Mittelfeldallrounder Florian Bruns spielt beim FC St. Pauli derzeit quasi auf Bewährung - so sah es sein Einjahresvertrag vor. Doch er hat sich zum Führungsspieler gemausert. Dennoch wartet der 29-Jährige bislang vergeblich auf ein Vertragsangebot.

Hamburg. "Wenn alles so bleibt, wie es zuletzt war, werden wir uns am Saisonende trennen müssen." Ein Satz, gesagt von Florian Bruns, Mittelfeldspieler des FC St. Pauli. Und ein Zitat, das verwundert, wenn man den Zeitpunkt der Aussage nicht kennt.

Es war Anfang August 2008, als Bruns im Gespräch mit dem Abendblatt diese gleichermaßen mutige wie realistische Prognose wagte. Der heute 29-Jährige hatte eine durchwachsene Saison hinter sich, sein Verbleib beim FC St. Pauli war lange unklar gewesen. Bruns wollte bleiben, doch der Verein ließ sich Zeit und schaute sich nach Alternativen um, ehe der Profi am Ende doch noch einen Jahresvertrag erhielt. "Das war damals die von beiden Seiten angestrebte und rückblickend auch vollkommen richtige Lösung", erinnert sich Bruns zurück und erklärt: "Es ging für mich ja nicht darum zu bleiben, nur um das schöne Hamburg weiter zu genießen. Es musste eine Entwicklung erkennbar sein. "

Zwölf Monate auf Bewährung, und die Auflagen hat er längst erfüllt. Der Kurzarbeiter der letzten Saison (nur fünf Spiele über die volle Distanz) wurde in diesem Jahr zum Top-Torschützen (sechs Treffer) und Leistungsträger seiner Mannschaft. Nur Torwart Mathias Hain, Carsten Rothenbach (beide 25) und Alexander Ludwig (24) kommen nach dem 25. Spieltag auf mehr Einsätze als der 23-Jährige, dessen Entwicklung in den letzten beiden Partien zusätzlich durch die Kapitänsbinde am Arm dokumentiert wurde.

"Ich bin jetzt endlich Stammspieler", sagt Bruns, "Ich habe alles umgesetzt, was ich mir vor der Saison vorgenommen habe." Bruns ist angekommen beim FC St. Pauli, wirkt zielstrebiger, irgendwie erwachsener. Der unbekümmerte Offensivspieler von einst ist zur Führungskraft gereift. Nicht zufällig brachte er seine Qualitäten zuletzt als Stratege im defensiven Mittelfeld ein.

Um so erstaunlicher, dass seine Zukunft noch völlig offen ist. Während mit Carsten Rothenbach, Ralph Gunesch, Marcel Eger, Timo Schultz und Jan-Philipp Kalla längst verlängert wurde, herrscht zwischen Bruns und Sportchef Helmut Schulte Funkstille. "Es hat noch kein Gespräch stattgefunden", bestätigt Bruns, dem die ansonsten stets fröhlichen Gesichtszüge bei dem Thema deutlich entgleiten.

Zwar bleibe St. Pauli trotz der überraschenden Passivität sein erster Ansprechpartner, "doch nach einem vernünftigen Jahr bieten sich für mich natürlich auch andere Optionen. Ich bin im besten Fußballeralter. Und irgendwann muss ich etwas in der Hand halten, sonst stehe ich ab dem 1. Juli ohne Vertrag da. Wenn der Verein sich nicht bewegt, ist es doch legitim sich andere Dinge anzuhören."

Immerhin die Trainer haben ihre Wertschätzung und ihre Zufriedenheit über das einstige Sorgenkind bereits zum Ausdruck gebracht. "Ich spüre das Vertrauen, Holger Stanislawski gibt mir das Gefühl, wichtig für die Mannschaft zu sein." Stanislawski hinterfragte sich selbst, räumte dem gebürtigen Oldenburger Bruns mehr Chancen ein und zeigte dem Linksfuß Perspektiven und Lösungsmöglichkeiten auf. Sein Spieler dankte es ihm mit Konstanz. Der Coach als erfolgreicher Bewährungshelfer.

Und so würde Bruns auch gern am Millerntor bleiben, zumal weder der Abschied von Filip Trojan noch ein möglicher von Alexander Ludwig den vielseitigsten Akteur im Kader - spielte in dieser Saison bereits auf fünf verschiedenen Positionen - bei seiner Entscheidung beeinflussen. Hinhalten lassen wie 2008 wird er sich nicht mehr, ein Jahresvertrag steht nicht zur Debatte. Bruns hat die Vorgaben erfüllt, jetzt ist der Verein am Zug.