Für Werder Bremen geht es um die Champions League, für den HSV um die Europa League. Das Derby verspricht heiß zu werden.
Bremen/Hamburg. Klaus Allofs spricht von einem echten Knaller, Ruud van Nistelrooy will ein „Wunder an der Weser“: Im 92. Bundesliga-Nordderby zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV geht es um Millionen-Einkünfte aus Europas Topwettbewerben. Bei einem Sieg am Samstag (15.30 Uhr, im Liveticker auf abendblatt.de) spielt Werder zum sechsten Mal unter Trainer Thomas Schaaf in der Champions League. Der HSV braucht ebenfalls drei Punkte und muss bei einem um fünf Tore besseren Torverhältnis zum VfB Stuttgart auf eine Niederlage der Schwaben in Hoffenheim hoffen - sonst ist die Europa League weg.
Dazu kommt die Erinnerung an das 19-Tage-Trauma des HSV aus dem Vorjahr, als Werder die Hamburger aus dem Titelrennen, DFB- und UEFA-Pokal warfen. „Viel mehr Brisanz könnte in einem Derby nicht sein“, sagt Werders Geschäftsführer Allofs. „Diese vier Spiele aus dem letzten Frühjahr bedeuten aktuell überhaupt nichts. Die helfen uns nicht mehr“, behauptet er. HSV-Vorstandschef Bernd Hoffmann weiß aus der Vergangenheit: „Zum Schluss ist Bremen immer da“. Der zuletzt viel Kritisierte hätte aber nichts dagegen, eine chaotische Saison ausgerechnet beim Nordrivalen zu einem guten Ende führen zu können.
Da will Werder aber nicht mitmachen. Man müsse nur auf die Tabelle mit dem glänzenden Rang drei und dem Looser-Platz sieben schauen, meint Torsten Frings, dann wisse man, wer die Nummer eins im Norden ist: „Der HSV wird uns nicht so schnell überholen.“ Und dennoch sagt der heimliche Chef der Bremer: „Jetzt haben sie eine Chance, uns eins auszuwischen“. Genau das plant Zwei-Wochen-Coach Ricardo Moniz, der nach der Ablösung von Bruno Labbadia Spaß und Trainingseifer an den Volkspark zurückbrachte. Rache sei eine schlechte Motivation, auch wenn viele Profis und Fans die Erinnerungen an die Provokationen von Werders Tim Wiese nicht vergessen können. Dem Keeper, der mit einer fehlerlosen Leistung auch um die Nummer 1 im WM-Team kämpfen will, droht im eigenen Stadion ein Pfeifkonzert der 3500 HSV-Anhänger.
Beide Vereine appellieren seit Tagen an die verfeindeten Fan- Gruppen, das Last-Minute-Match um Europa friedlich zu begleiten. Bremer und Hamburger werden von der Polizei strickt getrennt, Choreographien sind aus Sicherheitsgründen verboten, und die Bahn hat Alkohol in ihren Zügen untersagt. Weil gefälschte Tickets aufgetaucht sind, werden die Einlasskontrollen verschärft. Die negativen Erlebnisse dürften nicht „zur Besessenheit werden, sie sollen uns nur positiv inspirieren. Wir wollen unseren dominanten Spielstil nach dem 4:0 gegen Nürnberg auch auswärts ausbauen“, sagte Moniz, für den Bremens kontinuierliche Personalpolitik ein „großes Beispiel“ ist. „Aber wir glauben an unsere eigene Kraft.“
Der Niederländer, der mit einem Sieg an der Weser eine Außenseiterchance auf den Cheftrainerjob an der Elbe haben könnte, lässt auf den Charakter der Mannschaft nichts kommen: „Wir hatten mit Rafael van der Vaart einmal ein Naturtalent, alle anderen mussten sich alles erarbeiten. Diese Arbeitskultur hat immerhin zu zwei Halbfinals in Europa gereicht“, verteidigte er die gescholtenen Profis, die zuletzt 2007 mit zwei van-der-Vaart-Toren in Bremen siegten. Kapitän David Jarolim und Co. wollen deshalb weiter mit ihm arbeiten.
Im 54. Pflichtspiel der Saison geht es auch darum, ob der HSV seinen 48-Millionen-Euro-Kader demnächst noch bezahlen kann. Auch für Allofs ist Rang drei mit Blick auf große Fußball-Abende in der Königsklasse und Gegner der Weltklasse „mit viel Fantasie verbunden“. Nur sechs Millionen weniger muss der kleine Nordrivale an Gehältern zahlen, bekommt aber aus Stadion-, Marketing- und Merchandising-Einnahmen deutlich weniger in die Kasse. „Es ist fantastisch, so ein Spiel zu haben“, sagte Schaaf vor dem mit 41.150 Zuschauern ausverkauften Saisonfinale. Mit 32 Punkten aus den letzten 13 Partien haben sich die Bremer zwei Punkte Vorsprung auf Leverkusen erarbeitet und wollen Platz drei auf keinen Fall mehr abgeben.