Trittau. Bürgerinitiative bewirkt Sperrung des Herrenruhmwegs. Jetzt verlagert sich der Verkehr in umliegende Straßen. Dort gibt es nun Protest.
Die Ausgangslage ist kurios: Nachdem sich die eine Bürgerinitiative für eine Straßensperre ausgesprochen hat, will eine andere sie wieder abschaffen. Zum wiederholten Mal sorgt die Verkehrssituation im Herrenruhmweg für Diskussion in Trittau. Beschwerdeführer sind diesmal nicht die direkten Anwohner, sondern Bürger aus dem umliegenden Wohngebiet. Seit der Herrenruhmweg Anfang August in der Mitte für den motorisierten Verkehr gesperrt wurde, ist die Durchfahrt der Verbindungsstrecke zwischen Hamburger und Rausdorfer Straße nicht mehr möglich. Dadurch haben sich die Verkehrsströme in die Nebenstraßen verlagert.
Das führt zu erheblichen Unmut vor allem bei Anliegern von Lindenweg und Campestraße. Sie haben gegen die Maßnahme schriftlich Widerspruch bei der zuständigen Verkehrsbehörde eingelegt. Sie fordern den Rückbau der Absperrung und die Wiedereröffnung des Herrenruhmwegs. Das Schreiben liegt auch Bürgermeister Oliver Mesch vor. 73 Trittauer aus dem Lindenweg, der Campestraße, aber auch Birken- und Ostlandweg haben es unterzeichnet.
Herrenruhmweg Trittau: Straßensperrung führt zu Streit unter Anwohnern
Vor der Sperrung haben vor allem Pendler aus der Region Ratzeburg den Herrenruhmweg als beliebte Abkürzungsstrecke genutzt. Selbst der Routenplaner von Google Maps leitete den Verkehr durch die verkehrsberuhigte Wohnstraße. Geschwindigkeitsbeschränkung auf Tempo 30, Verschwenkungen der Fahrbahn und eingebaute Schwellen: Nichts davon brachte den gewünschten Effekt. Der Verkehr nahm immer mehr zu, Lkw quälten sich durch die Straße, und viele Fahrzeugführer fielen durch zu schnelle und rücksichtslose Fahrweise auf.
Die CDU machte sich das Thema im Wahlkampf zu eigen. Unter anderem suchte sie im Mai 2023 das Gespräch mit den Anwohnern bei einer Diskussionsrunde direkt vor Ort. Einen Monat später stellten die Fraktionen von CDU und SPD einen gemeinsamen Antrag im Bauausschuss: Es solle rechtlich geprüft werden, „ob der Herrenruhmweg zu einer Sackgasse für den Pkw- und Lkw-Verkehr, jedoch mit einer Durchgängigkeit für den Fahrrad- und Fußgängerverkehr umgebaut werden kann“. Grüne und Bürgergemeinschaft Trittau (BGT) unterstützten den Vorstoß.
Anwohner übergeben Ausschuss eine Liste mit 110 Unterschriften
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Jens Hoffmann (CDU) wurde dreimal über das Thema beraten, bevor es bei der Sitzung im April 2024 zur finalen Abstimmung kam. Der Beschluss fiel einstimmig zugunsten der Sperrung des Herrenruhmwegs aus. „Gleichzeitig wurde gesagt, man muss beobachten, was es dadurch an Querverkehr gibt“, betont Hoffmann.
Zuvor hatte ein Anwohner der Straße in der Einwohnerfragestunde dem Ausschuss eine Liste mit 110 Unterschriften übergeben. Damit signalisierten die Unterzeichner ihre Unterstützung für „die Bemühungen für eine Unterbrechung des Durchgangsverkehrs für Pkw und den Schwerlastverkehr im Herrenruhmweg mit dem Ziel einer erhöhten Verkehrssicherheit“.
Für eine abschließende Beurteilung ist es jetzt noch viel zu früh
So auch Bernd Marzi. Er wohnt im Herrenruhmweg. Er selbst sei nicht vom Verkehrslärm betroffen gewesen, sagt er. Jedoch seine Nachbarn, mit denen er solidarisch sei. Doch auch er hat negative Erfahrungen gemacht. „Wenn man mit 30 km/h durch den Herrenruhmweg fuhr, hatte man immer jemanden hinter sich, der gedrängelt hat.“ Die Menschen hätten mit nichts dazu gebracht werden können, sich rücksichtsvoll zu verhalten. „Letztlich ist es ja so gedacht, dass der Durchgangsverkehr Richtung Mölln durch den Mühlenweg fahren soll.“ Nur habe sich so gut wie niemand daran gehalten.
