Reinbek/ Oststeinbek. Ein Havighorster Unternehmen bietet eine Lösung an, die von Feuerwehren genutzt wird. Wie ein Quarantänecontainer funktioniert.
Die Deutschen und ihr Auto: Das ist eine besondere Beziehung. Kompliziert wird sie, wenn ein Elektroauto ins Spiel kommt. Die Fahrzeuge haben es nach Auslaufen der E-Prämie schwer, die Herzen der deutschen Autokäufer zu erobern. Zu teuer, zu geringe Reichweite und schlechte Ladeinfrastruktur werden als Gründe aufgezählt, und dann wird doch wieder ein Benziner gekauft. Kein Wunder, dass der Absatz schwächelt und im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat laut Bundeskraftfahrtamt um über 30 Prozent einbrach.
Ein weiteres Argument, das E-Auto Skeptiker immer wieder anführen ist: Die Elektrischen sind viel gefährlicher als Benziner. Angeblich geraten sie schneller in Brand und die Batterie entzündet sich beim Laden selbst.
Feuerwehr: Elektroauto brennt – was ist dann zu tun?
„Das deckt sich nicht mit unseren Erfahrungen“, sagt Volker Arp, Landesgeschäftsführer des Feuerwehrverbands Schleswig-Holstein. Auch Statistiken decken dieses Vorurteil nicht. So kam jüngst das Rostocker Institut für Sicherheitstechnik und Schiffssicherheit nach Auswertung von europaweiten Daten zu dem Schluss, dass keine erhöhte Brandgefahr von E-Autos ausgeht.
„Wenn aber eines brennt, dann ist das Löschen um ein Vielfaches komplizierter, aufwendiger und dauert länger“, sagt Reinbeks Wehrführer Marcus Bradtke-Hellthaler, der dazu schon viele Schulungen besucht und Übungen absolviert hat. In diesem Jahr allerdings musste seine Wehr noch zu keinem E-Fahrzeugbrand ausrücken.
Einige setzen auf Feuerlöschdecken, andere auf kühlenden Sand
Neben der starken und hochgiftigen Rauchentwicklung ist bei einem brennenden E-Auto zudem die Gefahr groß, dass sich das Fahrzeug mit der Hochvoltbatterie nach dem Löschen noch Stunden und Tage später wieder selbst entzündet. „Das ist durchaus eine Gefahr, die man im Blick haben muss“, sagt Arp.
Jede Wehr im Land banne diese Gefahr anders und mit der Technik, die ihr zur Verfügung stehe. Einige setzen Feuerlöschdecken ein, andere kühlenden Sand. „Wieder andere stellen das Fahrzeug in einen Quarantänecontainer“, weiß Volker Arp. „Hauptsache, das Feuer ist aus“, sagt der Feuerwehrmann aus Laboe.
Die Reinbeker Wehr — genauso wie die Oststeinbeker, Havighorster und Hamburger Wehren – setzen auf die saubere und sichere Lösung Quarantänecontainer. „Im Gegensatz zu den Decken können dann keine giftigen Teilchen umherfliegen, und Tonnen an Sand müssen auch nicht bewegt werden“, zählt der Havighorster Feuerwehrmann Jörn Schwarzenbek die Vorteile auf.
Bei solchen Einsätzen arbeiten die Retter eng mit dem Hamburger Abschleppdienst Struck zusammen, der auf dem Hof seiner Zweigstelle in Havighorst drei Quarantänecontainer verschiedener Größen und Ausführung stehen hat.
Die Hoffnung auf eine Trendwende im Mobilitätssektor ist noch nicht aufgegeben.
Vor drei Jahren hat der Chef Michael Struck die für viel Geld angeschafft und bis zu 65.000 Euro in jeweils einen Stahlcontainer mit Dach, Brand- und Löschanlage investiert. „Anfangs war die Nachfrage groß“, sagt der 52-jährige Hamburger. Momentan sei sie verhaltener und der Geschäftszweig eher ein Zuschussgeschäft, gesteht er offen.
