Krebskranker Rückraumspieler der Hamburger steht beim 34:21-Erfolg gegen Balingen im Mittelpunkt und wird von den Fans in der Color-Line-Arena frenetisch gefeiert.
Hamburg. Genau 13 Minuten waren gespielt, da erhoben sich die Zuschauer in der Color-Line-Arena von ihren Klappsitzen. Das Handballgeschehen hatte dazu bis dahin keinen Anlass geboten. Der HSV hatte sich mit Mühe eine 5:4-Führung gegen HBW Balingen erkämpft. Doch darum ging es nun nicht mehr. Denn die Geschichte dieses Bundesligaspiels würde eine sein, in der das Ergebnis, das am Ende 34:21 (17:8) für die Hamburger lautete, nur noch eine Fußnote ist.
Es war der Moment, in dem Oleg Velyky wieder die Bretter betrat, die ihm alles bedeuten. Ein einziges Spiel hatte der krebskranke Rückraummann bis dato bestreiten können, seit er im Januar 2008 zum HSV gewechselt war. Doch jener Kurzeinsatz gegen den THW Kiel am 14. März dieses Jahres schien bis auf Weiteres sein letzter zu bleiben. Kurz danach hatte sich der Nationalspieler einer erneuten Operation unterziehen müssen.
Am Wochenende dann, beim Champions-League-Aus in Ciudad Real, begleitete Velyky die Mannschaft, er trainierte sogar mit, doch einen weiteren Einsatz schlossen die Vereinsoffiziellen für absehbare Zeit aus. Deshalb ist sein Comeback als Sensation zu bezeichnen. Mit kahl geschorenem Kopf und erkennbar geschwächt, übernahm der 31-Jährige die Rolle des Spielmachers von Guillaume Gille.
Natürlich gelang Velyky nicht alles, aber darum ging es nicht an diesem Abend, und es war gegen die auf fast schon Mitleid erregende Weise berechenbaren Balinger auch gar nicht nötig. Doch je länger das Spiel lief, umso mehr gehörte es Velyky. Er lenkte das Spiel, setzte seine Nebenleute in Szene, und praktisch mit der Halbzeitsirene gelang ihm mit einem Sprungwurf sogar sein erstes Tor für den HSV, und wieder erhoben sich die Zuschauer zu den Klängen von "Music" von John Miles, die nun zum ersten Mal ertönten. Ob und wann es eine Wiederholung gibt, darauf will sich beim HSV niemand festlegen. Eine neue Therapie habe angeschlagen, einige Metastasen, die der Hautkrebs gestreut hatte, seien verschwunden.
Trotz vieler Rückschläge immer wieder aufzustehen: Velyky hat der Mannschaft gestern auch darin den Weg gewiesen. Sein Comeback könnte der Impuls gewesen sein, den es gebraucht hat, um nach den geplatzten Meisterschafts- und Champions-League-Träumen am Wochenende bei der Pokalendrunde die letzte Titelchance zu ergreifen. (jd/rg/leo)
Tore, Hamburg: Flohr 6, M. Lijewski 5, Lackovic 4, Schröder 4, Lindberg 4 (3 Siebenmeter), K. Lijewski 3, Grundsten 3, Velyky 2, G. Gille 2, Niemeyer 1; Balingen: Strobel 7, Lobedank 3, Brack 3 (1), Cho 2 (1), Feliho 1, Ettwein 1, Weber 1, Müller 1, Ilitsch 1, Wagesreiter 1. Schiedsrichter: Schaller/Wutzler (Leipzig/Frankenberg). Z.: 7443. Zeitstrafen: 3; 7.