Ahrensburg. Ausgabe der Einkaufsgutscheine an alle Bürger wegen des Lockdowns gebremst. SPD fordert, das Vorhaben zu überdenken.
Eigentlich sollte es nach Ostern endlich losgehen, doch nun ist der Start des Ahrensburger Stadtgeldes ein weiteres Mal verschoben worden. Einen neuen Termin gibt es nicht. „Der Beginn des Aktionszeitraums am 6. April ist illusorisch“, sagte Bürgermeister Michael Sarach in der Stadtverordnetenversammlung mit Blick auf den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz, die Corona-Maßnahmen bis mindestens 18. April zu verlängern. Sobald ein Ende des Lockdowns absehbar sei, werde die Verwaltung mit den Politikern einen neuen Starttermin abstimmen.
Aktion wurde bereits mehrfach verschoben
Es ist bereits das vierte Mal, dass die Aktion verschoben werden muss. Die Stadtverordneten hatten Ende September nach kontroverser Diskussion beschlossen, Einkaufsgutscheine an alle mehr als 34.000 Ahrensburger zu verteilen, um die besonders von der Corona-Krise getroffenen Geschäfte, Restaurants und Cafés zu unterstützen. Jedes Kind unter 18 Jahren soll einen Gutschein über 50 Euro, alle Erwachsenen einen über 30 Euro erhalten.
Das Stadtgeld soll während eines sechswöchigen Aktionszeitraums in den Läden der Schlossstadt einlösbar sein. Die Kosten für die Stadtkasse werden auf rund 1,3 Millionen Euro geschätzt. Ursprünglich war die Aktion als Ausgleich für die Einnahmeausfälle während der ersten Schließung zwischen März und Mai des vergangenen Jahres gedacht gewesen. Doch der zweite Lockdown durchkreuzte die Pläne für den 18. Januar als Starttermin ebenso wie für den 1. Februar, 1. März und nun auch 6. April.
CDU und Grüne wollen an dem Vorhaben festhalten
Politisch war das Stadtgeld von Beginn an umstritten. CDU und Grüne, die das Projekt mit ihrer Mehrheit im Parlament vorangetrieben hatten, stehen weiter dahinter. „Wir halten es für sinnvoll und werden davon nicht abrücken“, sagt CDU-Fraktionschef Detlef Levenhagen. „Wichtig ist uns, dass beim Start alle Geschäfte und die Gastronomie mit Sicherheit geöffnet haben. Wenn das erst im Sommer sein sollte, warten wir so lange.“ Auch die Grünen wollen, dass Einzelhändler und Gastronomen von den Gutscheinen profitieren. „Sobald beide Branchen öffnen dürfen, werden wir sofort starten“, sagt die Fraktionsvorsitzende Nadine Levenhagen. Aktuell sei der Zeitpunkt überhaupt nicht absehbar. „Wir halten die Aktion aber absolut für notwendig, um die Innenstadt zu unterstützen“, sagt sie. „Es ist schade, dass sich der Effekt, den wir uns davon versprechen, immer weiter hinauszögert.“
Kritik von SPD, FDP, Linken und WAB
Die SPD schlägt dagegen vor, die erneute Verschiebung zum Anlass zu nehmen, noch einmal über Alternativen nachzudenken, um die Händler und Gastronomen in der Corona-Krise zu unterstützen. „Wir teilen die Sorge um die Innenstadt“, sagt Fraktionschef Jochen Proske. „Viele sind durch die Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen.“ Er schlägt einen ergebnisoffenen Runden Tisch mit Vertretern des Stadtforums, des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) und dem neuen Citymanager vor, um zu beraten, was mit dem Stadtgeld-Budget in Höhe von 1,3 Millionen Euro gemacht werden könnte, um den Kaufleuten besser zu helfen. „Ahrensburg lebt davon, dass Menschen aus dem Umland zu uns kommen“, sagt Proske. „Vielleicht könnten wir dazu eine Kampagne starten.“
Auch die FDP ist der Ansicht, dass das Geld sinnvoller eingesetzt werden könnte. „Konsumgutscheine halten wir für falsch, weil dabei nach dem Gießkannenprinzip massenweise Geld ungefiltert ausgeschüttet wird“, sagt Fraktionschef Thomas Bellizzi. Er habe die Befürchtung, dass viele Gutscheine bei Filialisten wie Kik und Tedi anstatt bei den inhabergeführten Läden eingelöst werden. „Fachlich ist die Aktion Blödsinn“, sagt Bellizzi. „Warum gibt es außer Ahrensburg wohl bundesweit nur eine weitere Stadt, die ein Stadtgeld eingeführt hat?“ Er bezieht sich auf Marburg, das bereits im Sommer 2020 Einkaufsgutscheine an ihre Bürger verteilt hatte.
Auch die Linken halten das Vorhaben weiter für sinnlos, wie Fraktionschef Ali Haydar Mercan sagt. „Wir möchten den Betrieben lieber anders helfen. Wir könnten die Innenstadt zum Beispiel mit Aktionen beleben, damit Menschen zum Einkaufen und für Cafébesuche zu uns kommen und Geld ausgeben.“
Auftrag für den Druck der Gutscheine bereits erteilt
Peter Egan betont, die demokratisch getroffene Entscheidung zum Stadtgeld zu akzeptieren. „Angesichts eines Nachtragshaushalts, der 13 Millionen Euro Verlust aufweist, bin ich bei so hohen Kosten aber etwas besorgt“, sagt der Fraktionschef der Wählergemeinschaft WAB. Und weiter: „Ursprünglich war der Zweck der Aktion, Betrieben zu helfen, wie während des ersten Lockdowns vor einem Jahr schließen mussten.“ Konzeptionell ergebe die Aktion nun keinen Sinn mehr. Egan sagt: „Das Einzige, das noch bleibt, ist, dass wir den Menschen Geld schenken.“
Der Auftrag für den Druck der Gutscheine ist laut Verwaltung bereits erteilt worden. „Das ist aber unproblematisch, weil kein Aktionszeitraum aufgedruckt ist“, sagt Sarach. Auch in einem anderen Punkt sieht der Bürgermeister keine Probleme. „Aus Sicht der Verwaltung ist die Aktion unter den Aspekten des Datenschutzes unbedenklich.“ Der Verwaltungschef reagiert damit auf die schriftliche Frage eines Einwohners in der Stadtverordnetenversammlung, der moniert hatte, die Pflicht zur Vorlage des Personalausweises bei der Einlösung der Gutscheine zur Prüfung der Berechtigung verstoße gegen Datenschutzrichtlinien. Sarach: „Die Personalien werden nirgendwo erfasst oder festgehalten.“