Ahrensburg. Jahrelang feierte das Format mit Auftritten renommierter Musiker Erfolge. Nun macht die Veranstalterin Schluss. Das sind die Gründe.

Jahrelang lockte die Ahrensburger Musiknacht Tausende Gäste an. Prominente Musiker wie die Pianisten Axel Zwingenberger und Gottfried Böttger, Soulsänger Stefan Gwildis und Bluesgitarrist Abi Wallenstein waren Stammgäste. Nun steht fest: Das beliebte Konzertformat wird es in Zukunft nicht mehr geben. Das hat Veranstalterin Felizitas Schleifenbaum unserer Redaktion bestätigt.

„Das Format trägt sich einfach nicht mehr. Das wirtschaftliche Risiko ist zu groß“, sagt die Eventmanagerin aus Ahrensburg. Die Entscheidung, die Musiknacht aufzugeben, sei ihr nicht leicht gefallen. „Mein Herz blutet schon ein bisschen. Aber man muss den Tatsachen ins Auge blicken.“

Ahrensburger Musiknacht: Beliebtes Konzert-Event wird es nicht mehr geben

Am 5. Mai 2007 hatte die Musiknacht in Ahrensburg Premiere gefeiert. Die Idee: Musiker verschiedener Genres, von Blues über Folk bis zu Pop und Rock, treten an einem Abend an verschiedenen Orten in der Schlossstadt auf, die normalerweise eher nicht mit Musik in Verbindung gebracht werden. Spielorte waren Restaurants, Kneipen und Hotels, aber auch Banken, Boutiquen, Holzhandlungen, eine Tiefgarage oder ein Herrenfriseur. Besucher zahlen nur einmal Eintritt und können anschließend frei zwischen den verschiedenen Lokalitäten wechseln.

Die erste Ausgabe, bei der unter anderem die Rocksängerin Anne Haigis und Gospel-Queen Janice Harrington zu hören waren, wurde direkt ein überragender Erfolg. Das Publikum strömte zu den Konzertorten, versammelte sich teilweise wegen des großen Andrangs auch draußen davor. Der Auftritt von Haigis musste sogar wegen Überfüllung unterbrochen werden.

Hochkarätige Musiker und ausgefallene Locations, wie hier die Band Black Patti im Bettengeschäft Bubert, waren das Konzept der Ahrensburger Musiknacht.
Hochkarätige Musiker und ausgefallene Locations, wie hier die Band Black Patti im Bettengeschäft Bubert, waren das Konzept der Ahrensburger Musiknacht. © HA

Jahrelang war die Musiknacht ein fester Termin im Ahrensburger Veranstaltungskalender

In den folgenden Jahren war die Musiknacht Anfang Mai immer ein fester Termin im Ahrensburger Veranstaltungskalender. Die Gäste kamen auch von außerhalb in die Schlossstadt. Es traten Hunderte nationale und internationale Künstler auf, Zehntausende Besucher zogen durch die Stadt und feierten bei den After-Show-Partys bis spät in die Nacht.

Besonders in Erinnerung dürften die Auftritte der Popsängerin Alice Merton in der Filiale der Hamburger Sparkasse im Jahr 2017 geblieben sein, die zeitgleich mit ihrem Hit „No Roots“ bis auf Platz zwei der deutschen Charts kletterte, und von Fernsehmoderator Reinhold Beckmann, der mit seiner Band gleich mehrfach ein Gastspiel bei der Musiknacht gab.

Nach der Corona-Pandemie konnte das Format nicht mehr an frühere Erfolge anknüpfen

Doch dann kam die Corona-Pandemie und damit eine zweijährige Zwangspause für das Format. 2022 dann die Rückkehr – dank eines Zuschusses der Bundeskulturstiftung. Doch die Musiknacht konnte nicht mehr an frühere Zuschauerzahlen anknüpfen. Es sei das erste Jahr gewesen, in dem sie mit der Musiknacht ein Minus eingefahren habe, sagt Schleifenbaum.

Popsängerin Alice Merton sang 2017 in der Ahrensburger Haspa-Filiale.
Popsängerin Alice Merton sang 2017 in der Ahrensburger Haspa-Filiale. © HA

2023 musste die Organisatorin die Konzertveranstaltung ohne Fördermittel bestreiten und nachdem sich nicht ausreichend Sponsoren gefunden hatten, erneut absagen. In diesem Jahr wagte die Ahrensburgerin dann einen neuen – und, wie sie im Vorfeld bereits ankündigte, letzten – Versuch, die Musiknacht zurück auf die Erfolgsspur zu bringen.

