Glinde. Neubau in Glinde wird dieses Jahr fertiggestellt. Dreigeschosser ersetzt abgerissene Villa Bode, bekannt als Restaurant San Lorenzo.
Heute liefert ein Lastwagen drei Säcke mit Kleber, jeweils eine Tonne schwer, für die 20-Zentimeter-Dämmschicht aus Schaumstoff. Dutzende Packungen mit diesem Material in schwarzer Farbe liegen aufeinandergestapelt vor dem Gebäude, das von einem Gerüst ummantelt ist, drei Geschosse hat und sich am Glinder Mühlenteich befindet. Der Ersatz für die Villa Bode, vor allem bekannt als das Restaurant San Lorenzo, wird im Dezember fertig sein. Das sagt Bauherr Holger Heidenreich. Damit liegt er wieder im Zeitplan, nachdem zu Beginn des Jahres wegen der Witterung mehrere Wochen nicht gearbeitet werden konnte. Die Immobilie bietet acht Luxuswohnungen zur Miete mit zwei bis vier Zimmern und 2,65 Meter Raumhöhe. Größen: 81 (zwei Apartments), 105 (zwei), 112 (drei) sowie 175 Quadratmeter. Wie viel die Wohnungen kosten, weiß der Ingenieur mit Büro in Aumühle nicht. So viel scheint aber sicher: Sie werden mit zu den teuersten in der Stadt gehören.
Der 61-Jährige hat das 1317-Quadratmeter-Areal zwar erworben und den Abriss erledigt, es aber prompt weiterverkauft an einen Hamburger Investor mit der Vereinbarung, diesen Komplex zu erstellen. Den Namen des Eigners darf Heidenreich nicht nennen. „Ich denke, dass frühestens im Oktober Preise genannt werden. Für diese Lage sind 16 bis 20 Euro kalt für den Quadratmeter üblich. Mehr würde ich nicht empfehlen“, sagt er. Sein Investitionsvolumen belaufe sich auf rund 5,5 Millionen Euro. Die Domizile übergibt er bezugsfertig mit Küche und Vinylboden in Eiche-Optik im Wohnzimmer. Außenstellplätze gibt es nicht, dafür eine Tiefgarage und zwecks Barrierefreiheit einen Fahrstuhl.
Luxuswohnungen am Glinder Mühlenteich werden teuerste Adresse der Stadt
Das Objekt wird mit dem Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) zertifiziert und im KfW-40-Standard erstellt. 60 Solarmodule bestücken das begrünte Dach, Energie liefert auch eine Luftwärmepumpe. Gas spielt keine Rolle. Der Rohbau ist abgeschlossen, Fenster sind eingesetzt. Hierbei gab es Lieferschwierigkeiten. „Das hat uns zwei bis drei Wochen gekostet“, sagt Heidenreich. Momentan sind sechs Gewerke auf der Baustelle, die in Summe 20 Kräfte abstellen: zum Beispiel Elektriker und Dachdecker. Heidenreichs Sohn Malte ist jetzt auch bei den Besprechungen mit den Handwerkern dabei. Der 24-Jährige hat sein Ingenieursstudium jüngst abgeschlossen und arbeitet als Angestellter im Familienbetrieb.
Der Senior berichtet, dass der neue Eigner einen Verwalter einsetzen wird, der die Vermietung regelt. Er selbst hat schon mehrere Anfragen von Interessenten erhalten und um Geduld gebeten, bis die Wohnungen auf den Markt kommen. Sein Fokus richtet sich ausschließlich auf die rechtzeitige Übergabe. Der Neubau ist voluminöser als sein Vorgänger, wird aber ähnlich anmuten: mit weißem Kratzputz und Stuckelementen.
Die Parteien wollten San-Lorenzo-Betreiber eine Perspektive bieten
Für die Politik ist der Verlust der 1887 errichteten Villa Bode, einst Dorfkrug und Bio-Lokal, ein Ärgernis. Mit dem Wissen, dass die Immobilie vom Restaurantbetreiber an Heidenreich veräußert wird, hätten die Parteienvertreter den Bebauungsplan nie aufgestellt. Ohne diesen wäre ein neues Haus ausgeschlossen gewesen. Sie wollten allein Giuseppe Dellavecchia eine Perspektive bieten. Der startete 1998 mit dem San Lorenzo als Pächter, kaufte das Objekt 2007 und machte den Betrieb zu einem Aushängeschild der Stadt. Das Lokal wurde unter anderem im Guide Michelin erwähnt, von der Zeitschrift „Der Feinschmecker“ unter die zehn besten italienischen Restaurants in Deutschland gewählt. Dementsprechend war die Speisestätte für Weinliebhaber frequentiert, wollte sich vergrößern von 70 auf 90 Plätze. Auch war ein Staffelgeschoss auf der ersten Etage vorgesehen, um den Wohnbereich für die Dellavecchias zu erweitern.
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Womöglich wäre es anders gelaufen, wenn man dem ersten Entwurf des Gastronomen zugestimmt hätte. Der war bereits 2017 an die Stadt herangetreten, musste nachbessern und die Grundfläche verkleinern. Der B-Plan wurde nach vielen Diskussionen erst im Januar 2021 verabschiedet. Zugleich gab es das Versprechen von Investorenseite, dass das Gebäude die möglichen Maße nicht ausschöpft – in Zeiten der Corona-Pandemie. Die setzte Giuseppe Dellavecchia wie auch anderen Restaurantbetreibern ordentlich zu. Er verlor Personal und fand nach eigenen Angaben keinen passenden Ersatz. Im Sommer jenes Jahres wurde dann bekannt, dass der Geschäftsmann den Gourmet-Tempel für immer schließt und das Gebäude bereits verkauft ist.
Die Politik schäumte vor Wut, erwog eine Veränderungssperre – ein Sicherungsinstrument, mit dem Kommunen kurzzeitig keine weiteren Baugenehmigungen auf einem bestimmten Gebiet erlassen. Diesbezüglich wurde ein Gutachten erstellt. Der Hinweis, dass Heidenreich womöglich eine Entschädigung von mehr als zwei Millionen Euro hätte verlangen können, schreckte die Entscheidungsträger ab, das Projekt zu blockieren.