Die Ronaldos mussten zu Hause bleiben - doch nach einem Superjahr 2009 gehört Brasilien wieder zu den Top-Favoriten.

Rio de Janeiro. Die Familie Dunga schwört sich mit Wir-Gefühl statt Starallüren auf den „Hexa“ ein. Brasiliens Fußballer wollen in Südafrika den sechsten WM-Titel holen, ohne die Fehler der Endrunde in Deutschland 2006 zu wiederholen. „Talent allein reicht nicht mehr. Jetzt müssen sich alle korrekt verhalten, sonst akzeptiert es das Team nicht“, bekundet das Familien-Oberhaupt.

Die Aussage des 46-Jährigen geht klar an ein Duo, das nach dem Viertelfinal-Aus bei der WM 2006 als Sündenbock abgestempelt worden war. Während WM-Rekordtorjäger Ronaldo vom Nachfolger Carlos Alberto Parreiras nie eine Einladung erhielt, schloss sich für Ronaldinho im April 2009 die Selecao-Tür. „Verleitet mich nicht, die Fehler von 2006 zu wiederholen“, appellierte Dunga dann auch vor der Bekanntgabe seines WM-Kaders.

Damals hatte Parreira dem Druck der öffentlichen Meinung nachgegeben, die übergewichtigen Ronaldo und Adriano aufgestellt sowie auf das „magische Quartett“ vertraut.Dunga interessieren aber nur die eigenen Überzeugungen. Das Ergebnis, das funktionierende System kommen vor dem „futebol arte“, der kunstvollen Ballbehandlung. Dass die Menschen am Zuckerhut aber lieber das Spektakel sehen, musste der nach außen oft knorrig wirkende Brasilianer Mitte 2008 erleben, als die positiven Resultate kurzzeitig ausblieben.

Doch die „Adeus, Dunga“-Rufe verstummten noch im gleichen Jahr mit dem 6:2-Testspielsieg über Portugal. Es folgte das Superjahr 2009 mit 14 Siegen in 17 Spielen und nur einer letztlich folgenlosen Niederlage in der Höhe von Bolivien (1:2). Die WM-Qualifikation hakte der Rekordweltmeister mit einem 3:1 bei Erzrivalen Argentinien bereits am viertletzten Spieltag der Eliminatorias ab. Dunga impfte der Startruppe seinen unbedingten Siegeswillen ein, den die Sambakicker bei den nicht gerade mit spielerischem Glanz errungenen Titelgewinnen der Copa America 2007 und des diesjährigen Confed Cup umsetzten.

„Die Fans erfreuen sich heute wieder an der Selecao“, sagt Stammtorhüter Julio Cesar. Schließlich hat Brasiliens abermalige Anwartschaft auf den WM-Titel ein neues Fundament. „Die Favoritenrolle bringt uns aber nirgendwo hin. Man muss auf den Platz gehen und das auch unter Beweis stellen“, mahnt Dunga.

Aus der Stammelf der WM 2006 blieben noch das Innenverteidiger-Paar Lucio und Juan, zuletzt aber häufig verletzt, sowie Regisseur Kaka übrig. Die neuen Gesichter der Selecao heißen Luis Fabiano, Nilmar oder Felipe Melo. Der Hoffenheimer Carlos Eduardo hat den Sprung in den Kader nicht geschafft, Wolfsburgs Grafite durften in den letzten Länderspielen bei der Selecao reinschnuppern und gehört nun zu den Auserwählten. Wolfsburgs Kapitän Josue gehörte stets dem erweiterten Kader an. Andere wie der Ex-Bremer Diego haben dagegen in den 53 Spielen unter Dunga mit über 80 eingeladenen Spieler ihre Chance nicht genutzt.

Der WM-Kader

Tor :

1 Julio César, Inter Mailand, ITA, 03.09.1979

12 Gomes, Tottenham Hotspur, ENG, 15.02.1981

22 Doni, AS Rom, ITA, 22.10.1979

Abwehr:

2 Maicon, Inter Mailand, ITA, 26.07.1981

3 Lúcio, Inter Mailand, ITA, 08.05.1978

4 Juan, AS Rom, ITA, 01.02.1979

13 Daniel Alves, FC Barcelona, ESP, 06.05.1983

14 Luisão, Benfica Lissabon, POR, 13.02.1981

15 Thiago Silva, AC Mailand, ITA, 22.09.1984

16 Gilberto, Cruzeiro Belo, Horizonte, 25.04.1976

Mittelfeld:

5 Felipe Melo, Juventus Turin, ITA, 26.06.1983

6 Michel Bastos, Olympique Lyon, FRA 02.08.1983

7 Elano, Galatasaray Istanbul, TUR, 14.06.1981

8 Gilberto Silva, Panathinaikos Athen, GRE, 07.10.1976

10 Kaká, Real Madrid, ESP, 22.04.1982

17 Josué, VfL Wolfsburg, GER, 19.07.1979

18 Ramires, Benfica Lissabon, POR, 24.03.1987

19 Julio Baptista, AS Rom, ITA, 01.10.1981

20 Kleberson, Flamengo Rio de Janeiro, 19.06.1979

Angriff:

9 Luís Fabiano, FC Sevilla, ESP, 08.11.1980

11 Robinho, FC Santos, 25.01.1984

21 Nilmar, FC Villarreal, ESP, 14.07.1984

23 Grafite, VfL Wolfsburg, GER, 02.04.1979

Trainer:

Carlos Dunga, 31.10.1963