Nach Biathletin Verena Bentele gewinnt Martin Braxenthaler im Slalom der sitzenden Männer die zweite Goldmedaille für Deutschland.
Whistler. Zweimal Gold, aber auch dreimal Blech: Mit höchst unterschiedlichen Emotionen haben die deutschen Athleten das Auftakt-Wochenende der X. Winter-Paralympics in Vancouver erlebt. Die beiden einzigen Medaillen an den ersten beiden Tagen waren dafür aber aus Gold.
In Verena Bentele und Martin Braxenthaler waren es letztlich zwei langjährige Sieggaranten, die dem Deutschen Behindertensportbund (DSB) den goldenen Auftakt bescherten. Im Biathlon gewann die Münchnerin Bentele die 3-km-Verfolgung der sehbehinderten Athletinnen und damit ebenso ihre bereits achte Goldmedaille bei paralympischen Winterspielen wie Braxenthaler (Traunstein) im Slalom der sitzenden Männer.
Es blieben jedoch die beiden einzigen deutschen Medaillen, da Routinier Josef Giesen (48) in der 3-km-Verfolgung der stehenden und Wilhelm Brem in der der sehbehinderten Athleten beim ersten Start ebenso den undankbaren vierten Platz belegten wie am Sonntag die 17 Jahre alte Debütantin Anna Katharina Schaffelhuber (Bayerbach) im Slalom der sitzenden Athletinnen.
Während der langjährige Langlauf-Coach Rolf Hettich als eine von drei Personen und dritter Deutscher in die „Hall of fame“ des Behindertensports aufgenommen wurde, brach Bentele trotz dreier Fehlschüsse den Bann für das deutsche Team. „Das ist ganz toller Tag“, sagte die von Geburt an blinde Athletin nach dem Erfolg mit Begleitläufer Thomas Friedrich.
Dieser verhalf ihr auch zu einem großen Comeback. Bei den deutschen Meisterschaften 2009 in Isny hatte Benteles bisheriger Guide nämlich einen folgenschweren Fehler begangen. „Er hat links und rechts verwechselt“, erzählt Bentele. Sie stürzte in einen Abgrund und erlitt schlimme Verletzungen. Einen Kreuzbandriss, Kapselrisse an zwei Fingern und Verletzungen an der Leber und einer Niere, die letztlich sogar entfernt werden musste.
„Das Ziel war eine Medaille, egal in welcher Farbe. Nun hab ich nach dem ersten von fünf Wettbewerben die optimale Medaille, deshalb hab ich hier nichts mehr zu verlieren“, sagte Braxenthaler: „Als ich nach dem ersten Lauf Zweiter war, habe ich an die WM im Vorjahr gedacht, wo ich zweimal Vierter wurde. Das wollte ich nicht mehr erleben müssen und deshalb gab es nur noch eine Devise: Vollgas.“
Der undankbarste der drei vierten Plätze war der von Giesen. Der contergangeschädigte Biathlet aus Herzlake hatte trotz fehlerfreier Schussrunden am Ende 0,7 Sekunden Rückstand auf den Gewinner der Bronzemedaille, Grigori Wowtschinski aus der Ukraine. „Für mich ist das aber keine Blechmedaille. Ich bin zufrieden“, sagte er. Schaffelhuber war dagegen traurig: „Der vierte Platz ist der blödeste, den man machen kann.“ Auch Brem war enttäuscht, dass es „nur zu Blech“ reichte.
Die deutschen Curler, die erstmals für die Paralympics qualifiziert sind, kamen am Samstag zu einem 10:6-Auftaktsieg gegen Norwegen, verloren einen Tag später trotz 5:3-Führung mit 5:6 gegen den WM-Vierten USA und gewannen schließlich 12:4 gegen Japan. Mit zwei Siegen belegen sie mit drei anderen Teams derzeit Rang zwei hinter den dreimal siegreichen Kanadiern.
Pechvogel aus deutscher Sicht war am ersten Wochenende der fünfmalige Paralympics-Sieger Thomas Oelsner (Oberhof), der als Konkurrent Giesens als 14. das Finale verpasste, da ihm ein Fremdkörper aufs Visier geflogen war. Der sehbehinderte Gerd Gradwohl (Kempten) war nach seinem dritten Rang von Turin vor vier Jahren im Slalom der sehbehinderten Skifahrer diesmal chancenlos und wurde Zehnter. Andrea Eskau (Magdeburg), Paralympics-Siegerin im Sommer mit dem Handbike, belegte bei ihrer Premiere bei Winter-Spielen Rang sechs im Biathlon (2,4 km) und Platz 8 im Langlauf (10 km). Bei Braxenthalers Goldlauf wurde Paralympics-Debütant Thomas Nolte (Braunschweig) 12., Franz Hanfstingl (Rosenheim) kam nicht ins Ziel.
Überragend, ja übermächtig präsentierten sich die Russen, die bereits zehn Medaillen gewannen, davon vier goldene. „Wir wollen unbedingt Erste werden, damit die Fördergelder vor unserem Heimspiel in Sotschi 2014 erhöht werden“, sagte Langlauf-Trainerin Irina Gromowa.