Die Gilles greifen mit Frankreich nach dem historischen Tripel. Auch ihre Kollegen haben viel vor. Schwalb spricht über seine Hamburger.
Hamburg. Martin Schwalb wird ab morgen genau hinschauen. Für die ARD analysiert der Trainer des HSV Hamburg die Spiele der deutschen Handballer bei der Europameisterschaft in Österreich, von Moderator Gerhard Delling als Stichwortgeber in Szene gesetzt. Die Neutralität zu wahren wird für Schwalb im Turnierverlauf wohl die schwierigste Aufgabe sein: Elf seiner Profis kämpfen um Medaillen. "Es würde mich sehr wundern, wenn keiner der Jungs mit Gold zurückkehrt", sagt Schwalb. Für seine Franzosen wäre es, nach WM- und Olympiasieg, das historische Tripel. Die Aussichten der HSV-Elf.
Torsten Jansen (33): Nach Lebens- und Dienstjahren erfahrenster Spieler im Nationalteam, hat deshalb Anspruch auf Altersteilzeit. Bundestrainer Heiner Brand verordnete ihm im Training ein Schonprogramm, nachdem Jansen beim HSV zuletzt ausgezehrt wirkte. Die Linksaußenposition teilt sich Jansen erstmals mit dem Mannheimer Uwe Gensheimer, der Jansens Freund Dominik Klein in der Vorbereitung den Rang ablief.
Johannes Bitter (27): Der linke Ellbogen schmerzt zwar nicht mehr, aber noch hat Deutschlands Nummer eins das Vertrauen in die Haltbarkeit seines kürzlich operierten Gelenks offenbar nicht zurückgewonnen. Das aber wird nötig sein, soll seine Prognose nicht allzu wahr werden: "In dieser unfassbar schweren Gruppe wird es schon sehr schwierig, die Zwischenrunde überhaupt zu erreichen."
Stefan Schröder (28): Bei der EM 2008 durfte der Rechtsaußen erst spielen, als im Grunde alles vorbei war. Die WM 2009 war für ihn wegen Erkrankung im Grunde schon vorbei, kaum dass er einmal spielen durfte. Die Olympischen Spiele erlebte er aus der Ferne, den WM-Heimsieg 2007 von Nahem, aber doch nur als Zuschauer. Jetzt will Schröder endlich seinen Frieden mit der Nationalmannschaft schließen. Seine Einsatzchancen im Vergleich mit Kiels Christian Sprenger dürften jedenfalls besser stehen als beim HSV, wo er hinter Hans Lindberg Nummer zwei ist.
Guillaume Gille (33): Der HSV-Kapitän kam beim Vorbereitungsturnier der Franzosen am Wochenende in Paris (37:20 gegen Brasilien, 35:25 gegen Island) nicht zum Einsatz. Eine Vorsichtsmaßnahme: Gille leidet an einer Bauchmuskelzerrung. Wenn er fit ist, gehört er auch nach 14 Jahren zumindest in der Abwehr noch zum Kern der Nationalmannschaft. Vorn ist sein Pech, Lichtgestalten wie Nikola Karabatic, Daniel Narcisse und Jérome Fernandez vor sich zu haben. Je taktischer Trainer Claude Onesta spielen lässt, desto länger dürfte seine Einsatzzeit sein.
Bertrand Gille (31): Ein normaler Mensch würde an seiner Stelle jede Belastung vermeiden, fünf Monate nach einer Operation an der Achillessehne. Aber weil Bertrand Gille kein normaler Mensch und auch kein normaler Handballer ist, wird er bei der EM wieder am Kreis stehen. Er wäre im Team der Franzosen vermutlich auch mit einem Bein konkurrenzlos. Die WM 2009 hatte er ausgelassen, um fit zu werden. Die EM 2010 will er spielen, um fit zu werden.
Domagoj Duvnjak (21): Vor einem Jahr drängte er Kroatiens angeschlagenen Nationalhelden Ivano Balic ins Abseits. Der ist nun wieder fit, was Duvnjaks Spielanteile auf der Mitte etwas schmälern könnte. Umso wichtiger könnte sein Können im halblinken Rückraum werden, weil ...
Blazenko Lackovic (29): ... plötzlich um seine Turnierteilnahme bangen muss. Bei einem Lokalbesuch erlitt Lackovic eine tiefe Schnittwunde in der linken Hand, als er sich auf ein Weinglas stützte. Das Missgeschick wird ihn wohl etliche Nerven und zumindest die Vorrunde kosten.
Igor Vori (29): Bei der WM 2009 wurde der Kreisläufer zum wertvollsten Spieler gewählt. Der Titel würde ihm auch beim HSV bereits in seiner ersten Bundesligasaison zustehen, was beweist, dass er auch ohne Balics kongeniale Anspiele eine Wucht ist.
Marcin Lijewski (32): Der polnische Halbrechte hat nach seiner Mandeloperation noch einen dicken Hals. Eine rasche Genesung vorausgesetzt, ist er wie immer ein Anwärter auf das All-Star-Team - wenn ihm nicht der kleine Bruder den Platz streitig macht.
Krzysztof Lijewski (26): Die Frage ist nicht mehr, ob ihm der große internationale Durchbruch gelingt, sondern wann. Die EM wäre ein guter Anlass. Beim HSV sprang er zuletzt eindrucksvoll für seinen Bruder in die Bresche.
Hans Lindberg (28): Steckt mitten in der stärksten Saison seiner Karriere. Beim HSV ist der Rechtsaußen der meistgesuchte Vollstrecker. Beim Titelverteidiger Dänemark ist das Angriffsspiel in Ermangelung eines starken Halbrechten allerdings weniger auf ihn zugeschnitten.