Reinbek. Borkenkäfer zerstören den Fichtenbestand in Reinbek. Deshalb soll jetzt mit Laubbäumen aufgeforstet werden. Die Pläne.
Gerade hat der scharfe Ostwind wieder eine Rotfichte im namenlosen Gehölz am Glinder Weg umgeknickt – die Nadelbäume dort sind durch den Borkenkäfer stark geschädigt. „Zum Glück ist sie nicht auf den Weg gestürzt“, stellt Eduard Balzasch aus dem Umweltamt Reinbeks erleichtert fest. Für die Stadtverwaltung steht fest: Dort muss allein wegen der Verkehrssicherungspflicht etwas getan werden. Denn der kleine Wald zwischen Glinder Weg und Kreisstraße 80 wird von Radfahrern und auch von Spaziergängern mit ihren Hunden viel genutzt. Sie werden sich bald übergangsweise eine neue Route suchen müssen.
Die Stadt hat sich nämlich mit der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein und der Forstbetriebsgemeinschaft Stormarn, deren Mitglied die Stadt Reinbek als Waldeigentümerin von etwa ist, zusammengetan. Sie haben für ihren namenlosen Patienten eine Therapie ausgearbeitet. Die Förster haben vor allem im Auge, dass sich der Schädling nicht noch stärker vermehrt. Das gemeinsame Ziel: Der Wald soll langfristig widerstandsfähiger und robuster werden.
Waldumbau geplant - Klimawandel ist schuld am Befall
„70 Prozent der Nadelbäume hier sind vom Borkenkäfer befallen“, sagt Reinhard Schulte, Stormarns Bezirksförster der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Schuld an dem massiven Vorkommen habe der Klimawandel. Bei der Trockenheit der Hitzejahre 2018 bis 2020 habe ein Baum keinen Harzdruck mehr. „Das heißt, er kann die Bohrlöcher des Borkenkäfers nicht mehr verschließen“, erklärt Eduard Balzasch vom Reinbeker Umweltamt. Der gefräßige Käfer hingegen ist in der Lage sich allen klimatischen Bedingungen anzupassen. In heißen Jahren vermehrt er sich in vier Generationen. Und die Nachkommen fliegen in einem Radius von vier Kilometern weiter, um sich fortzupflanzen. „Deshalb kann man sie nur mit Fällungen in den Griff bekommen“, sagt Balzasch. Nur der aktuelle strenge Frost dezimiere den Borkenkäfer.
Nach dem Krieg seien die Holzbestände größtenteils verheizt und als Reparationszahlungen an die Alliierten abgegeben worden. Als man in den 50er-Jahren wieder aufforsten wollte habe man nur Rotfichtensamen gehabt. Deshalb gibt es heute so viele Monokulturen. Zwischen Glinder Weg und K80 zerstören nun Buchdrucker und Kupferstecher den Fichtenbestand. Daher lautetet das Rezept: mit Laubbäumen wie Eichen, Rot- und Hainbuchen, Bergahorn und Kirschen aufforsten.
Während der Fällungen ist der Wald gesperrt
Zuerst müssen auf einer Fläche von 4.400 Quadratmetern, einem Streifen parallel zum Glinder Weg innerhalb der nächsten 14 Tage die Rotfichten gefällt werden. „Wir wollen die Brut- und Setzzeit bis März berücksichtigen“, erklärt Steffen Burkhard, Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft Stormarn. Das ist wegen der „Kalamität“ genannten, durch den Schädlingsbefall hervorgerufenen Nöte, nicht vorgeschrieben, sondern gewollt. Auch den BUND und die Klimaschutzinitiative Sachsenwald habe die Stadt für die Vorplanung mit ins Boot geholt, berichtet Bürgermeister Björn Warmer: „Wir werden vor ab noch prüfen ob Haselmäuse oder ähnliche Arten hier leben.“
Vereinzelt müssen noch geschwächte Pappeln, Birken oder Eschen gefällt werden. „Ansonsten ist der Baumbestand hinter dem Fichtenstreifen aber schon genau so, wie wir ihn haben wollen“, stellt Steffen Burkhard fest. Während der Hawester die Bäume erntet, muss der Wald gesperrt werden. Die Stadt will daher noch Plakate an den Eingängen aufstellen und auch in den sozialen Medien über den Grund der Arbeiten informieren.
2200 Bäume werden nachgepflanzt
In einem zweiten Schritt bereitet ein Forstmulcher den Boden auf die Bepflanzung vor. Zum Schutz der Jungpflanzen gegen den Appetit der Rehe wird ein etwa 1,80 hoher Wildschutzzaun aufgestellt. Er muss bis zu sieben Jahre stehen bleiben, um die Aufforstung zu schützen. Im März oder April werden die Forstarbeiter Eichen, Rot- und Hainbuchen, Bergahorn und Kirschen, insgesamt etwa 2200 80 bis 120 Zentimeter hohe Bäume neu anpflanzen. Außerdem sind am Waldrand noch Gehölze, wie Hasel, Wildapfel, Pfaffenhütchen, Roter Hartriegel und Weißdorn vorgesehen. So soll aus der Monokultur der robuste Mischwald entstehen.
Die Stadt Reinbek hat über die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein eine EU-Förderung beantragt. Bis zu 85 Prozent kann der Zuschuss umfassen. Zudem wird der Umbau über die Erlöse des Holzeinschlags finanziert. Das Fichtenholz wird zu Spanplatten, Paletten und Papier verarbeitet. Knospen und Nadeln hingegen bleiben als Dünger auf dem Gelände.