Reinbek. Karen Schönbrodt vom Tierheim Einhorn päppelt Vögel auf. Ihr Appell: Weniger Wüste in Reinbeks Gärten, damit Tiere leben können.

Zeitweise kutschiert Karen Schönbrodt sechs Vogelkäfige durch Reinbek. In ihnen wohnen kleine Schwalben, Sperlinge und Spatzen – dehydriert, verletzt und abgemagert. Die Leiterin des Tierheims Einhorn gibt ihr Bestes, die Vogelbabys aufzupäppeln und schnellstmöglich in Freiheit entlassen zu können.

Wie die aktuelle Rote Liste der brütenden Vögel in Deutschland zeigt, sind über die Hälfte der 259 dauerhaft hier brütenden Vogelarten gefährdet. 14 Arten sind demnach in Deutschland ausgestorben, sechs weitere Arten stehen kurz davor.

Zahl ihrer Schützlinge hat sich in wenigen Jahren verdreifacht

Auch die 59-Jährige Tierschützerin merkt schmerzlich: Immer mehr junge Vögel in Reinbek benötigen Hilfe. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren hat sich die Zahl ihrer Schützlinge verdreifacht.

Knapp ein Drittel überleben nicht. Sie mahnt: „Nur mit der Hitze hat es nichts zutun, sondern mit uns Menschen. Es wird immer mehr bebaut. Territorien weichen für Carports. Ordentliche Gärten kosten vielen Tieren das Leben.“

Das Aufpäppeln von Tieren bereits als Mädchen von der Mutter gelernt

Ist es eine Meise? Oder doch ein Spatz? Karen Schönbrodt ist noch unsicher, womit sie es bei diesem Nackedei zutun hat.
Ist es eine Meise? Oder doch ein Spatz? Karen Schönbrodt ist noch unsicher, womit sie es bei diesem Nackedei zutun hat. © BGZ | Ann-Kathrin Schweers

Karen Schönbrodt lernte das sogenannte Päppeln bereits mit acht Jahren von ihrer Mutter. Als Leiterin der Tierherberge Einhorn am Senefelder Ring nimmt sie seit etlichen Jahren Jahren kranke, verletzte oder ausgehungerte Wildvögel auf.

„Angefangen hat alles mit Tauben“, sagt sie. Heute piepsen Wildvögel jeglicher Art in den Vogelkäfigen am Senefelder Ring oder bei Karen Schönbrodt zu Hause.

Von Bergedorf nach Reinbek geradelt, um einen Jungvogel abzugeben

Ehepaare finden immer öfter hilflose Tiere auf dem Rasen oder in den Beeten und bringen sie vorbei. Ein 16-Jähriger radelte sogar von Bergedorf aus durch den Regen nach Reinbek, um einen Jungvogel im desolaten Zustand abzugeben. Tierlieb, das seien die Menschen, denen Schönbrodt begegne, allemal.

Aber vielen mangelt es an Bewusstsein für ihr eigenes Mitverschulden, findet die 59-Jährige. Zuletzt in den Medien waren etwa Mähroboter, die für schlimme Verstümmelungen bei wehrlosen Igeln sorgen. „Aber auch junge Vögel werden durch die Roboter geschreddert. Das bekommen viele gar nicht mit, weil von ihnen nicht viel übrig bleibt“, sagt Karen Schönbrodt. „Das muss nicht sein.“

Mehr Natur in dem heimischen Garten wagen

Wann immer sie die Möglichkeit hat, spricht sie deshalb die Menschen direkt an. Muss es denn wirklich der englische Rasen sein? Kann nicht wenigstens ein wilder Streifen stehenbleiben? Alles gerade, kein Raum für eine Pfützenbildung.

Wie wäre es da mit einer kleinen Wasserschale? Büsche weg, Rasen weg, Bäume abgesägt. Und von der Chemiekeule und Schottergärten will sie gar nicht erst anfangen.

Schluss mit Öko-Wüste – Reinbek sollte dem Glinder Vorbild folgen

Wie in Glinde durch die Politik beschlossen, wünscht Karen Schönbrodt sich auch ein Verbot der ökologischen Wüsten für Reinbek. „Weil Muttertiere in solchen Gärten keine Nahrung mehr finden, schmeißen sie ein Vogelbaby nach dem anderen aus dem Nest. Sie landen dann bei Einhorn.“

Mehr als 25 Tiere hat sie derzeit in Pflege. Die Jüngsten päppelt sie mit Elektrolyten und Darmbakterien auf, um sie langsam wieder ans Futtern zu gewöhnen. Auch regelmäßige Besuche beim Tierarzt stehen auf der Tagesordnung. Ein zeitaufwendiger Job, die wackereren Piepmätze wollen auch einmal in der Stunde gefüttert werden, nachts etwa alle drei Stunden.

Gefiederter Schützling verfuttert 30 bis 50 Euro, bis er ausgewildert werden kann

Die Tiere sind zwar klein, aber bis zum erfolgreichen Auswildern nach bis zu sechs Wochen futtert ein Vogel Maden, Mehlwürmer und Heimchen im Wert von 30 bis 50 Euro. Spenden sind daher, sowie generell für die Arbeit des Vereins, willkommen. Wer helfen möchte, meldet sich bei Karen Schönbrodt (0171/536 06 31), bringt Futter vorbei oder schickt ein Paket an den Senefelder Ring 46. Spenden geht auch online: www.einhornev.de.

  • Keine Corona-Hunde in Reinbek

Wo etwa im Elmshorner Tierheim immer mehr unüberlegt angeschaffte „Corona-Hunde“ abgegeben werden, kann sich Karen Schönbrodt nicht über einen Ansturm beklagen. Im Gegenteil, die Einrichtungsleiterin in Reinbek spricht ein Lob an die Menschen vor Ort aus. „Bei uns wurde nicht ein Corona-Tier abgegeben. Reinbeker sind anscheinend sehr sympathisch“, so Karen Schönbrodt.

Die Tierrechtsorganisation Einhorn ist ein gemeinnützig anerkannter Tierschutzverein, der in Not geratenen Tieren hilft. Der Verein wurde im Sommer 1995 gegründet.

120 Tiere – von Hund, Katz und Maus über Meerschweinchen, Kaninchen, Vögel, Schildkröte und Minischwein – leben in der Reinbeker Tierherberge am Senefelder Ring.