Was die Gründe dafür sind, könne er nicht genau sagen. An der großen Konkurrenz zumindest liege es nicht, in dem Geschäftsfeld gebe es nicht viele Mitbewerber. Die Hoffnung, dass es eine Trendwende im Mobilitätssektor gibt, hat der Unternehmer, der gern neue Wege geht, noch nicht aufgegeben.
Mindestens drei Tage verbleiben die Brandobjekte in Quarantäne
Ein Container ist gerade wieder frei geworden. Darin lagerte zwar kein Auto, aber der Speicher einer Solaranlage aus dem Keller eines Oststeinbeker Privathauses. Der fing quasi aus dem Nichts heraus an zu brennen.
Alles, worin ein Akku verbaut ist — E-Roller, Rasenroboter, SUV— kann Struck in dem sechs Meter langen und knapp drei Meter breiten Container lagern und notfalls unter Wasser setzen. Mindestens drei Tage verbleiben die Brandobjekte in Quarantäne. „Wir überprüfen dann regelmäßig mit einer Wärmebildkamera die Hitzeentwicklung im Innern“, sagt Feuerwehrmann Schwarzenbek.
Versicherung und Hersteller streiten seit Monaten darum, wer die Kosten übernimmt
Manche in Brand geratene Akkus verbleiben auch viel länger im sicheren Container, wie der eines hochpreisigen Autos. Das E-Fahrzeug eines deutschen Herstellers war in einer Tiefgarage in Blankenese abgestellt und fing plötzlich an zu brennen. Das Feuer griff auf andere in der Tiefgarage geparkte Luxuswagen über, der Schaden stieg in die Millionenhöhe. Seitdem streiten Versicherung und Hersteller seit Monaten darum, wer die Kosten übernimmt.
Bei solch immensen Summe falle die Mietgebühr für den Container kaum noch ins Gewicht, sagt Struck mit einem Augenzwinkern. Doch günstig ist die auch nicht: Rund 1500 Euro fürs Abschleppen und drei Tage Containerquarantäne fallen in etwa an. Kosten, die der Halter oder dessen Versicherung zahlen muss.
Vom Einmannbetrieb zu einem erfolgreichen Unternehmen mit 25 Angestellten
Und einige sind nicht bereit zu zahlen, denn ein in Brand geratenes E-Auto ist in der Regel nicht mehr zu retten und muss sogar am Ende noch teuer als Sondermüll entsorgt werden. Da kommen noch mal schnell 5000 Euro obendrauf. Benziner, die gebrannt haben, seien in der Regel auch nicht mehr fahrtauglich.
Bei deren Entsorgung aber bekommt der Halter zumindest noch den Kiloschrottpreis, berichtet Struck. Dem gelernten Büromaschinenmechaniker ist es gelungen, aus einem Einmannbetrieb ein erfolgreiches Unternehmen mit 25 Angestellten und einem guten Ruf aufzubauen.
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„Bei den auflaufenden Kosten bei einem E-Autoband sollten auch die für die Entsorgung des kontaminierten Löschwassers berücksichtigt werden. Und wenn es dumm läuft, muss auch die kontaminierte Kleidung der Feuerwehrleute ersetzt werden“, gibt Jörn Schwarzenbek zu bedenken.
„Dieses Ausmaß ist vielen beim Kauf eines E-Autos gar nicht bewusst“, sagt Struck. Er selbst sei aber kein Gegner der Technologie. Im Gegenteil, gern würde er seinen Fuhrpark von 50 Fahrzeugen verschiedener Größen und Klassen auf elektrischen Betrieb umstellen. Das Vorhaben aber scheitert bislang an zu geringen Reichweiten und einem zu hohen Stromverbrauch angesichts der Tonnen, die bewegt werden.
An seinem Traum hält Michael Struck aber weiter fest: Der Unternehmer will die derzeit mit Diesel befeuerten Hochdruckpumpen einer Ölspurmaschine elektrifizieren.