Mesut Özil hat in London eine neue Heimat gefunden. Das Kapitel Real Madrid ist nach neuen Vorwürfen gegen den Mittelfeldspieler aber noch nicht komplett abgeschlossen.

Tórshavn. Die Vorfreude war ihm anzusehen. Mesut Özil konnte es nach dem 3:0-Pflichtsieg mit der Nationalmannschaft gegen Färöer kaum erwarten, endlich in seine neue sportliche Heimat zu reisen. Nach dem souverän erledigten Job in der WM-Qualifikation ging es für den 24-Jährigen am Mittwochmorgen über Frankfurt weiter nach England. „Ich freue mich sehr auf London. Es ist meine neue Heimat, eine neue Aufgabe“, sagte der Spielmacher. Ärger gibt es derweil mit Ex-Club Real Madrid.

In Spanien bringen derzeit nämlich fragwürdige Zitate den Namen Özil in Verruf. Nach dessen Abschied vom spanischen Rekordmeister wird er von der Presse als unprofessioneller Frauenheld und Nachtschwärmer verunglimpft. Özil wehrt sich sowohl persönlich als auch über seinen Vater und Berater Mustafa.

Die Tageszeitung ABC hat Real-Präsident Florentino Perez offensichtlich entsprechende rufschädigende Sätze in den Mund gelegt. Bei der Mitgliederversammlung am kommenden Mittwoch wolle Perez den heftig kritisierten Verkauf Özils für 50 Millionen Euro folgendermaßen erklären: Der 24-Jährige sei „kein guter Profi“, er sei „von Frauen besessen“, sei mit seinen Geliebten bis tief in die Nacht ausgegangen und habe nur vier Stunden pro Tag geschlafen.

Özil nahm nach dem 3:0 mit der deutschen Nationalmannschaft auf den Färöern Stellung. „Die Leute, die mich kennen, wissen, wie professionell ich bin. Mehr muss ich dazu nicht sagen“, erklärte er. In der „Sport Bild“ sagte er, es solle „offensichtlich von verschiedenen Seiten nur Stimmung gemacht oder Schuld abgewälzt werden“.

Auch der Vorwurf, er habe sich in Gehaltsfragen schlicht verpokert, sei aus der Luft gegriffen. „Der Wunsch nach einer vorzeitigen Vertragsverlängerung ging ja nicht von uns, sondern von Real Madrid aus“, sagte Özil, „nicht wir haben um eine Erhöhung des Gehaltes angefragt, sondern Real wollte Anfang des Jahres den ohnehin bis 2016 laufenden Vertrag verlängern.“ Mustafa Özil sagte dem „Express“: „Mein Sohn hat für Real 159 Spiele am Stück absolviert und in drei Jahren 79 Torvorlagen gegeben. Das kann man nur, wenn man hochprofessionell arbeitet.“

Perfektion am Ball und tödliche Pässe

Anscheinend will Madrid auf die unfeine Art den umstrittenen Verkauf Özils nachträglich rechtfertigen. Der Verein hat sich trotz des 100-Millionen-Euro-Transfers von Gareth Bale (Tottenham Hotspur) einige Kritik seiner Fans und auch seiner Superstars anhören müssen, da Özil der zuverlässigste Vorlagengeber für Superstar Cristiano Ronaldo war. Ob die Zitate so lanciert wurden, ist allerdings offen.

Auf der kleinen Bühne im Tórsvøllur-Stadion hatte Özil wieder einmal jene Qualitäten aufblitzen lassen, welche die Real-Fans ebenso wie Superstar Cristiano Ronaldo künftig in Madrid vermissen werden und wofür der FC Arsenal die Vereins-Rekordablöse von 50 Millionen Euro ausgegeben hat – was Özil gleichzeitig zum teuersten deutschen Fußballer aller Zeiten macht. Perfektion am Ball, tödliche Pässe wie beim Konter auf Thomas Müller, der zum vorentscheidenden Strafstoß führte, den Özil selbst zum 2:0 verwandelte.

Özil will in allen Wettbewerben erfolgreich sein

Es war sein vierter versenkter Elfmeter und sein insgesamt sechstes Tor in der Qualifikation, womit er Topschütze im DFB-Team ist. In seinem 50. Länderspiel am 11. Oktober in Köln kann er nun mit den Kollegen die WM-Qualifikation fix machen. „Wir wissen, dass die Iren aggressiv zur Sache gehen“, sagte Özil, „aber wir werden dagegenhalten. Wir werden unser Spiel machen und auch gewinnen.“

In den vier Wochen bis dahin gilt alle Konzentration jedoch der neuen Herausforderung bei den „Gunners“. Vorstellung gleich nach der Ankunft am Mittwoch, erstes Training am Donnerstag, erstes Spiel am Wochenende in der Premier League auswärts in Sunderland. Kommende Woche startet auch schon die Gruppenphase der Champions League, in welcher der ehemalige Schalker mit Arsenal auch auf Borussia Dortmund trifft. „Ich will in allen Wettbewerben so weit wie möglich kommen“, sagte Özil.

„Er hat einen guten Eindruck gemacht“

Auch Bundestrainer Joachim Löw ist gespannt, wie sich sein Spielmacher unterstützt von Per Mertesacker und Lukas Podolski bei den „Gunners“ einführen wird. „Ich habe natürlich ein bisschen beobachtet, wie er sich damit fühlt. Er hat einen guten Eindruck gemacht, er freut sich auf London. Was die nächsten Wochen bringen, muss man mal abwarten, wie er sich einfügt“, sagte Löw in Tórshavn.

Anpassungsprobleme erwartet Löw nicht, zumal Arsenal-Coach Arsène Wenger seinen Wunschspieler und Rekordeinkauf mit offenen Armen empfängt. „Mesut ist ein Spieler, der relativ schnell mit einem anderen Verein und einem anderen Trainer klarkommt“, sagte Löw: „Und er findet dort zwei Spieler vor, die er sehr gut kennt und die zu seinen Freunden zählen. Daher wird es nicht so schwierig sein.“