Reinbek. Der Umbau des Schulzentrums ist mit knapp 30 Millionen Euro die größte Investition in der Stadtgeschichte Reinbeks. Ein Ortstermin.
Der Vorhang ist kurz nach Ostern gefallen: Seitdem der größte Teil des Baugerüsts entfernt worden ist, ist die neue Fassade nach Sanierung und Erweiterung des Schulzentrums Mühlenredder weithin sichtbar. „Richtig aufregend“, findet es Architekt Klaus-H. Petersen, was jetzt zu Tage kommt: „Auf einmal steht das gesamte Gebäude da.“
Die Bauherrin Stadt Reinbek und die Planer haben sich entschieden, die Farben der Fassade monochrom in dunklem Anthrazit zu halten. „Das betont die Horizontalen und Vertikalen, die das Gebäude gliedern, noch mehr“, erläutert der Architekt. Der langgestreckte Komplex bestehe jetzt quasi aus vier Häusern dazwischen drei offene, verglaste Treppenhäuser. 10.000 Quadratmeter Nutzfläche haben die beiden Schulen, die Gemeinschaftsschule und die Amalie-Sieveking-Schule, ab Februar 2022 für insgesamt 750 Schüler zur Verfügung. Darauf verteilen sich 45 Klassenzimmer, 13 Fachräume, aber auch zwei Lehrerzimmer, Differenzierungsräume, die Küche, die Mensa samt Aula sowie Sanitärräume und Nebenräume. „Außerhalb der Klassenräume gibt es freie Lernmöglichkeiten“, erzählt Petersen. „Das ist auch pädagogisch sehr spannend.“
Die Spannung steigt: So sieht das neue Schulzentrum in Reinbek aus
Einen Aufzug für Schüler mit Handicap gibt es auch. Er führt vom großzügigen Foyer in die beiden Obergeschosse. „Das ist auch neu“, erklärt der Architekt. „In der vorigen Schule gab es keinen zentralen Eingang. Jetzt wird es hier auch Sitz- und Lernmöglichkeiten geben.“ Das Foyer reicht bis zu einem Innenhof, der für natürliches Licht sorgt und auch begehbar ist. Insgesamt gibt es vier dieser Innenhöfe.
Der gesamt Rohbau konnte weitergenutzt werden, im Westen und Osten wurde angebaut, statt 75 ist er nun 125 Meter lang. „Wie nachhaltig die Stadt Reinbek hier vorgegangen ist, ist vorbildlich“, erklärt Petersen. „Denn wir müssen sorgsam mit unseren Materialien umgehen. Der Rohbau hat unheimlich viel Kohlendioxid gekostet.“ Dies habe sich auch auf die Kosten ausgewirkt: Mit knapp 30 Millionen Euro ist das Schulzentrum zwar Reinbeks größte Investition in der Baugeschichte der Stadt, doch diese hätte bei einem kompletten Neubau durchaus teurer ausfallen können.
Der Architekt schätzt die Ersparnis auf 30 Prozent der Baukosten. Der Rohbau wurde mit einer Holzfassade verkleidet, die wiederum mit dunklen Harz-Komposit-Platten (Trespa) verblendet ist. Unterbrochen werden diese von helleren horizontalen Aluminiumbändern. Aus dem dunklen Bauwerk aus den 70er-Jahren sei ein moderner, lichter und belüfteter Komplex wie aus einem Guss geworden. Dabei wird der Altbau auch nicht versteckt: Überall gibt es Reminiszenzen, mal eine schräge Wand oder eine typische, sechseckige Aussparung im Zementträger.
Aktuell sind rund 100 Handwerker aus 20 Gewerken auf der Baustelle aktiv
Zurzeit sind zirka 100 Handwerker aus etwa 20 Gewerken auf der Baustelle aktiv. Die meisten, etwa 80, sind mit dem Innenausbau beschäftigt. Leitungen werden verlegt, Wände verputzt, Decken abgehängt und Fußböden verlegt. In den Klassenräumen verbreiten Eichenholzparkett, Fensterrahmen aus Holz, schallgedämpfte Akustikdecken und eine natürliche Beleuchtung Wohlfühl-Atmosphäre – und es herrscht ein gesundes Raumklima.
