Kreis Segeberg. Eine Familie rettet Kaninchen, das Tierheim mischt sich ein. Am Ende hagelt es Kritik für die, denen eigentlich Dank gebührt.

Eine Norderstedter Familie findet am Straßenrand drei ausgesetzte oder entlaufene Hauskaninchen, richtet ihnen im heimischen Garten einen Holzschuppen als Stall ein und beherbergt hier wenige Tage nach dieser gut gemeinten Rettungstat sogar zehn Hoppler, weil eines der Tiere trächtig war. Die Bude wird zu eng, das Tierheim Henstedt-Ulzburg schaltet sich ein, plötzlich mischt das Ordnungsamt mit, und es hagelt von allen Seiten Kritik und Pöbeleien dafür und dagegen. In einer Vehemenz, die man in Deutschland eigentlich nur erreicht, wenn es um Geschwindigkeitsbegrenzungen oder eben um Haustiere geht.

Mal abgesehen davon, dass eine Pöbelei jeglicher Art – von welcher Seite auch immer – lediglich das Eingeständnis individueller Intellektschwäche ist (vom Benimm-Defizit ganz zu schweigen), ist festzuhalten: Der Retter-Familie gebührt Dank, weil es aus Kaninchensicht zweifellos das bessere Schicksal ist, im Holzschuppen mit nicht so üppigen Auslauf, jedoch bei regelmäßiger Fütterung unterzukommen, anstatt alternativ unter einem Autoreifen als Landstraßen-Tattoo zu enden.

Und dem Tierheim-Team gebührt Dank, weil es sich um die artgerechte Haltung aller Tiere kümmert. Dass man in dieser Hinsicht an seinen Mitbürgern verzweifeln kann, beweisen die tierischen Pandemie-Auswüchse. Im Lockdown wollten unfassbar viele Leute schnellstmöglich Hunde, Katzen, sprechende Papageien haben – entweder weil sie allein zu Hause saßen oder die Zwangsisolation mit PartnerInnen nervte und sie was zur Ablenkung brauchten.

Mittlerweile nerven die Viecher, also werden sie verschenkt, verkauft, im Tierheim abgegeben oder an der Landstraße aus dem Auto geschubst. Mit den Tieren kann man ja machen, was man sich bei PartnerInnen nicht traut.

Ich selbst bin nicht so der Haustier-Freund und würde lieber allein leben, als auf den Hund (oder die Katze oder sprechende Papageien) zu kommen. Vielleicht kann ich daher nur bedingt mitreden. Aber, ganz ehrlich: Wäre ich in diesen Tagen ein Tierheim-Mitarbeiter, würde ich rund um die Uhr an individueller Intellektschwäche kränkeln und aus dem Fluchen kaum noch herauskommen.

Zu viele von uns benehmen sich im Umgang mit Tieren unverantwortlich. Deshalb ist es begrüßenswert, dass es Institutionen gibt, die sich professionell ums Verantwortungsbewusstsein in diesen Angelegenheiten kümmern. Und die Kaninchenretter-Familie hat an der Landstraße ganz spontan enorm verantwortungsbewusst gehandelt. Da sollte sich ein Konsens finden lassen.

Auch ohne Ordnungsamt. Erst recht ohne Pöbelei.