Großhansdorf. Im Schulzentrum Schmalenbeck herrscht akute Raumnot. Experten warnen: Beschlossener Anbau wird nicht ausreichen. Was nun geplant ist.
Im vergangenen Juli hat der Schulverband Großhansdorf beschlossen, das Schulzentrum Schmalenbeck um einen Anbau mit zehn zusätzlichen Klassenräumen zu erweitern. Kostenpunkt: Rund 7,1 Millionen Euro. Gerade einmal ein Jahr später ist klar: Das geplante Gebäude wird nicht ausreichen.
Schon bei seiner Fertigstellung, die für Herbst 2028 vorgesehen ist, wird der Neubau zu klein sein. Zu diesem Ergebnis kommen Experten, die die räumlichen Anforderungen des Schulzentrums im Auftrag der Verwaltung untersucht haben, ehe die Detailplanung für den Anbau startet.
Schulzentrum Großhansdorf: Anbau ist bereits vor dem Baubeginn zu klein
Die Berater haben dazu in den vergangenen Monaten unter anderem mehrere Workshops mit Schülern und Lehrern durchgeführt sowie den Raumbedarf mit anderen Schulen verglichen. Am Donnerstag stellten sie in der Schulverbandsversammlung die Ergebnisse vor.
„Das Schulzentrum hat in den vergangenen Jahrzehnten ein nicht unerhebliches Wachstum erlebt und dieses Wachstum ist noch nicht zu Ende“, prognostizierte Egon Tegge vom Hamburger Büro Schulberatung und Konfliktmanagement. Der Zuzug von Familien aus Hamburg in die Randgemeinden werde anhalten.
Neue pädagogische Konzepte verändern räumliche Anforderungen
„Gleichzeitig haben wir es mit einer Schülerschaft zu tun, deren Heterogenität immer größer wird“, so Tegge, der viele Jahre lang Schulleiter des Goethe-Gymnasiums in Hamburg war. Dem begegne die Pädagogik mit neuen Lernkonzepten, die sich immer stärker vom klassischen Frontalunterricht entfernten.
„Um diese pädagogischen Konzepte umsetzen zu können, müssen die räumlichen Voraussetzungen gegeben sein“, so der Experte. Dazu brauche es Differenzierungsräume für Projekt- und Gruppenarbeiten sowie „offene Lernwelten“ mit Aufenthaltsqualität. „Das Schulzentrum ist eine klassische Flurschule mit vielen langen, dunklen Fluren, wie man sie in den 1950er- und 1960er-Jahren gebaut hat“, so Tegge. Damit genüge es den aktuellen pädagogischen Anforderungen überhaupt nicht mehr.
In den kommenden drei Jahren soll Schülerzahl laut Prognose um 400 steigen
Doch dunkle Flure sind nicht das Hauptproblem. Vielmehr geht es darum, dass überhaupt alle Kinder und Jugendlichen in den Gebäuden untergebracht werden können. Das Schulgelände an der Sieker Landstraße teilen sich die Grundschule Schmalenbeck, die Friedrich-Junge-Schule (FJS) und das Emil-von-Behring-Gymnasium (EvB) mit zusammen rund 1800 Schülern. Bereits in drei Jahren sollen es laut Prognose 2200 sein.
Das EvB ist bei Schülern und Eltern nicht nur aus den Verbandsgemeinden Großhansdorf, Hoisdorf und Siek beliebt, sondern auch in den umliegenden Gemeinden. Seit einigen Jahren ist das Gymnasium durchgehend fünfzügig. Schon jetzt gibt es zwei Klassen mehr als Klassenräume. Das funktioniert nur durch einen ausgeklügelten Stundenplan. Die Auslastung der Räume liegt laut Schulleiter Frank Weis annähernd bei 100 Prozent.
Rückkehr zu G9 und Anspruch auf Ganztagsbetreuung erfordern mehr Räume
Durch die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium in Schleswig-Holstein wird 2026 ein 13. Jahrgang mit fünf weiteren Klassen hinzukommen. Im selben Jahr tritt auch der Rechtsanspruch auf einen Platz in der Offenen Ganztagsschule (OGS) an den Grundschulen in Kraft.
Stefan Gertz, Leiter der Grundschule, geht davon aus, dass ein Großteil der Eltern diesen nutzen wird. Im Schuljahr 2022/2023 waren bereits 170 der 242 Jungen und Mädchen, das sind rund 70 Prozent der Grundschüler, für die OGS angemeldet. Dabei fehlt es der Grundschule schon jetzt an Räumen für die Nachmittagsbetreuung.
Am Schulzentrum sind mindensten 13 zusätzliche Klassenräume notwendig
Vor diesem Hintergrund hatten Großhansdorfs Schulverbandsvertreter im Juli 2023 nach langer Diskussion beschlossen, einen zweigeschossigen Anbau mit zehn Klassenräumen zu errichten. Der Erweiterungsbau mit rund 1700 Quadratmetern Bruttogeschossfläche soll sich an das Nebengebäude der FJS anschließen.