Die Klassenräume sind 65 bis 68 Quadratmeter groß und liegen somit um bis zu 15 Prozent über dem Standard. Denn im Altbau ragten Deckenträger und Pfosten als Teil der Fassade hinaus. „Das waren Energieschleudern“, stellt Klaus-H. Petersen fest. Die neuen Fenster – ihre Rahmen sind außen aus Aluminium, innen aus Holz – lassen sich auf vielfältige Weise öffnen und sorgen für eine gute Belüftung. Das alles kommt nicht von ungefähr, immerhin hatte die 2018 bei den ersten Arbeiten entdeckte hohe Asbest-Belastung für Aufruhr gesorgt. Ursache waren fehlerhaft beschichtete Glasalplatten der Firma Eternit, die sich am Metallrahmen unter den Fenstern gerieben hatten.
Alle Klassenräume erhalten digitale Smartboards
Doch aus Fehlern der Vergangenheit kann man bekanntlich auch lernen. Der Wohlfühlfaktor beim Lernen ist mehr in den Fokus gerückt, die Wünsche der Schulleitungen, Lehrenden, Schülerinnen und Schüler wurden in den Planungen berücksichtigt. Die Zeit der Kreidetafeln ist längst Vergangenheit: Alle Klassenräume erhalten digitale Smartboards, teilweise werden sie mit Whiteboards ergänzt. Die Biologie-, Chemie- oder Kunsträume haben einen Zugang ins Freie, so dass auch draußen unterrichtet werden kann. Die Schule ist rundherum über einen Weg erschlossen. Das Gelände ist öffentlich, die gesamte Schule soll mehr in die Mitte des städtischen Lebens rücken, erläutert Sven Noetzel. „Die Mensa, die in die Aula mit Bühnenbereich übergeht, soll auch für Familienfeiern oder Theatergruppen offen stehen.“ Der großzügige, helle Raum liegt im Erdgeschoss an der Südost-Ecke des Gebäudekomplexes.
Beheizt werden soll der durch ein kleines Blockheizkraftwerk, das gleichzeitig die neue Feuerwehrwache mit versorgen soll. Die ist auf dem Grundstück schräg gegenüber neben der Grundschule Mühlenredder geplant.
Im Februar soll das Schulzentrum Reinbek fertig sein
Zurzeit werden die Kinder und Jugendlichen noch in Container-Räumen etwas weiter nördlich sowie auf dem Gelände der Grundschule Klosterbergen unterrichtet. Den Zeit- und Finanzplan will die Stadt Reinbek einhalten. Architekt Petersen erklärt, die Stadt Reinbek habe noch einmal Glück gehabt, was die Baukosten angeht: „Die Materialkosten steigen momentan rasant. Wäre zwei Jahre später Baubeginn gewesen, hätte das vielleicht den Finanzplan gesprengt.“ Sven Noetzel räumt ein: „Zum Feiern ist es vielleicht noch zu früh.“ Aber er ist sicher: „Am 1. Februar ist alles fertig.“ Zum Abschluss müssten nur noch die Außenanlagen vervollständigt werden.
Fazit des Schulentwicklungsplans: Gutachterin stellt Raumbedarf fest
Gutachterin Anja Reinermann-Matatko hat dem Sozial- und Schulausschuss jetzt den Schulentwicklungsplan für das Mittelzentrum, Barsbüttel und Oststeinbek mit Fokus auf Reinbek vorgestellt. Dabei stellte sie auch einige Raumbedarfe fest und empfahl entsprechende Veränderungen.Während sie an den Grundschulen Mühlenredder und Klosterbergen keinen Handlungsbedarf sah, riet sie dazu, einen Raum der Grundschule Schönningstedt umzuwandeln. Die Offene Ganztagsschule (OGS) sei gut ausgestattet, während eine Klasse fehle.
OGS-Leiterin Petra Blöing sieht das anders: „Ich würde mich freuen, wenn ich so viele Räume hätte.“ Die Verwaltung will das Ergebnis mit ihr noch einmal besprechen. Für die Gertrud-Lege-Grundschule läuft aktuell bereits eine Raumanalyse durch das Architekturbüro Luchterhandt und Partner.Für das Gymnasium hoben die Politiker mehrheitlich einen Sperrvermerk in Höhe von 50.000 Euro für Planungskosten auf. Denn dort gibt es zwar gute Fachräume, bei G9 und einer prognostizierten Klassenstärke von 5,5 pro Jahrgang fehlen aber noch Klassen. Die SPD war dagegen. Dirk du Pin empfahl vielmehr, zunächst die frei werdenden Container der Gemeinschaftsschule zu nutzen: „Diese Millionen können wir doch sonst überhaupt nicht wuppen.“