Von dem neuerlichen Protest hat er gehört, sagt dazu: „Für mich sieht das mehr nach verfrühtem Aktionismus aus.“ Die aktuellen Baustellen um Trittau herum kämen zur Sperrung hinzu, sodass man die Entwicklung der Situation zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht bewerten könne. Für einen objektiven Eindruck braucht es mehr Zeit, glaubt er. Seine Einschätzung deckt sich mit der von Jens Hoffmann. „Es gibt einige Verirrte, die das Sackgassenschild nicht lesen können“, sagt er. Das führe temporär zu mehr Verkehr in Lindenweg und Campestraße. „Wir gehen davon aus, dass es sich einpendeln wird.“
Bei der Verkehrsaufsicht Stormarn gehen sieben Widersprüche ein
Bürgermeister Oliver Mesch sagt: „Das Ordnungsamt hat die Situation seit Anfang August beobachtet.“ Auch er sei seitdem mehrfach vor Ort gewesen und habe mit Anwohnern gesprochen. Ob deren subjektives Empfinden, dass der Verkehrsstrom durch den Lindenweg zugenommen habe, der Realität entspricht, soll mittels einer Verkehrszählanlage überprüft werden. Sie wurde bereits vor Ort angebracht. „Wir werden sie einige Wochen hängen lassen, um zu sehen, wie sich die Verkehrssituation entwickelt“, so Mesch.
Die Verkehrsaufsicht habe die Sperrung angeordnet. Kerstin Hauschild-Wegener, Leiterin des Fachdiensts Straßenverkehrsangelegenheiten bei der Kreisverwaltung Stormarn, bestätigt auf Nachfrage unserer Redaktion, dass ihrer Behörde insgesamt sieben Widersprüche gegen die Anordnung vorliegen. Die Widerspruchsfrist betrage ein Jahr. „Im Rahmen der Prüfung des Widerspruchs wird die verkehrsrechtliche Anordnung auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft“, kündigt Hauschild-Wegener an.
Sperrung des Herrenruhmwegs könnte weitere nach sich ziehen
„Im vorliegenden Fall beruht die Sperrung auf dem Umstand, dass die mit verkehrsberuhigenden Maßnahmen als Zone 30 ausgebaute Straße entgegen der Verkehrsplanung der Gemeinde sehr stark von Durchgangsverkehren in Anspruch genommen wurde und die bisherigen baulichen Maßnahmen nicht zum beabsichtigten Erfolg geführt haben.“ Mesch bestätigt, dass der Herrenruhmweg im Verkehrskonzept nicht als Hauptverkehrsstraße eingestuft ist.
Im Vorfeld seien mit der Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr die Erreichbarkeiten und Einhaltung der Hilfsfristen geprüft und als erfüllt eingestuft worden, so Hauschild-Wegener weiter. Komme die Straßenverkehrsbehörde bei der Überprüfung zu dem Ergebnis, dass die verkehrsrechtliche Anordnung unrechtmäßig erlassen worden sei, müssten die Sperrpfosten entfernt werden.
Sperrung des Herrenruhmwegs könnte weitere nach sich ziehen
Doch damit ist wohl kaum zu rechnen. Wie sich die Lage nach Einschätzung der Polizei und anhand konkreter Zahlen darstellt, wird voraussichtlich Thema bei der nächsten Sitzung des Bau- und Umweltausschusses am Dienstag, 15. Oktober, sein. „Alle Stimmen sollen gehört und gewertet werden“, so der Bürgermeister. Bleibt die Verkehrslage angespannt und setzen sich die Bürgerproteste fort, muss die Politik nach Alternativen suchen.
Auch interessant
- Armut in Deutschland: Wenn Kinder Angst vor dem Monatsende haben
- Oktoberfest kehrt nach langer Pause nach Ahrensburg zurück
- Gefälschte Corona-Impfnachweise verkauft – Amtsgericht Reinbek verurteilt Stormarner
Doch wie könnten die aussehen? „Ein Weg könnte sein, dass der Ausschuss sich dafür einsetzt, dass der Lindenweg verkehrsberuhigt wird.“ Durch bauliche Maßnahmen wie Fahrbahnverengungen ließe sich verdeutlichen, dass er eine Wohnstraße sei. Hoffmann bringt zusätzliche Blumenkübel ins Spiel. „Oder man könnte den Lindenweg an der Ecke Campestraße abkoppeln, sodass man von dort nicht mehr in die Campestraße hineinfahren kann.“ Was wiederum Folgen auf den Verkehr im Flieder-, Birken- und Ostlandweg haben könnte.
„Wenn Sie eine Schublade aufziehen, geht eine andere auf“, sagt Bürgermeister Mesch. Immerhin: Die Absperrstangen im Herrenruhmweg sind nur vorläufig. Sie sollen erst durch per Fernsteuerung versenkbare Poller ersetzt werden, wenn sichergestellt ist, dass es auf lange Sicht bei der derzeitigen Regelung bleibt.