Stadt zahlte in diesem Jahre eine Ausfallbürgschaft in Höhe von 15.000 Euro

Die Ahrensburger Stadtverordneten erklärten sich bereit, eine Ausfallbürgschaft in Höhe von bis zu 15.000 Euro zu übernehmen, sollte die Veranstaltung einen Verlust einfahren. „Die Musiknacht ist ein wichtiges kulturelles Aushängeschild für Ahrensburg“, begründete der Vorsitzende des Bildungs-, Kultur- und Sportausschusses, Christian Schubbert, die Entscheidung. Es handele sich um eine einmalige Unterstützung, betonte der Grünen-Politiker. „Künftig muss sich die Musiknacht selbst tragen.“ Auch Schleifenbaum stellte klar: Sollte sie die Bürgschaft in Anspruch nehmen müssen, werde sie das Format einstellen.

Mit der Absicherung durch die Stadt in der Hinterhand fand die 15. Ausgabe des Formats schließlich am 25. Mai statt. Mit dabei waren neben Stammgast Abi Wallenstein weitere prominente Namen, darunter das Neue-Deutsche-Welle-Duo Paso Doble („Computerliebe“) und die englische Gruppe The Rubettes („Sugar Baby Love“).

Statt 2000 Gästen kamen zuletzt nur noch 660 Besucher zur Musiknacht

Es half nichts: Auch in diesem Jahr blieb die Musiknacht weit hinter den Erwartungen zurück. Mehr noch: Nur dank der Ausfallbürgschaft der Stadt, die die Eventmanagerin in vollem Umfang in Anspruch nehmen musste, entging Schleifenbaums Agentur ft-management einem finanziellen Debakel. „Trotz der Bürgschaft der Stadt steht unter dem Strich ein Minus“, sagt die Ahrensburgerin.

Mehr aus Ahrensburg

Habe sie in den besten Jahren rund 2000 Karten verkauft, seien es in diesem Jahr nur etwa 660 gewesen. „Das ist natürlich ein Drama“, sagt die Eventmanagerin. Woran es liegt, dass das einstige Erfolgsformat beim Publikum offenbar nicht mehr zieht, lasse sich schwer ausmachen. „Ich glaube nicht, dass es am Konzept Musiknacht an sich liegt“, meint Schleifenbaum.

Sie sieht einen Grund in der angespannten gesamtwirtschaftlichen Situation. „Ich verstehe es, wenn die Menschen jetzt sagen: Da spare ich mein Geld lieber.“ Kulturveranstaltungen der erste Bereich, bei dem sich die Leute einschränkten.

Ahrensburgs Bürgermeister bedauert das Aus für das beliebte Format

Die wirtschaftliche Lage habe sich auch bei der Suche nach Sponsoren bemerkbar gemacht, die sich zunehmend schwierig gestaltet habe. Mehrere langjährige Geldgeber zogen sich laut Schleifenbaum zurück. „Das Geld sitzt bei den Unternehmen nicht mehr so locker wie vor Corona.“

Reinhold Beckmann und seine Band lockten 2017 zahlreiche Besucher in die Holzhandlung Wulf.
Reinhold Beckmann und seine Band lockten 2017 zahlreiche Besucher in die Holzhandlung Wulf. © HA

Die Ankündigung Schleifenbaums stößt bei vielen auf Bedauern. „Für viele Menschen in der Stadt, einschließlich mich, war die Musiknacht mit ihrer Mischung aus Live-Musik und abwechslungsreichen Veranstaltungsorten etwas Besonderes“, sagt Ahrensburgs Bürgermeister Eckart Boege. Das Format habe viele Begegnungen ermöglicht und eine tolle, lebendige Atmosphäre geschaffen.

Vorsitzender des Kulturausschusses sieht Wandel der Branche durch Corona

Für den Vorsitzenden des Bildungs-, Kultur- und Sportausschusses, Christian Schubbert, kommt das Aus nicht überraschend. „Die Veranstalterin hatte diesen Schritt ja bereits angekündigt für den Fall, dass sie die städtische Bürgschaft in Anspruch nehmen muss“, sagt der Grünen-Politiker. Mit der Corona-Pandemie habe sich die Kultur- und Veranstaltungsbranche verändert. „Darauf muss man reagieren.“

Bedauern kommt auch aus den Reihen der Musiker. „Die Musiknacht hatte mit ihren besonderen Locations ein Alleinstellungsmerkmal“, sagt der Hamburger Pianist Günther Brackmann, der unzählige Male in Ahrensburg aufgetreten ist. Das Format habe nicht nur die Geschäftswelt belebt, sondern auch den Musikern geholfen, ein neues Publikum zu erreichen. „Die Menschen schauen auch mal in Genres rein, für die sie sich sonst nicht öffnen würden.“ Das Aus sei ein weiterer Verlust für die angesichts der wirtschaftlichen Gesamtlage ohnehin hart getroffene Musikszene.

Veranstalterin der Musiknacht will Comeback in der Zukunft nicht ausschließen

Ob es das nun mit der Musiknacht für alle Zeiten gewesen ist, darauf möchte sich Felizitas Schleifenbaum nicht definitiv festlegen. „Vielleicht gibt es irgendwann unter anderen Bedingungen die Möglichkeit für ein Comeback“, sagt sie. Zunächst wolle sie sich aber auf andere Formate konzentrieren.