Dennis Aogo steht überraschend im 27 Mann großen, erweiterten WM-Kader. Ob der HSV-Star mit nach Südafrika darf, ist aber noch unklar.
Hamburg. Dennis Aogo glaubt an Gott. Täglich studiert der Sohn einer deutschen Mutter und eines nigerianischen Vaters die Bibel. "Der Glaube gibt mir Kraft", sagt der Linksverteidiger vom HSV. Vor allem dann, wenn ihm selbst manchmal der Glaube an der Erfüllung irdischer Wünsche fehlt. Wie vor der Nominierung des vorläufigen 27 Mann umfassenden WM-Kaders, die am Donnerstag mit seiner Nominierung eine der größten Überraschungen parat hielt. "Ich hatte mir keine Hoffnungen gemacht. Deshalb kam der Anruf so überraschend. Ich hatte nicht damit gerechnet", erzählt Aogo, der sogar schon seinen Sommerurlaub mit Freunden und Familie auf Mallorca gebucht hatte. "Assistenztrainer Hansi Flick hatte mich am Dienstagabend angerufen und mir die freudige Botschaft überbracht. Ich war am Telefon eher gefasst, habe den Coolen gespielt. Ich wollte mir nichts anmerken lassen. Aber als ich aufgelegt habe, bin ich vor Freude in die Luft gegangen." Deshalb störte es auch wenig, dass er den schönen Trip auf die Balearen-Insel jetzt stornieren musste. Im Gegenteil: "Alle haben dafür Verständnis. Das ist einer der schönsten Tage in meinem Leben."
Ein Tag, den er sich laut Bundestrainer Joachim Löw verdient hat: "Ich denke, dass wir gesehen haben, dass Dennis Aogo als Abwehrspieler über sehr gute technische Fähigkeiten verfügt. Er hat eine gute Spielauslösung von hinten." Auch wenn dem im Laufe dieser Saison nicht immer so war, wie HSV-Interimstrainer Ricardo Moniz verrät: "Dennis hatte einige Zweifel. Ich habe ihm dann immer gesagt, er soll das machen, was ihn als Fußballer so speziell macht. Und das hat er zuletzt toll umgesetzt. Die Nominierung ist gut. Gut für ihn - und gut für den HSV."
Neben Aogo sind drei weitere HSV-Profis vorläufig nominiert
Zumal er nicht als einziger HSV-Profi dabei ist. Neben Aogo nominierte Bundestrainer Löw in Stuttgart auch die Hamburger Jerome Boateng, Marcell Jansen und Piotr Trochowski - die ihrerseits allesamt gefasster mit der Neuigkeit umzugehen wussten. Jerome Boateng, der gestern von gratulierenden Mitspielern auf der Massagebank von seiner Nominierung erfuhr, sprach von einem "schönen Gefühl". Und davon, jetzt auch unbedingt im endgültigen Kader dabei sein zu wollen, zumal die Weltmeisterschaft auf dem Heimatkontinent seines ghanaischen Vaters stattfindet.
Währenddessen sprach Piotr Trochowski davon, die Berufung ins vorläufige Aufgebot erwartet zu haben. "Ich habe meinen Anteil an der erfolgreichen Qualifikation. Warum hätte ich nicht dabei sein sollen? Ich hatte ganz fest damit gerechnet." Dass er in den letzten Wochen und Monaten nach Schwierigkeiten mit dem inzwischen beurlaubten Trainer Bruno Labbadia auf Vereinsebene wenige Möglichkeiten hatte, sich zu empfehlen, sieht er nicht. "Ich habe mir das Vertrauen in der Nationalmannschaft erarbeitet."
Vierter HSV-Nominierter ist Marcell Jansen, der wohl am wenigsten von seiner Nominierung überrascht war. "Ich bin seit 2005 dabei, habe mir das Vertrauen erarbeitet und hatte schon seit Wochen engen Kontakt", sagt der Linksfuß, "wir hatten vereinbart, dass ich dabei bin, wenn ich vor der Nominierung wieder ins Lauftraining einsteigen kann." Und das kann Jansen seit Montag. "Deshalb war mir klar, dass ich dabei bin. Ich freue mich, dass gleich vier von uns nominiert wurden, das ist ein gutes Gefühl und eine große Auszeichnung für den Verein." Immerhin gab es seit 1982 nicht mehr so viele HSV-Profis in einem WM-Kader.
Aogo gilt als Ersatz für den noch angeschlagenen Marcell Jansen
Dass jedoch - wie 1982 mit Uli Stein, Felix Magath, Ditmar Jakobs und Horst Hrubesch - am Ende noch mal vier HSV-Profis im endgültigen WM-Kader stehen, gilt als höchst unwahrscheinlich. Vielmehr gilt Aogo als möglicher Ersatz für Jansen, bei dem Bundestrainer Löw eine Ausnahmeregelung treffen musste. Löw: "Eine besondere Situation liegt bei Marcell Jansen vor, der lange verletzt war. Mit ihm haben wir abgesprochen, dass wir Ende Mai entscheiden, ob er bei dem Turnier an seine Grenzen gehen kann."
Sollte dem bis zum Meldeschluss am 1. Juni nicht so sein, würde sich Aogos WM-Chance drastisch verbessern. Ein Gedanke, der dem gläubigen Christen widerstrebt. Aogo glaubt lieber an sich und seine Fähigkeiten. "Ich sehe die Nominierung zuallererst als große Chance für mich. Ich werde alles dafür tun, den Bundestrainer von meinen Qualitäten zu überzeugen." Die WM in Südafrika mit ihm? Aogo: "Ich glaube fest daran."