Oststeinbek. Gemeinde generiert hohen Zuschuss vom Land. Dafür legte der Bürgermeister sogar eine besondere Spätschicht ein.

Die E-Mail ging am vergangenen Freitag, 16. November, ein im Postfach des Oststeinbeker Bürgermeisters. Absender war die Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH). Beim Lesen wurde Jürgen Hettwer warm ums Herz. Das Glücksgefühl beruhte auf drei Zahlen, nach der zweiten getrennt durch ein Komma: 11,5 Millionen Euro bekommt die Gemeinde geschenkt für die neue Grundschule.

Den Geldsegen gibt es für den offenen Ganztag, also die Nachmittagsbetreuung. Im Komplex sind separate Räume für diesen Zweck. Nicht zu vergessen die Mensa. Das Land bezuschusst Projekte, zahlt Oststeinbek damit mehr als ein Drittel der Gesamtkosten. „Wir liegen nach derzeitigen Berechnungen zwischen 29,5 und 30,5 Millionen“, sagt der Rathauschef. So viel hat die Kommune noch nie für ein Objekt ausgegeben. Es ist eine Luxus-Immobilie mit optimalen Lernbedingungen für Erst- bis Viertklässler.

Bau von Luxus-Grundschule: Geldsegen für Oststeinbek

Den Antrag hatte Hettwer persönlich in Kiel abgegeben und dabei eine Spätschicht eingelegt. Städte und Gemeinden wurden in Kenntnis gesetzt, dass man nach dem Windhundprinzip verfährt. Das bedeutet: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Dokumente mussten am Sonntag, 1. September, ab 0 Uhr vor Ort in einen Briefkasten geworfen werden.

Oststeinbek
Bürgermeister Jürgen Hettwer (l.) und Sachgebietsleiter Maik Reiser im Februar 2024 auf dem Gelände der neuen Grundschule. Blick von der oberen Etage in die Aula. © René Soukup | René Soukup

Die Mühe hat sich gelohnt. Und bei dieser Summe ist es zu verschmerzen, dass die zugesagte KfW-Förderung von 1,6 Millionen Euro für energieeffizientes Bauen wegfällt. Das Gebäude hat den 55er-Standard. Zwei Zuschüsse für ein Objekt sind unzulässig. Das Geld wird in zwei Tranchen ausgezahlt, sechs Millionen fließen noch in diesem Jahr auf Oststeinbeks Konto.

Schulcampus hat zwei Tartankleinspielfelder

Die zweigeschossige Grundschule, gelegen zwischen Tennisclub, Walter-Ruckert-Halle und Kunstrasenplatz, hat drei Gebäudeteile sowie 4500 Quadratmeter Fläche. Jedes der 16 Klassenzimmer ist mit einem Differenzierungsraum verbunden. Dort werden Kinder mit Lernschwächen während der Unterrichtsstunde von einer zusätzlichen pädagogischen Kraft unterstützt. Zudem gibt es pro Etage eine sogenannte Freilernzone.

Die 880-Quadratmeter-Mensa mit begehbarem Dach ist ein eigenständiges Gebäude. Vom Feinsten sind auch die Außenanlagen. Zwei jeweils 20 mal 13 Meter große Tartankleinfelder, Teqballtisch, Reckstangen, Trampolins, Balancierstelzen sowie -dreierbalken, Balancierparcours, Holzponys – die Lehranstalt ist zugleich ein Spielparadies. Nach der offenen Ganztagsbetreuung ab dem späten Nachmittag sowie an Wochenenden kann jedermann sich sportlich auf dem Campus betätigen.

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Einzug der Schüler verzögert sich

Die Grundsteinlegung war vor zwei Jahren. Ursprünglich sollten die Kinder im Neubau nach diesen Sommerferien unterrichtet werden. Dann wurde der Einzug auf November verschoben, weil Handwerksfirmen ins Hintertreffen geraten waren. Auch das klappte nicht. Ein Unternehmen, zuständig für den Sanitärbereich, stellte die Arbeiten ein. Der Chef hatte sich ins Ausland abgesetzt, den Betrieb geschlossen und Hettwer nicht informiert. Daraufhin musste Oststeinbek ein neues Leistungsverzeichnis erstellen und wiederholt ausschreiben.

„Bis Ende kommender Woche sollen die Angebote bei uns abgegeben werden“, sagt Maik Reiser, Sachgebietsleiter Hochbau, Bewirtschaftung und Unterhaltung. Erst im Januar ginge es weiter mit der Installation von Waschbecken und Toiletten, schließlich müsse das Material noch bestellt werden. Reiser begleitet das Projekt und ist immer donnerstags zwecks Baubesprechung vor Ort.

Die Mensa nimmt den Betrieb im Januar auf

Bürgermeister Hettwer will sich ob der Vorkommnisse auf kein exaktes Einzugsdatum festlegen. Er sagt: „Es wird irgendwann im zweiten Quartal sein.“ Das Verschwinden der Firma zieht einen Rattenschwanz an Änderungen bei der Zeitplanung nach sich. „Zum Beispiel können Deckendurchbrüche für Sanitärleitungen noch nicht zugemacht werden“, berichtet Reiser.

Die Malerarbeiten seien zu 95 Prozent erledigt und Böden größtenteils verlegt. Das Mobiliar für die Klassenzimmer werde ab jetzt geliefert und sofort montiert. Weiter ist man bei der Mensa. Der Betrieb wird im Januar aufgenommen. Mehr als 100 Kinder machen beim offenen Ganztag mit und werden hier demnächst mit einer warmen Mahlzeit verköstigt. Der Weg von der jetzigen Schule zur Speisestätte ist nur wenige Meter.

Freude, aber kein Jubel bei den Fraktionen über das Geld

Die Fraktionsspitzen wurden vom Verwaltungschef über die Finanzspritze umgehend informiert. In der Politik herrscht Erleichterung, überschwänglich gejubelt wird hingegen nicht. Patrick Klose (CDU): „Das hilft in gewisser Weise, den defizitären Haushalt auszugleichen. Wir können aber keine großen Sprünge machen.“ Die Gemeinde hat teure Projekte vor der Brust, wie den Neubau der Feuerwehrwache im Ortsteil Havighorst. „Außerdem steht auch ein neuer Kunstrasenbelag auf dem Sportplatz an. Wir müssen bei allen Vorhaben sparsam mit dem Geld umgehen“, sagt Petra Grüner, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Sie lobt Hettwer für dessen Nachteinsatz genauso wie Rudi Hametner.

Der Chef der örtlichen Wählergemeinschaft betont jedoch: „Wir haben unser Ausgabenproblem nach wie vor nicht im Griff.“ Sozialdemokrat Thomas Mielcarek sagt, er habe nicht mit dieser hohen Fördersumme gerechnet. „Das ist ein glücklicher Umstand. Und es versetzt uns in die Lage, Maßnahmen wie den Neubau des Bauhofs schneller umzusetzen.“