Reinfeld. Traditionsgeschäft Michaels steht vor dem Aus. Nachfolger fehlt. Politik setzt auf Unterschriftenaktion. Warum das sogar helfen könnte.

Diese Neuigkeit hat bei vielen Menschen in Reinfeld für Entsetzen gesorgt: Die Buchhandlung Michaels in der Reinfelder Innenstadt steht nach über 60 Jahren vor dem Aus. Das Traditionsgeschäft an der Paul-von-Schoenaich-Straße ist die einzige Buchhandlung der Karpfenstadt. Wie berichtet, hat die Pächterin, die das Geschäft seit August 2022 führt, angekündigt, aus privaten Gründen Ende Juni aufzuhören.

Das ist nun passiert. Die Buchhandlung ist geschlossen. Die Eigentümer der Immobilie, Ewald und Sieglinde Eden, hatten mit Unterstützung der Interessengemeinschaft Reinfeld liest händeringend einen Nachfolger gesucht, der das Geschäft als Buchhandlung weiterführen möchte. Die Bemühungen waren aber bis zuletzt ohne Erfolg geblieben.

Buchhandlung Michaels in Reinfeld geschlossen – Nachfolger gesucht

Nun scheint neue Bewegung in die Sache zu kommen. Um die Suche nach einer Nachfolge zu unterstützen, hat die Wählerinitiative Reinfeld (WIR) eine Unterschriftensammlung gestartet. Dieser Weg erscheint auf den ersten Blick unkonventionell. Wie wollen Politiker, wie sollen Unterschriften das Problem lösen, dass niemand die Buchhandlung übernehmen möchte?

Die Aktion soll laut WIR zumindest ein Signal senden – sowohl in Richtung der Eigentümer als auch in Richtung potenzieller Interessenten. Die Wählerinitiative Reinfeld hofft, dass Zuspruch aus der Bevölkerung dazu beiträgt, dass die Inhaber sich darin bestätigt sehen, weiterhin nach einem geeigneten Nachfolger oder einer geeigneten Nachfolgerin zu suchen und den Laden als Buchhandlung fortzuführen.

Buchhandlung Michaels in Reinfeld geschlossen – Unterschriften haben Signalwirkung

„Und wir wollen an potenzielle Interessenten natürlich das Signal senden, dass aus Reinfeld und den Umlandgemeinden auch zukünftig wieder eine starke Kundschaft in den Startlöchern steht“, so Claudia Schönbohm, eine der Initiatorinnen von Reinfeld liest. Die Interessensgemeinschaft sei auch bereit, eine neue Leitung der Buchhandlung bei Lesungen oder weiteren Veranstaltungen zu unterstützen.

Das Interesse an der Unterschriftenaktion deutet tatsächlich darauf hin, dass es einer künftigen Buchhandlung nicht an Kunden mangeln würde. „Die Resonanz der Reinfelder Bürgerinnen und Bürger war riesig“, so Claudia Schönbohm, die stellvertretende Vorsitzender der Wählerinitiative Reinfeld ist. „Der Zuspruch lang bei rund 90 Prozent der Bevölkerung.“

Innerhalb kurzer Zeit sind durch die Aktion 500 Unterschriften zusammengekommen

Fraktionsvorsitzender Manfred Schönbohm sagt: „Ob auf dem Wochenmarkt, in der Innenstadt oder am Bahnhof – binnen zwei Stunden hatten wir jeweils 100 Unterschriften zusammen. Die Reinfelderinnen und Reinfelder haben quasi im Minutentakt unterschrieben.“ Ebenfalls an der Aktion beteiligte sich WIR-Vorsitzender Torge Hanemann. „In den Gesprächen, die sich dabei ergaben, wurde die Schließung sehr bedauert, und alle haben sich gewünscht, dass es dort weiterhin eine Buchhandlung geben soll“, so Hanemann.

Wie WIR-Pressesprecher Andreas Mucenieks auf Nachfrage unserer Redaktion sagt, seien binnen einer Woche mehr als 500 Unterschriften zusammengekommen, außerdem habe sich ein Interessent gemeldet, dem die Unterschriften auch bereits vorgelegt worden seien. „Wir sind sehr daran interessiert, diesen historischen Ort zu erhalten“, so Mucenieks. Manfred Schönbohm sagt: „Den Interessenten haben die Unterschiften ziemlich beeindruckt.“ Aktuell laufen laut Schönbohm Gespräche mit den Eigentümern. Weitere Interessenten können sich per E-Mail an moritz_1@t-online.de an das Ehepaar Eden wenden.

Buchhandlung Michaels in Reinfeld besteht seit über 60 Jahren

Die Geschichte der Traditionsbuchhandlung beginnt 1956. Damals legte Herbert Michaels mit einem Umbau den Grundstein für die heutige Buchhandlung. Seine Nachfolge trat Familie Viehmann an, die 2003 den Staffelstab an Sieglinde Eden übergab. Deren Engagement ist es wohl zu verdanken, dass die Buchhandlung weit über die Grenzen Reinfelds hinaus bekannt wurde.

Denn sie modernisierte das Sortiment und war eine der ersten Buchhändlerinnen, die ihrem Kundenstamm ein Onlineangebot über die Internetplattform Genialokal ermöglichte. Im Jahr 2014 übergaben die Edens die Geschicke in jüngere Hände. Die gelernte Verlagskauffrau Nadja Benecke führte die Buchhandlung durch die kommenden Jahre, bis sie 2022 ausschied und ihre Nachfolgerin übernahm.

Innenstadt Reinfeld hat seit Jahren mit Leerstand zu kämpfen

Die Eigentümer Ewald und Sieglinde Eden sagten im Gespräch mit unserer Redaktion zuletzt, es wäre ihr großer Herzenswunsch, die Buchhandlung zu erhalten. Dennoch: „Wenn das gar nicht klappt, müssen wir uns natürlich auch für eine andere Nutzung öffnen, Leerstand wäre noch schlimmer“, so Ewald Eden. Davon ist die Reinfelder City nämlich seit Jahren gebeutelt.

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Im März 2023 hatte die Bäckerei Junge ihre Filiale in der zentralen Einkaufsstraße aufgegeben. 16 Jahre lang hatte die Bäckerei mit angegliedertem Café die Reinfelderinnen und Reinfelder mit frischem Brot, Brötchen und Kuchen versorgt. Viele waren traurig darüber, auch hier setzte sich die Politik für eine Lösung ein.

Bald soll Drogeriemarktkette Rossmann in die City ziehen

Wie berichtet, wurde diese auch gefunden: Die Schwestern Gülcan Hocoglu, Dilek und Melek Serbest machten sich in den Räumen mit ihrem Café Schwesterherz selbstständig und erfüllten sich damit einen lang ersehnten Traum. Das Café ist gut besucht und scheint bei den Menschen anzukommen. 

Das ist aber nicht die einzige gute Nachricht. Viele Jahre waren die drei leer stehenden Gebäude, in denen sich der einstige Drogeriemarkt Schlecker, das Traditionslokal Milchbar und Eis Witt befunden hatten, ein Schandfleck in der City. Sie werden durch einen Neubau ersetzt, in den die Drogeriemarktkette Rossmann einziehen wird.