Bad Oldesloe. Zahl der Auszubildenden in Stormarn und Herzogtum leicht gestiegen. Bewerber mit Migrationshintergrund stellen Firmen vor Probleme.

Die Zahl der Auszubildenden hat im vergangenen Jahr in den Kreisen Herzogtum Lauenburg und Stormarn gegenüber 2023 leicht zugenommen, aber noch immer bleiben Hunderte Stellen unbesetzt. Das ist die Bilanz zum Ausbildungsjahr 2023/2024, die Kathleen Wieczorek, Chefin der Agentur für Arbeit in Bad Oldesloe, jetzt vorgestellt hat.

Für 374 Ausbildungsplätze fanden sich demnach bislang keine Bewerber. Zugleich sei die Zahl der gemeldeten Stellen leicht zurückgegangen. Insgesamt waren es in beiden Kreisen 2396 und damit 165 oder 6,4 Prozent weniger als vor einem Jahr. In Stormarn ging die Zahl der Ausbildungsstellen um 117 auf 1347 zurück (minus acht Prozent), im Herzogtum fiel der Rückgang mit einem Minus von 4,4 Prozent (48 Stellen) auf 1049 gemeldete Plätze etwas geringer aus.

Stormarn und Lauenburg: Hunderte Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt

1679 Jugendliche in beiden Kreisen haben sich laut Wieczorek um einen Ausbildungsplatz beworben. Das sei ein Plus von 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In Stormarn gab es demnach 858 Bewerber, 50 mehr als 2023. Im Lauenburgischen blieb die Zahl hingegen fast unverändert. 821 Bewerber zählte die Arbeitsagentur, sechs mehr als ein Jahr zuvor.

„Nach dem Corona-Einschnitt nimmt die Zahl ausbildungsinteressierter Jugendlicher langsam wieder zu“, sagt Wieczorek. Auch wenn in diesem Jahr von Seiten der Unternehmen weniger Ausbildungsstellen als in den Vorjahren gemeldet worden seien und die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage damit kleiner geworden sei, interessierten sich nach wie vor viel zu wenige Jugendliche für eine Berufsausbildung.

Handelskammer: Jedes zweite Unternehmen findet nicht ausreichend Azubis

Sebastian Grothkopp, Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck, warnt vor einer wachsenden Fachkräftelücke. „Die jüngste IHK-Ausbildungsumfrage zeigt, dass nahezu jedes zweite Unternehmen nicht alle Ausbildungsplätze besetzen konnte“, sagt er. Gerade Fachkräfte mit einer beruflichen Ausbildung und nicht mit einer akademischen Ausrichtung seien gefragt.

Die Handwerkskammer Lübeck und die Kreishandwerkerschaften freuen sich hingegen über eine positive Entwicklung der Bewerberzahlen. „Dies führen wir vor allem auf die hohe Ausbildungsbereitschaft der Stormarner Handwerksbetriebe zurück und die stetig konstante Nachwuchswerbung in Verbindung mit unserem Auftritt in den sozialen Netzwerken“, sagt Marcus Krause, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Stormarn.

Handwerkskammer Lübeck setzt auf neu eingeführtes „Freiwilliges Handwerksjahr“

Im Herzogtum Lauenburg wurden laut Susanne Bendfeldt, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft, in diesem Jahr sechs Prozent mehr Ausbildungsverträge in Handwerksberufen abgeschlossen als 2023. „Besonders in den Berufen Kfz-Mechatroniker, Elektroniker, Zimmerer und Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik haben wir unverändert viele Auszubildende“, sagt sie.

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Nadine Grün, Leiterin des Teams Nachwuchsgewinnung der Handwerkskammer Lübeck, weist in diesem Zusammenhang auf das im Juli gestartete Projekt „Freiwilliges Handwerksjahr“ (FHJ) hin, das bundesweit Pionierstatus genieße. Es ermöglicht Interessierten, vier Ausbildungsberufe in einem Jahr kennenlernen. „Mit dem FHJ sprechen wir gezielt Jugendliche und Studienzweifler an. Hier können sie sich ausprobieren und praktische Erfahrungen sammeln“, sagt Grün. Zum Projektstart hätten sich mehr als 80 Interessenten und mehr als 150 Betriebe bei der Handwerkkammer Lübeck gemeldet.

Zahl der Bewerber mit Migrationshintergrund ist seit 2022 um 56 Prozent gestiegen

Eine Chance, aber auch eine Herausforderung für die ausbildenden Betriebe und die Berufsschulen stellt die wachsende Zahl von Bewerbern mit Migrationshintergrund dar. Gegenüber 2022 nahm die Zahl der Ausbildungsinteressenten mit ausländischer Staatsangehörigkeit laut Arbeitsagentur um 56 Prozent zu. In diesem Jahr seien es in beiden Kreisen zusammen 387 Bewerber gewesen.

Kathleen Wieczorek
Kathleen Wieczorek ist Chefin der Agentur für Arbeit in Bad Oldesloe. © Agentur für Arbeit Bad Oldesloe | Agentur für Arbeit Bad Oldesloe

„Das in dieser Gruppe zunehmende Interesse an einer dualen Ausbildung zeigt, dass sie erkennen: Dieser Weg ist der beste Schritt in unseren Arbeitsmarkt. Sie sind ein Bewerberpotential für die Fachkräfteausbildung in den Unternehmen“, sagt Wieczorek. Häufig sei jedoch die Sprache, insbesondere die Fachsprache in den einzelnen Berufen und Branchen, eine große Herausforderung.

Schulleiter fordert Ausbildungsbeginn erst bei ausreichenden Sprachkenntnissen

Auf dieses Problem weist auch Kai Aagardt, Leiter der Beruflichen Schule Bad Oldesloe, hin. „Die Deutschkenntnisse der jungen Migrantinnen und Migranten sind oftmals eine Aufgabe mit hohen Anforderungen an uns“, sagt er. Die Schulen versuchten mit großem Aufwand, die Jugendlichen mit vermehrter Lehrer-Doppelbesetzung und Zusatzunterricht in Deutsch als Zweitsprache zu unterstützen.

„Wünschenswert wäre, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund erst in ein Ausbildungsverhältnis aufgenommen werden, wenn sie über so ausreichende Sprachkenntnisse verfügen, dass ein erfolgreicher Ausbildungsabschluss zu erwarten ist“, sagt Argardt. Notwendig sei in der Regel mindestens das Sprachniveau B1. „Sonst haben sie sehr große Schwierigkeiten, den schulischen Inhalten zu folgen, was auch ihren erfolgreichen Abschluss gefährdet.“