichkeiten sorgten am Dienstag für einen erhöhten Puls. Beispielsweise, als ein Wagen auf den Parkplatz von Spielern und Verantwortlichen auf dem Gelände des Traditionsvereins fuhr. Der Aufregung unter den Fans folgte die Entwarnung: Es war nur Verteidiger Georg Niedermeier, der später noch eine individuelle Einheit an diesem sonnigen Tag am Neckar abspulte.

Nach der historischen Serie von acht Niederlagen nacheinander geht beim Tabellen-15. die Angst vor dem ersten Abstieg seit 1975 um. Sollte Schneider sein Endspiel beim nächsten Kellerduell gegen Braunschweig verlieren, werden die Verantwortlichen wohl die Reißlinie ziehen und für frischen Wind sorgen.

Krisenfest und in sich ruhend präsentierte sich tags zuvor Cacau. Der frühere Nationalspieler spielt seit 2003 für den VfB und hat so manche Krise bei den Schwaben mitgemacht. „Man muss als Vorbild vorangehen. Man darf nicht nur an sich denken“, sagte der 32-Jährige am Montagabend bei einer Buchpräsentation. Wenn man von etwas überzeugt sei, müsse „man das auch durchziehen“.

Cacau äußerte sich ganz allgemein. Es beschrieb jedoch treffend das Dilemma. Denn Präsident Bernd Wahler und Bobic wollen einen VfB, der für Jugend, Frische und Lässigkeit steht. Schneider vereint davon vieles, nicht zuletzt weil er als ehemaliger U-17-Coach Youngster wie Timo Werner und Rhani Khedira konsequent förderte. Demgegenüber steht die Niederlagenserie – die längste in der Historie des Vereins. Allein fünf davon endeten allerdings denkbar knapp mit 1:2. Auch die Politik der harten Hand zeigte unter Schneider keine Wirkung. Vermeintliche Führungsspieler wie Georg und Martin Harnik mussten erstmal auf die Tribüne, kehrten später jedoch wieder auf den Rasen zurück.

„Ziel Klassenerhalt noch lange nicht erreicht“

Der Druck jedenfalls wird in den kommenden Wochen nicht geringer. Und auch wenn das die ambitionierten Verantwortlichen beim VfB nicht gerne hören werden: Es warten Gegner auf Augenhöhe. Braunschweig, Bremen, Hamburg und Nürnberg – Gradmesser im Existenzkampf, der nach der bitteren 1:2-Niederlage am SOnntag bei Eintracht Frankfurt präsenter denn je ist.

Der erfolgreiche Gegner hat ganz ähnliche Probleme, allerdings nicht ganz so akut: Nach dem Wirbel um den Abgang von Trainer Armin Veh hat Vorstandschef Heribert Bruchhagen die Profis von Eintracht Frankfurt zu höchster Konzentration aufgefordert. „Wir haben das Ziel Klassenerhalt noch lange nicht erreicht. Wir haben noch acht Wochen vor uns - voller intensiver Arbeit“, mahnte Bruchhagen. Bereits am Sonnabend stehe mit der Partie beim HSV (15.30 Uhr/Liveticker auf abendblatt.de) das nächste wichtige Spiel für den Tabellen-Zwölften an, der derzeit sechs Punkte Vorsprung auf die Abstiegszone hat.

Gut möglich, dass Sportdirektor Bruno Hübner bis dahin eine erfreuliche Nachricht verkünden kann: Alexander Meier, erfolgreichster Eintracht-Torjäger der letzten Spielzeiten, steht unmittelbar vor der Verlängerung seines im Sommer auslaufenden Vertrages. Der 31-Jährige, der 2004 vom HSV an den Main gewechselt war, soll für weitere drei Jahre bei den Hessen bleiben. „Wir sind guter Dinge“, sagte Hübner. Im Gegenzug stockt die Eintracht das Gehalt von Leitfigur Meier auf. Die Offensivkraft hat in 201 Bundesligaspielen 54 Treffer erzielt.

Zahlreiche Kandidaten in Frankfurt

Derweil hat bei der Eintracht am Dienstag die Suche nach einem Veh-Nachfolger offiziell begonnen. Favorit scheint derzeit Ex-Nationalspieler Markus Babbel zu sein. Der 41-Jährige war am 3. Dezember 2012 bei 1899 Hoffenheim entlassen worden. Auch André Breitenreiter könnte ein Kandidat sein. Der ehemalige Profi hat den Zweitligisten SC Paderborn 07 in der laufenden Saison auf Platz drei geführt.

Jüngst hatte Babbel, der den VfB Stuttgart 2007 als Co-Trainer zusammen mit Veh zur deutschen Meisterschaft geführt hatte, in Frankfurt eine Woche hospitiert. Der Europameister von 1996 und frühere Profi von Bayern München hat auch schon Hertha BSC Berlin (2010/2011) trainiert.

Als weitere Anwärter auf den Posten von Veh, der seinen am Saisonende auslaufenden Vertrag bei den Hessen wegen fehlender Perspektiven nicht verlängert, gelten der frühere Bremer Coach Thomas Schaaf, Bruno Labbadia, Michael Büskens sowie Kosta Runjaic. Der in Wien geborene und im hessischen Rüsselsheim aufgewachsene Runjaic trainiert derzeit den Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern.

„Seit Jahren tritt Eintracht auf der Stelle“

Laut Hübner müsse der neue Mann für die Eintracht-Philosophie stehen und erfrischenden Offensiv-Fußball spielen lassen. Bis Montag hatten die Frankfurter Funktionäre nach eigenen Angaben noch keinen Kontakt zu einem möglichen Veh-Nachfolger aufgenommen. Bis vor ein paar Wochen hatten Hübner und Bruchhagen gehofft, den 53-jährigen Veh noch umstimmen zu können. „Wir haben alles dafür getan, damit er bleibt“, sagte Bruchhagen.

Vereins-Ikone Jürgen Grabowski kritisierte in seiner Bild-Kolumne die Club-Führung: „Wenn Veh die Perspektive vermisst, kann ich das gut nachvollziehen. Seit Jahren tritt Eintracht auf der Stelle.“ Das Stadion sei zwar immer voll, aber die Qualität der Mannschaft werde „einfach nicht besser“, klagte der frühere Nationalspieler Grabowski.

Abwehrspieler Alexander Madlung verdeutlichte noch einmal, dass ihn besonders der Zeitpunkt der Ankündigung des Veh-Abschieds gewundert habe. „Es lag zwar die ganze Zeit etwas in der Luft, dass es dazu ein Statement geben würde, aber dass das jetzt nach so einem gewonnenen Heimspiel kam, war natürlich sehr überraschend“, sagte der 31-jährige Madlung dem Hessischen Rundfunk. Am Sonntag hatten die Hessen gegen den VfB Stuttgart (2:1) gewonnen.