Bis zum letzten Jahr hatte er noch gehofft - am Ende musste sich Velyky dem Hautkrebs geschlagen geben. Er starb mit 32 Jahren.
Hamburg/Innsbruck. Der Handball-Nationalspieler des HSV Hamburg starb in der Nacht zum Sonnabend in Kiew im Kreis seiner Familie. Er wurde nur 32 Jahre alt. Velyky hinterlässt Frau Katarina und seinen sechsjährigen Sohn Nikita.
Im September 2003 war bei Velyky zum ersten Mal ein malignes Melanom diagnostiziert worden. Es wurde operativ entfernt, im Januar 2004 begann er eine 18-monatige Therapie, die zuerst erfolgreich zu sein schien. 2008 kehrte der Hautkrebs zurück. Am 3. März des Jahres musste er sich einer erneuten Operation unterziehen, sechs weitere sollten folgen. Am Ende schlug keine Therapie mehr an. Als keine Hoffnung mehr bestand, kehrte Velyky mit seiner Familie zu Weihnachten in seine Heimat zurück.
Die Nachricht seines Todes hat beim HSV Hamburg, der Nationalmannschaft und der gesamten Handballszene große Bestürzung ausgelöst. Velyky war wegen seiner bescheidenen Art bei allen äußerst beliebt. Als Spielmacher galt er als einer der besten der Welt, genial als Regisseur, konsequent als Vollstrecker. Bei der Europameisterschaft 2000 wurde er im Trikot der Ukraine Torschützenkönig, am 1. April 2004 nahm er die deutsche Staatsbürgerschaft an. Für die deutsche Handball-Nationalmannschaft warf er in 38 Länderspielen 123 Tore. Sein letztes Spiel für Deutschland bestritt er im Januar 2008 bei der EM in Norwegen gegen Weißrussland. Nach vier Minuten und zwei Toren riss er sich das Kreuzband des rechten Knies. Es sollte eines seiner letzten Handballspiele sein.
„Es ist ein großer Schock für uns alle“, sagte HSV-Nationalspieler Pascal Hens, „wir wussten, dass mit dieser Nachricht täglich zu rechnen war. Oleg hatte sich zuletzt mehr und mehr zurückgezogen. Er hatte keine Kraft mehr, selbst zum Telefonieren nicht. Dabei war er ein großer Kämpfer und hatte sich mit unglaublicher Energie gegen seine Krankheit gestemmt. Das haben wir immer wieder bewundert. Wir hatten deshalb die Hoffnung, dass er es schaffen würde. Jetzt sind wir alle unendlich traurig. Wir werden Oleg nie vergessen.“
Im Januar 2008 war Velyky von den Rhein-Neckar Löwen nach Hamburg gewechselt. Für seinen neuen Klub sollte er nur noch wenige Spiele bestreiten können. Im März 2009 gab er in der ausverkauften Color-Line-Arena für den HSV sein Debüt gegen den deutschen Rekordmeister THW Kiel. Die Zuschauer feierten ihn enthusiastisch, und Velyky gestand hinterher, dass es eines der emotionalsten Momente seiner Karriere war. „Schon beim Aufwärmen lief es mir eiskalt den Rücken herunter, als die Fans meinen Namen gerufen haben“, erzählte Velyky nach dem Spiel. Er hatte sich über sein Comeback gefreut wie ein Kind auf Weihnachten, und wie er später mit geröteten Wangen vor der HSV-Kabine stand und seinen Gefühlen freien Lauf ließ, hatte allen, die ihm zuhörten, die Zuversicht vermittelt, dass er den Kampf gegen die heimtückische Krankheit doch noch gewinnen würde. Gegen Balingen-Weilstetten warf er für den HSV im vergangen Mai seine ersten Bundesliga-Tore (insgesamt sechs in vier Spielen), und auch an der Vorbereitung auf die neue Saison nahm er im Juli und August noch teil. Er musste sie vorzeitig beenden, der Krebs hatte sein zerstörerisches Werk fortgesetzt. Im Dezember besuchte er ein letztes Mal ein HSV-Spiel in der Color-Line-Arena. Seine Haare wuchsen nach einer erneuten Chemotherapie wieder, aber die, die ihn kannten, wussten, dass es kein gutes, sondern ein schlechtes Zeichen war. Velyky hatte die Behandlungen abgebrochen. Er war bereit zum Sterben.
Der HSV Hamburg und sein Präsident Andreas Rudolph haben Velyky auf seinem langen Leidensweg in jeder Phase unterstützt, materiell und moralisch. Velyky war stets Teil des Teams, sein Name wurde bei jeder Mannschaftsaufstellung in der Color-Line-Arena genannt. Das war mehr als eine Geste, Mannschaft und Umfeld haben diese Beziehung gelebt. „Der HSV hat Vorbildliches geleistet. Dafür danken wir dem Verein, seinen Fans und vor allem Herrn Rudolph. Dieses Engagement hat gezeigt, dass es im Hochleistungssport noch Platz für Menschlichkeit und Anstand gibt“, sagte Ulrich Strombach, der Präsident des Deutschen Handballbundes (DHB), am Sonnabend bei der EM in Innsbruck.
Die Solidarität zu Oleg Velyky geht beim HSV über dessen Tod hinaus. Der Verein hatte die Verträge so gestaltet, dass Velykys Familie auch künftig keine Not leiden muss. Als Andreas Rudolph vor der laufenden Spielzeit nach seinem größten Wunsch gefragt wurde, sagte er: „Ich hoffe, dass Oleg Velyky wieder gesund wird.“ Er ging nicht in Erfüllung. „Wir sind tief erschüttert“, sagte Rudolph nach Erhalt der Todesnachricht. „Die gesamte Handballwelt verliert mit Oleg Velyky eine große Persönlichkeit. Ich bin in meiner Trauer und mit all meinen Gedanken bei Olegs Familie und Angehörigen.“ Die Beisetzung findet am Montag in Velykys Geburtsort Browary statt. Vom HSV wird der sportliche Leiter Christian Fitzek teilnehmen. Auch der frühere Kreisläufer Dimitri Torgowanow, ein enger Freund Velykys, wohnt der Zeremonie bei.