Der Streit um den Schiedsrichter spitzt sich zu. Während DFB-Präsident Theo Zwanziger mit Rücktritt droht, greift Amerell jetzt seine Kritiker an.
München. Im sogenannten Sitten-Skandal um den früheren Schiedrichterbeobachter Manfred Amerell spitzt sich die Situation zu. DFB-Chef Theo Zwanziger drohte am Donnerstag mit Rücktritt, sollte der Deutsche Fußball-Bund einen gegen Amerell angestrengten Gerichtsprozess verlieren. Amerell wiederum attackierte jetzt auf FIFA-Referee Michael Kempter warf diesem vor: „Kempter hat mich für seine eigenen Motive, für seine Karriere benutzt".
Das Münchner Landgericht verhandelt derzeit Amerells Antrag auf Unterlassung. Danach soll der DFB nicht mehr öffentlich behaupten dürfen, der frühere Schiedsrichter-Funktionär habe in der Vergangenheit mehrere Unparteiische bedrängt und/oder belästigt. Der 62-Jährige will in dem Zivilverfahren eine einstweilige Verfügung erreichen, wonach der DFB nicht mehr von „sexueller Belästigung und Übergriffen“ in Bezug auf seine Person sprechen darf. Gegen Amerell gibt es Vorwürfe von Kempter und drei weiteren Unparteiischen.
Amerell: „Ich unterstelle Kempter, dass er in einer Dreistigkeit lügt, wie ich es in meinem Leben noch nicht gehört habe.“ So liegt der Süddeutschen Zeitung einem eigenen Bericht zufolge eine Mail von Kempter an Amerell vom 21. Oktober 2008 - drei Tage nach dem Erstligaspiel zwischen Werder Bremen und Borussia Dortmund - vor. Darin soll von „Schatz“ und „gemeinsam verbrachter Zeit“ die Rede sein. Damit wäre die Glaubwürdigkeit des DFB-Kronzeugen Kempter empfindlich beeinträchtigt.
Gegen Kempter selbst gibt es einen Vorwurf eines Schiedsrichterassistenten, dass Kempter sich diesem am 13. Mai 2009 „genähert“ haben soll. Kempter bestreitet dies und hat bislang Rückendeckung vom DFB erhalten. Es gebe keinen Fall Kempter, sagte Ralf Köttker, Geschäftsführer Medien beim DFB. Kempter soll vielmehr am Sonntag auf den Fußball-Platz zurückkehren. Der 27-Jährige aus Sauldorf soll wahrscheinlich die Zweitliga-Partie Union Berlin gegen Fortuna Düsseldorf leiten.
DFB-Chef Theo Zwanziger hatte dem "kicker" gesagt: „Wenn wir diesen Prozess verlieren, muss ich selbstverständlich sofort von meinem Amt als DFB- Präsident zurücktreten.“ Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes geht allerdings davon aus, dass es nicht zu einem Prozess kommt. Der DFB hat den Fall Amerell bereits vor zwei Wochen abgeschlossen und geht davon aus, dass der Eilantrag des 63-Jährigen abgelehnt wird. Sollte der Ex-Referee Recht bekommen, hält Zwanziger Konsequenzen für unvermeidbar. „Dieser Fall träte ein, wenn die Aussagen aller jungen Schiedsrichter, die wir zu schützen haben, und ihre eidesstattlichen Erklärungen falsch wären. Denn dann wäre Herr Amerell das Opfer“.
FIFA-Schiedsrichter Michael Kempter hatte im Dezember vergangenen Jahres den Fall ins Rollen gebracht und zusammen mit vier weitere Referees Amerell Vorwürfe der sexuellen Belästigung und Übergriffe per eidesstattlicher Erklärung festgehalten. Amerells Münchner Anwalt Jürgen Langer wirft dem DFB vor, Fakten zu verschweigen und zu vertuschen, und verlangt Akteneinsicht. Amerell war am 12. Februar zurückgetreten und bestreitet alle Vorwürfe.
Als „zentrale Figur einer Schmutz- und Hetzkampagne“ hat Langer den früheren Schiedsrichter Franz-Xaver Wack angeprangert. Der Münchner Zahnarzt versteht sich bei der Aufklärung der delikaten Affäre als „Vertrauensmann“ der jungen Schiedsrichter. Wack soll vom DFB Akteneinsicht erhalten haben. Seine Behauptung, DFB- Schiedsrichter-Chef Volker Roth habe schon vor fünf Jahren von den angeblichen Neigungen gewusst, begegnete Roth mit einer Klage- Androhung.