Ein umstrittener Elfmeter leitete das 1:3 gegen Wolfsburg ein. Sünder Dennis Aogo: “Das war entscheidend!“

Hamburg. Die Festung Volkspark ist gefallen. Die letzte Heimniederlage der Hamburger datierte vom 7. Mai 2008, eine 1:2-Niederlage gegen Werder Bremen. Danach folgten ein Sieg gegen den KSC zum Saisonabschluss und in dieser Serie zehn Spiele in Folge ohne Niederlage. 990 Minuten lang mussten die HSV-Fans daheim keine Niederlage mehr ertragen - doch nun gab wieder einmal Angstgegner VfL Wolfsburg seine Visitenkarte in Hamburg ab. Die Niedersachsen beendeten die Erfolgsserie des HSV absolut humorlos, sie gewannen 3:1 und dürfen nun auch noch von der Meisterschaft träumen.

Eine halbe Stunde vor dem Anpfiff in der Nordbank-Arena: Wolfsburgs Co-Trainer Seppo Eichkorn lief mit der Aufstellung über den Kabinengang, sah seinen Chef Felix Magath und drückte ihm wortlos das Stück Papier in die Hand. Magath, HSV-Held aus früheren Tagen, blickte auf die Elf des HSV und sagte erstaunt: "Oha, hat er doch Mladen Petric draußen gelassen, das ist eine Überraschung." Mit "er" war Martin Jol gemeint. Der HSV-Trainer hatte sein torgefährliches Sturm-Duo Petric/Olic für den Erfolg auseinander gerissen, doch es nützte nichts. Es war ein Spiel mit einem Hauch von "Täglich grüßt das Murmeltier", denn: Es lief wie im Hinspiel, das die Hamburger am 21. September glatt mit 0:3 verloren hatten. Der HSV trat zwar auch diesmal gefällig und engagiert auf, hatte auch die erste Tormöglichkeit in dieser Partie, aber die Treffer erzielten die Niedersachsen.

Auch deshalb, weil Schiedsrichter-Assistent Christian Schräer einen Strafstoß für den VfL "pfiff". Als Dennis Aogo dem Wolfsburger Dzeko im HSV-Strafraum ans Trikot griff, schwieg die Pfeife des Unparteiischen Guido Winkmann zunächst, doch Schräer fuchtelte mit der Fahne in der Luft herum, ging anschließend auf die Torauslinie. Damit bedeutete er seinem Chef: Elfmeter. Es war der frühe Knackpunkt in dieser Partie. "Dieser Strafstoß war ganz entscheidend für den weiteren Spielverlauf", sagte Martin Jol und ergänzte: "Ich weiß nicht, ob man ihn geben muss. Das Trikot des Wolfsburgers war zwar oben an seiner Schulter, aber das gibt es doch in jedem Spiel einige Male." Diesem Urteil schloss sich die deutsche Fußball-Lichtgestalt an. Franz Beckenbauer beim TV-Sender Premiere: "Wenn du so einen Elfmeter gibst, dann musst du in jedem Spiel zwölf geben."

Dennis Aogo, der HSV-Sünder, der in diesem Spiel viel Lehrgeld bezahlen musste, gab geknickt zu: "Ich suchte den Körperkontakt zu Dzeko, aber das ist alltäglich in der Bundesliga. Für mich war das kein Elfmeter, aber der war dann entscheidend."

Weil Wolfsburg bärenstark spielte, clever und cool. Zudem war die VfL-Offensive mit den überragenden Stürmern Grafite und Dzeko kaum zu kontrollieren. Sportchef Dietmar Beiersdorfer gab ehrlich zu: "Wir haben uns heute selbst besiegt. Erst der Elfmeter, der für mich keiner war, dann verletzte sich Guy Demel unmittelbar vor dem 0:2 - dann waren wir geschockt."

Fazit von Trainer Jol: "Wir haben mit Leidenschaft gekämpft, aber nicht intelligent genug gespielt." Zuspruch kam indes von Fan-Vorsänger Lotto King Karl: "Der HSV steht nur einen Punkt hinter dem Spitzenreiter Hertha auf Platz zwei, es ist nichts passiert, noch immer ist alles möglich."

Zunächst geht es aber im Pokal-Viertelfinale am Mittwoch (19 Uhr) daheim gegen Wehen Wiesbaden. Die Zweitliga-Mannschaft sah das Wolfsburg-Spiel gestern in der Arena. Als Erkenntnis werden die Gäste mitnehmen, dass eine Sensation möglich ist. Der HSV jedenfalls sollte gewarnt sein.