Doch dem Gutachten zufolge, das Schulberater Egon Tegge gemeinsam mit Architektin Nathalie Dudda vom Hamburger Büro tun-architektur erstellt hat, wären mindestens 13 zusätzliche Klassenräume notwendig, um den Platzbedarf aller drei Schulen zu decken. Denn neun der derzeitigen Räume seien deutlich kleiner als die empfohlene Größe von 60 Quadratmetern, drei davon sogar kleiner als 50 Quadratmeter. Laut Tegge sind die Defizite des in den 1960er-Jahren errichteten Schulzentrums so gravierend, „dass man auch ernsthaft über einen kompletten Abriss und Neubau hätte nachdenken können.“
Architektin schlägt Aufstockung von Fachklassen- und Umkleidetrakt vor
Besonders groß ist die Raumnot am EvB. Dort fehlen, die zu kleinen Räume nicht berücksichtigt, elf Klassenzimmer sowie Differenzierungsflächen mit insgesamt rund 1250 Quadratmetern. Insgesamt müsste das Schulzentrum um rund 2600 Quadratmeter wachsen. An dem Standort am Nebengebäude der FJS, auf den sich die Schulverbandsvertreter im vergangenen Jahr nach monatelanger Diskussion geeinigt hatten, wäre ein so großer Neubau aber laut Dudda nicht möglich.
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Deshalb brachte die Architektin eine Variante wieder ins Spiel, die eigentlich bereits vom Tisch war. Diese sieht zusätzlich zu dem Anbau eine Aufstockung des Umkleidetraktes des EvB und des Fachklassentraktes der FJS um je ein Geschoss mit weiteren Unterrichtsräumen vor. Damit könnte der Raumbedarf aller drei Schulen zu 100 Prozent gedeckt werden. Die zu kleinen, derzeitigen Klassenräume könnten zu Differenzierungsflächen umgestaltet werden. Kosten: rund 12,9 Millionen Euro.
Große Lösung findet bei den Schulverbandsvertretern keine Mehrheit
Für diese Lösung gab es in der Schulverbandsversammlung jedoch keine Mehrheit. Aus Kostengründen seien sie nicht darstellbar, waren sich CDU, SPD, Grüne, FDP und Wählergemeinschaft DGH einig.
„Alle Wünsche und Bedarfe zu 100 Prozent zu erfüllen, ist aus finanziellen Gründen hier und jetzt nicht darstellbar“, sagte Andrea Schmolling (CDU). Hoisdorfs Bürgermeister Alexander Frank (DGH) betonte, für seine Gemeinde sehe er „wenig bis gar keinen Spielraum“, was Mehrkosten anbelange. „Wir können uns die großen Varianten nicht leisten.“
Schulleiter sprechen sich für die Variante mit Aufstockungen aus
Von den anwesenden Schulleitern gab es dagegen Zuspruch zu dem von Tegge und Dudda vorgelegten Vorschlag. „Das Konzept ist in die Zukunft gerichtet“, sagte EvB-Direktor Frank Weis. „Wir müssen uns auf den Weg machen, Schule so zu denken, wie sie zukünftig sein wird.“
Letztlich setzte sich mit großer Mehrheit ein Kompromiss durch: keine Aufstockungen, dafür der größte, am FJS-Nebengebäude mögliche Anbau. Dieser würde über rund 2100 Quadratmeter Fläche verfügen, 400 mehr als das ursprünglich geplante Gebäude. Damit könnte der Raumbedarf zu 81 Prozent gedeckt werden. Die Kosten liegen bei rund neun Millionen Euro.
Containerprovisorium kostet noch einmal 700.000 Euro zusätzlich
Sandrine Klimek (SPD) sprach von einer „guten Lösung“, Andreas Bitzer (CDU) von der Variante mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis. FDP-Vertreter Johannes Basler warnte allerdings, die Planungen für weitere Erweiterungen dürften mit dem Beschluss nicht aufhören: „Die Raumbedarfe sind da und werden nicht sinken.“ Es müsse das Ziel bleiben, irgendwann zu einer 100-Prozent-Deckung zu kommen.
Mit dem Votum der Schulverbandsvertreter kann die Verwaltung nun mit der Vorbereitung der Ausschreibung der Planungs- und Bauleistungen beginnen. Ein Baubeginn ist frühestens im Juli 2026 möglich. Bis der Anbau bezugsfertig ist, soll es anschließend rund 26 Monate dauern. In der Zwischenzeit soll der neue 13. Jahrgang am EvB ab 2026 ein Containerprovisorium beziehen. Dafür kommen zu den Baukosten laut Schätzungen der Verwaltung noch einmal knapp 700.000 Euro hinzu.