Turnierdirektor Michael Stich freut sich über die positive Zuschauer-Resonanz am Rothenbaum – Dank des kostenlosen Zugangs zur Anlage.

Hamburg. Das Einzige, was Michael Stich, 42, derzeit Schmerzen bereitet, ist sein rechtes Knie. Ein Knorpelschaden als Andenken an seinen gewonnenen Schaukampf mit Ivan Lendl vom vergangenen Sonntag ist dem Rothenbaum-Turnierdirektor geblieben, nach seinem Urlaub muss er operiert werden. Das Abendblatt empfängt er zum Gespräch im Centre-Court-Restaurant dennoch in bester Laune.

Hamburger Abendblatt:

Herr Stich, Sie haben in diesem Jahr das Experiment gewagt, den Menschen kostenlosen Zugang zur Anlage und den Nebenplätzen zu gewähren. Wie fällt nach vier Turniertagen Ihr erstes Fazit aus?

Michael Stich:

Ich bin sehr zufrieden mit der Resonanz. Wann war zuletzt der Außenplatz M 1 mal voll besetzt? In diesem Jahr passiert das regelmäßig. Das Feedback, das wir von vielen bekommen, ist sehr positiv, nach dem Motto: Wir wussten gar nicht, dass es hier so schön ist!

Ein wichtiger Faktor für den Fortbestand des Turniers sind aber die Ticketeinnahmen. Bekommen Sie ein Problem, wenn Sie eine bestimmte Anzahl von Zuschauern nicht erreichen?

Stich:

Natürlich ist die Zuschauerzahl wichtig. Und hier freuen wir uns seit unserem Start 2009 über eine positive Entwicklung. Wie wir die Zukunft gestalten, darüber machen wir uns nach dem Turnier Gedanken, wenn wir wissen, was die Maßnahmen gebracht haben.

Sie haben das Fassungsvermögen des Centre-Courts auf 7500 fast halbiert, annähernd voll war er aber nur, als Sie gegen Lendl spielten, allerdings bei freiem Eintritt. Muss man damit leben, dass Tennis nicht mehr die Massen fasziniert?

Stich:

Wir haben nun einmal dieses Stadion, das auf 13 500 Zuschauer ausgelegt ist, und wir wissen, dass es in der Zukunft kaum zu füllen sein wird. Als 2008 hier Roger Federer und Rafael Nadal im Finale standen, war es nicht ausverkauft, und selbst als Boris Becker, Steffi Graf und ich noch gespielt haben, war der Centre-Court nicht immer voll. Die Zahlen, die wir haben, sind im Vergleich mit anderen Standorten sehr gut, darauf bauen wir auf.

Es fällt auf, dass in Hamburg Traditionsveranstaltungen wie das Galoppderby und Tennis am meisten Probleme mit der Publikumsgunst haben, während junge Sportarten wie Triathlon, die man umsonst besuchen kann und bei denen Breitensportler eingebunden sind, trendy sind. Fehlen dem Tennis neue Formate?

Stich:

Ich halte nichts davon, über Regeländerungen zu diskutieren, sie haben sich bis auf den Champions-Tiebreak im Doppel nicht bewährt. Die Menschen, die hier sind, wollen Emotionen und Drama, und wenn ein Match drei Stunden dauerte, sind sie auch früher zwischendurch rausgegangen. Deshalb bin ich dagegen, das jetzt zu dramatisieren. Wir müssen Weltklassesport bieten, dann werden wir unser Publikum finden. Tennis ist nicht am Rande des Ruins, wir haben auch keine Krise. Das wird in Deutschland leider von den Medien oft falsch dargestellt.

Sie sagen selbst, dass Sie ein Weltklasse-Teilnehmerfeld haben. Haben Sie das Gefühl, dass der durchschnittlich interessierte Sportfan mit den Namen der Topgesetzten viel anfangen kann?

Stich:

Ich denke schon, dass einige nur deshalb hier sind, weil sie einen Gael Monfils spielen sehen wollen. Aber natürlich kennen viele Leute nur Federer, Nadal und Djokovic, weil die alles abräumen. Unser Anspruch ist es, diese Spieler irgendwann auch hier wieder zu präsentieren. Aber derzeit ist das finanziell nicht zu stemmen. Umso wichtiger ist die nationale Komponente.

Die Deutschen haben sich hier respektabel präsentiert, den letzten Schritt schaffen sie dann aber doch nicht.

Stich:

Ihnen gelingt es leider nicht, sich konstant auf Weltspitzenniveau zu beweisen. Daran gilt es zu arbeiten. Doch auch hier wäre es wichtig, nicht alles negativ zu sehen.

Fehlt den deutschen Profis Talent, Wille oder auch Charakter? Sie haben kritisiert, dass einige nach dem Ausscheiden in Stuttgart unmittelbar vor dem wichtigsten deutschen Turnier, dem Rothenbaum, noch Bundesliga gespielt haben.

Stich:

Das ist ein Problem, das die ATP lösen muss. Sie verbietet ja auch Einsätze bei Challenger- oder Future-Turnieren, wenn man bei einem ATP-Turnier ausgeschieden ist. Es sollte dann auch verboten sein, Bundesliga zu spielen.

Die Damen machen derzeit vor, dass man weit kommen kann, wenn man an einem Strang zieht und bei den wichtigen Turnieren in Topform ist. Sie haben zu Ihrem Amtsantritt die Vision verkündet, in fünf bis sieben Jahren ein Damenturnier nach Hamburg zurückholen zu wollen. Wie weit sind die Planungen?

Stich:

Es sind ja erst drei Jahre vergangen, wir haben also noch zwei Zeit. Bis dahin bleibt es eine Vision. Gespräche oder Planungen gibt es nicht. So etwas muss mit Augenmaß aufgebaut werden.

Was sind dann Ihre Ziele für die nächsten Jahre? Bis 2013 wollen Sie mit Ihrer Agentur HSE das Turnier ausrichten.

Stich:

Das gilt. Ich will, dass wir jedes Jahr besser werden. Ich wünsche mir einen deutschen Turniersieger und zwei zusätzliche Premium-Sponsoren. Wir wollen weiter Menschen für das Turnier begeistern und es für Hamburg erhalten. Aber wir haben stets gesagt, dass die ersten drei Jahre zur Konsolidierung genutzt werden und wir danach Schritt für Schritt unsere Konzepte umsetzen wollen. Wir messen uns am Feedback, das wir von Besuchern und Partnern erhalten, und mein Eindruck ist: Wir sind auf einem guten Weg.