Westerland. Lokalpolitik und Anwohner diskutieren das Vorgehen gegen die ungeliebten Gäste. Plötzlich stehen drei der Punks in der Tür.
"Wann wird die öffentliche Ordnung wiederhergestellt?" Diese Frage stellt ein Insulaner in der Einwohnerfragestunde während der Sitzung des Hauptausschusses der Gemeinde Sylt am Dienstag. Sie beschreibt gut, wie frustriert die Bewohner Sylts angesichts der Anwesenheit der Punks in der Innenstadt Westerlands mittlerweile sind.
Sylt: Diskussion um Punks – Anwohner fordern härtere Maßnahmen
Die örtlichen Politiker können den anwesenden Bürgern, unter ihnen gleich mehrere Gewerbetreibende, die um ihr Geschäft fürchten, in der Sitzung im Rathaus Westerland keine Versprechungen machen. Stattdessen dreht sich die Diskussion eher um die Gründe, wieso ein härteres Durchgreifen gegen die Punks derzeit entweder nicht möglich, oder nicht angebracht wäre. Während sich zur Einwohnerfragestunde recht viele Bürger eingefunden haben, bleibt die Polizei dieser wie bereits der letzten Sitzung trotz Einladung fern. Die Beamten ließen sich entschuldigen. Sie hätten viel zu tun, sagt der Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Nikolas Häckel.
Wie erwartet ist im Hauptausschuss der Gemeinde Sylt der Tagesordnungspunkt 7 jener, der die längsten Diskussionen mit sich bringt. Im offiziellen Wortlaut war das Thema "die Verbesserung der aktuellen Situation in der Westerländer Innenstadt". Dabei geht es selbstverständlich um die kampierenden Punks, die seit der Einführung des 9-Euro-Tickets im Juni die Insel in Aufruhr versetzen.
Alkoholverbotszone in Westerland? Unmöglich
Tom Knuth, Inhaber von Crêpes Deluxe an der Dicken Wilhelmine in der Innenstadt Westerlands ist erleichtert, dass die Gruppierung vor wenigen Tagen "umgezogen" ist und ihr Lager jetzt im Stadtpark vor dem Rathaus aufgeschlagen hat. "Seit vier Tagen habe ich wieder das ganz normale Geschäft, ganz normale Kunden", sagt er. Doch er fürchte eine Rückkehr. Deshalb fordert er eine Alkoholverbotszone in der Innenstadt.
Bürgermeister Häckel wiederum kann ihm den Wunsch nicht erfüllen: "Wir können nur tun, was wir im Rahmen unserer gesetzlichen Möglichkeiten dürfen." Für eine Alkohol-Verbotszone in der Westerländer Innenstadt seien die Maßgaben nicht erfüllt, es gebe "keine Gefahrenlage, die ein pauschales Alkoholverbot rechtfertigt", heißt es während der Sitzung.
Punks auf Sylt: "Wie kriminell muss es noch werden?"
Den Forderungen einiger Bürger und örtlicher Politiker, den Stadtpark räumen zu lassen, kann die Gemeinde ebenfalls nicht nachkommen. Einerseits haben die Punks kürzlich ein Protestcamp, also eine Versammlung, beim Kreis Nordfriesland angemeldet. Bis für diese eine Genehmigung erteilt wird - oder auch nicht - seien die Kampierenden rechtlich geschützt. Andererseits sei zu überlegen, was passieren würde, schickte man die Punks weg, erklärt Häckel. Dann bestünde etwa die Gefahr, dass sie in die Fußgängerzone zurückkehrten. Einfach nach Hause fahren würden sie wohl nicht, mutmaßt der Bürgermeister.
Die zur Fragestunde anwesenden Einwohner sind mit diesen Aussagen unzufrieden. Knuth fragt sich hinsichtlich zweier mutmaßlicher und bisher nicht zur Anzeige gebrachter körperlicher Angriffe von Punks auf Passanten: "Wie kriminell muss es noch werden?", und fühlt sich von der Politik alleingelassen, wie er sagt. Peter Biallas, Leiter des Edeka Markts an der Dicken Wilhelmine, bekundet ebenfalls, dass er sich jemanden wünscht, "der auf den Tisch haut". Er sagt: "Ich habe das Gefühl, ihr helft uns nicht." Die Haltung der einzelnen Gemeindevertreter zu den besonderen Touristen reicht von der Annahme, man müsse sich miteinander arrangieren bis zu Aussagen wie "Wir müssen es den Leuten so unbequem wie möglich machen."
Punks platzen in den Sitzungssaal – und werden rausgeworfen
Mitten in der ohnehin angeheizten Debatte öffnet sich die Tür zum Sitzungssaal im Rathaus Westerland. Es erscheine drei der bereits reichlich diskutierten Punks, jeweils mit einer Flasche Bier in der Hand. Noch bevor sie ihr Anliegen ausführlicher vortragen können, bittet Holger Flessau als Vorsitzender des Hauptausschusses die Personen, das Gebäude zu verlassen. Schließlich sei der Konsum von Alkohol während der Zusammenkunft unzulässig.
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Auch von der Idee der Punks, dass diese ihr Bier vor der Tür abstellen und wieder hereinkommen – nach eigenen Angaben, um den Ausführungen der örtlichen Politiker ausschließlich zuzuhören – ist der Vorsitzende nicht zu überzeugen. Es handele sich zwar um eine öffentliche Sitzung, die grundsätzlich für Interessierte zugänglich ist. Allerdings übe er auch das Hausrecht aus, könne Menschen also von der Veranstaltung ausschließen.
Die Punks lassen sich daraufhin nicht auf größere Diskussionen ein, eine der Personen versucht noch zu versichern: »Wir sind absolut kompromissbereit.« Ein kurzes, womöglich klärendes Gespräch mit Bürgermeister Nikolas Häckel im Flur vor dem Sitzungssaal hinterlässt den Eindruck, zumindest ohne weitere Zwischenfälle verlaufen zu sein.
Sylt: Härterer Sicherheitsdienst? Oder doch ein Streetworker?
Weitere Themen des Abends rund um die Punks auf Sylt sind der von vielen Anwesenden als unzureichend und zu wenig autoritär wahrgenommene Sicherheitsdienst: "Mehr Qualität statt Quantität", fordert der Vorsitzende des Hauptausschusses, Holger Flessau, diesbezüglich.
Des Weiteren berichtet Bürgermeister Häckel von einer unsachgemäßen Nutzung der mobilen WCs, die den Punks zur Verfügung gestellt wurden. Mitarbeiter, die für die tägliche Reinigung der Toiletten zuständig sind, klagen ihm zufolge über deren Zustand. Die nahgelegenen öffentlichen Toiletten, die die Kampierenden bis vor Kurzem ebenfalls benutzt hatten, mussten bereits zu Lasten aller Menschen auf der Insel geschlossen werden. Grund dafür war eine starke Beschädigung der sanitären Anlagen.
Die frühere Idee, einen Streetworker für die Punks zu beauftragen, hat Bürgermeister Häckel verworfen: "Die Methode eines Streetworkers greift hier nicht." Denn eine solche Person stehe Menschen zur Seite, die mit ihrem Leben unzufrieden sind und sich selbst nicht helfen können. "Aber die Punks haben kein Problem mit ihrem Leben. Sie sind mit sich und der Welt zufrieden", meint Häckel.