Bad Oldesloe. Reiner Hinsch, Chef des Stormarner Fahrrad-Clubs, spricht über sein Erfolgsrezept. Aber noch dominiert eine bestimmte Altersgruppe.

Reiner Hinsch trägt heute seine Leidenschaft auf der Brust. Die Forderseite des orangefarbenen T-Shirts ist mit einem Buchstaben und zwei Symbolen beflockt. Die Bedeutung ist unschwer zu erkennen: „I love Fahrrad“. Der Oldesloer ist seit Gründung des Stormarner Kreisverbands des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) im Jahr 2005 dessen Vorsitzender und hat mit Blick auf seinen Verein extrem gute Laune. Denn der wächst weiterhin. 250 neue Mitglieder waren es von August 2022 an in den darauffolgenden zwölf Monaten. Im identischen Intervall sind nun noch mal 60 hinzugekommen. Aktuell gehören 1340 Menschen der Organisation an. Das ist Rekord.

„Der Zuwachs ist über alle Ortsgruppen gut verteilt. Rund 80 Prozent der Neuen sind Männer und Frauen, die Ende 50 und älter sind. Also viele, die kurz vor dem Renteneintritt stehen oder sich gerade vom Erwerbsleben verabschiedet haben“, sagt der ADFC-Chef. Insbesondere an den Infoständen gelinge die Rekrutierung. „Wir haben in den vergangenen drei Jahren rund 100 solcher Treffs organisiert. Ich kenne keinen anderen Kreisverband, der auf diese Zahl kommt.“ In der Regel wird bei diesen Terminen Velo-Codierung angeboten, ein Aufkleber mit einer Nummer an den Rahmen angebracht. Wird das Rad nach einem Diebstahl gefunden, kann es die Polizei problemlos dem Eigentümer zuordnen. Der Service kostet zehn Euro. Es sei denn, man tritt noch am Stand dem ADFC bei. Dann ist er gratis.

Radfahren in Stormarn: ADFC will endlich auch bei Jüngeren punkten

In diesem Jahr offerieren die neun Ortsgruppen rund 200 geführte Touren, die sich auch unterscheiden beim Tempo. „Über das Angebot gewinnen wir ebenfalls neue Mitglieder“, sagt Hinsch. 25 ehrenamtliche Leiter organisieren die Ausfahrten. Wer möchte, spendet dabei für den ADFC. „Wir sind die Lobby der Radfahrer, das wissen viele zu schätzen.“ Stormarns Vorsitzender nennt weitere Vorteile einer Mitgliedschaft: den kostenlosen Pannenservice, gültig im gesamten Bundesgebiet, sowie sechs Zeitschriften im Jahr. Eine Einzelmitgliedschaft ab 27 kostet per anno 66 Euro. Für einen Haushalt mit beliebig vielen Personen sind es 78. Jugendliche sind mit 16 Euro dabei.

Der Stormarner ADFC hat in den vergangenen drei Jahren rund 1000 Fahrräder codiert.
Der Stormarner ADFC hat in den vergangenen drei Jahren rund 1000 Fahrräder codiert. © René Soukup | René Soukup

Und genau diese Zielgruppe nehmen Hinsch und seine Mitstreiter jetzt ins Visier, wollen mehr junge Menschen für den Fahrrad-Club begeistern. Vor den Sommerferien war der Verein je zweimal am Eric-Kandel-Gymnasium sowie an der Stormarnschule in Ahrensburg zwecks Codierung. „150 Räder haben wir bei den Terminen mit dem Aufkleber versehen, das war schon mal eine Hausnummer. Wir wollen dieses Projekt mit den Mobilitätsbeauftragten von Bildungseinrichtungen weiter vorantreiben.“ Geplant sei diese Aktion an der Ida-Ehre-Schule in Bad Oldesloe. Doch damit nicht genug der Aktivitäten: Speziell für E-Bikes möchte Hinsch Fahrschulungen auf einem Parcours anbieten. „Der Bedarf ist groß, wir würden gern mit einem Unternehmen kooperieren.“ Die Idee dabei: Eine Firma stellt dem ADFC ihren Parkplatz zur Verfügung. Hinsch nennt in diesem Zusammenhang den Fahrradhändler B.O.C. in Reinfeld und auch Decathlon.

Radfahren: Stormarns ADFC verleiht Elektro-Lastenräder gratis

Der Kreisverband verleiht selbst drei E-Bikes. Es sind Lastenräder mit einer 80 mal 30 Zentimeter großen Ladefläche. Die Pedelecs sind für Großeinkäufe ausgelegt. Das zulässige Gesamtgewicht mit Fahrer beträgt 200 Kilogramm. Der Service ist auch für Nicht-Mitglieder gratis. Das Klimaschutzprojekt war im Juli 2020 gestartet. Der ADFC will damit erreichen, dass Menschen auf das Auto verzichten. Die Räder mit Tretunterstützung sind auf Kommunen verteilt. Eines ist inzwischen von Trittau nach Wentorf verlegt. Feste Standorte sind die Stadtbibliothek in Reinbek sowie das Glinder Rathaus. Die Leihe wird vor Ort geregelt und nicht mehr über die Internetseite des ADFC.

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Die Anschaffung eines vierten Exemplars ist beschlossen. 5000 Euro steuert die Hamburger Sparkasse bei. Eigentlich sollte das Gerät schon in Betrieb sein. Der Kauf wurde jedoch in die Warteschleife geschoben, wird laut Hinsch aber natürlich getätigt. „Wir müssen uns noch für ein Modell entscheiden, das neue Rad wird kürzer sein als die vorhandenen.“

Reiner Hinsch bietet Carsharing an und erweitert Flotte

Der 61-Jährige ist nicht nur Vereinschef, sondern auch Privatanbieter für Carsharing. 2011 meldete er ein Gewerbe an, stellt allen, die wollen, Autos zur Verfügung. Seine Flotte ist überschaubar: ein Opel Corsa sowie das Elektro-Fahrzeug Dacia Spring. Ein Opel Combo ist bestellt. Seine Konditionen: Für jeden gefahrenen Kilometer sind 32 Cent zu entrichten und 2,20 Euro pro Stunde. „Ich bin damit zehn bis 15 Prozent günstiger als Anbieter in Hamburg und Lübeck.“ Geld verdient Hinsch nach eigenen Aussagen damit nicht. Es stehe die schwarze Null. Rund 30 Kunden habe er, vornehmlich aus der Kreisstadt. Die Autos stehen direkt bei ihm vor der Haustür. Es geht dem passionierten Radler um die Sache. Er will seinen Teil zur Mobilitätswende beitragen. Hinsch ist vorzeitig in den Ruhestand gegangen bei der Deutschen Bahn, hat vom Lebensarbeitszeitkonto Gebrauch gemacht.

Die Sharing-Fahrzeuge nutzt er selbst so wenig wie möglich. Hinsch hat ein Klapprad für die Bahn sowie je eines für den Einkauf und Ausfahrten. Mit Muskelkraft legt der Oldesloer jedes Jahr 6000 bis 7000 Kilometer zurück. Hier liegt sein Rekord übrigens bei 9600.