Manfred Amerell will Schiedsrichter Michael Kempter verklagen. Dessen Karriere ist nach der parteiischen Aussage über die Bayern in Gefahr.
Frankfurt/Main. Die Luft wird für Michael Kempter im "Fall Amerell" immer dünner - dem FIFA-Referee droht nach seiner angeblichen „Anti-Bayern-Mail“ offenbar sogar das Karriereende. „Man kann jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen und so tun, als würde diese Mail nicht existieren“, sagte Bayern-Präsident Uli Hoeneß. Auch der dreimalige Weltschiedsrichter Markus Merk äußerte sich skeptisch über Kempters Zukunft: „Für ihn wird es nie mehr so wie früher. Er hat eine schwere Last zu tragen“, sagte Merk der Bild am Sonntag.
Kempter kündigte derweil eine Entschuldigung für die vermeintlich „unbedachte Aussage“ in der Mail an. „Erinnern kann ich mich nicht daran, sie soll ja aus dem Jahr 2007 stammen. Wenn ich doch so etwas geschrieben haben sollte, dann ist diese Aussage unbedacht gefallen“, sagte Kempter der Tageszeitung Die Welt (Montag-Ausgabe): „In diesem Fall werde ich mich bei den Verantwortlichen persönlich dafür entschuldigen.“ Kempter betonte, er habe überhaupt nichts gegen die Bayern. „Im Gegenteil: Ich habe Spiele von ihnen immer sehr gern gepfiffen, weil dieser Verein hochprofessionell geführt ist.“ Der Sauldorfer hat bislang in der Bundesliga fünf Spiele der Münchner gepfiffen: Vier davon gewann der Rekordmeister deutlich, eines endete 0:0. Kempter soll vor dem 0:2 der Bayern in der Champions League am 11. April 2007 gegen den AC Mailand eine Mail an Manfred Amerell geschrieben haben, in der es hieß: „Hoffentlich fliegen die Bayern gleich raus, dann können wir anstoßen.“
Am Wochenende hatte der ehemalige Schiedsrichter-Beobachter Amerell zudem angekündigt, Kempter wegen angeblicher Verleumdung und Rufschädigung auf Schadenersatz in unbestimmter Höhe zu verklagen. „Es geht um die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Kempter hat schlicht die Unwahrheit gesagt. Er hat eine Lawine ins Rollen gebracht, in dessen Ergebnis Herrn Amerell ein Riesenschaden entstanden ist", sagte Amerells Anwalt Jürgen Langer dem SID. Kempter hatte Amerell der sexuellen Belästigung beschuldigt. Die Streitsumme könne er noch nicht beziffern, erklärte Langer weiter. Der Anwalt hatte am Freitag eine Schrecksekunde zu überstehen. Unbekannte hatten in der Nacht versucht, sich mit einem Brecheisen Zutritt zur Kanzlei Paproth, Metzler und Partner zu verschaffen. Für diese arbeitet Langer. „Es gibt hier zwei Türen. Die erste wurde geknackt, die zweite schafften sie nicht“, sagte Lutz Paproth der Süddeutschen Zeitung.
Derweil schlägt die angeblich von Kempter stammende „Anti-Bayern-Mail“ weiter hohe Wellen. Bei der Untersuchung vertraut Hoeneß („Kempter würde es besser so machen wie ich und einfach überhaupt keine Mails schreiben“) dem DFB, der am Freitagabend Untersuchungen eingeleitet hatte. Hoeneß: „Der DFB wird die Dinge in diesem Fall schon richten.“ Manager Michael Meier vom 1. FC Köln befürchtet bereits einen großen Schaden für den Fußball: „Was da veröffentlicht worden ist, immer unter der Prämisse, ob diese Mails denn auch echte sind, halte ich für absolut schädlich. Nicht nur für das Schiedsrichterwesen, sondern für den ganzen deutschen Fußball.“
Trainer Felix Magath von Schalke 04 wollte dagegen die Mail nicht überbewerten. „Der FC Bayern, er polarisiert halt, das will er ja auch. Dass dann in einer Unterhaltung auch mal eine Aussage kommt wie ’Wenn die heute verlieren würden, würde ich mich freuen!’- ich glaube, das ist doch ganz normal“, sagte Magath bei Liga total. Derweil drohte Amerell, der sich außergerichtlich mit dem DFB geeinigt hatte und juristische Schritte gegen die ihn belastenden vier Referees einleiten will, in Richtung Kempter: „Wenn er nicht aufhört zu lügen, dann kann ich ihm ungefähr hundert weitere Mails zeigen. Oder ich werde auf Wunsch den Ordner mit den Mails der FIFA, UEFA und dem DFB zur Verfügung stellen. Gegen den ist ja Münchhausen ein Amateur“, sagte Amerell in der Bild am Sonntag. Der 63-Jährige hält die Karriere von Kempter für beendet. „Angesichts seiner Lügen kann ich mir eine Rückkehr nicht vorstellen“, sagte Amerell der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Kempter erneuerte seine Vorwürfe gegen Amerell in der Welt am Sonntag. Wenn seine Mails einmal nicht anzüglich genug gewesen seien, soll Amerell laut Kempter gedroht haben: „Ich nehme dir die Spiele weg.“ Nach Informationen der Zeitung wird Kempter derzeit vom Nationalmannschafts-Psychologen Hans-Dieter Hermann betreut. Ligaverbands-Präsident Reinhard Rauball hatte nach den neuen Entwicklungen um Kempter eine Aussprache bei der DFB-Präsidiumssitzung am kommenden Freitag angekündigt. Dort soll auch die Reform für das Schiedsrichterwesen auf den Weg gebracht werden. Eine Gruppe mit dem designierten neuen Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel („Wir stellen um auf Teamarbeit“) an der Spitze hat neue Richtlinien erstellt, die mehr Transparenz und weniger Abhängigkeiten garantieren sollen.