Pinneberg. Immer mehr Retter nutzen soziale Medien, um junge Menschen zu begeistern. Wie das auch ohne Bilder von Toten und Verletzten gelingt.

Soziale Medien spielen im modernen Leben eine immer größere Rolle - auch bei Institutionen wie der Feuerwehr. Um Aufmerksamkeit zu erzielen, kann sich kaum eine Organisation dem Druck der Datenflut übers Internet entziehen. Deshalb machen sich auch Gruppen wie die freiwilligen Retter daran, das digitale Netz mitzuknüpfen. Und die Pinneberger Feuerwehr mischt dabei landesweit ganz vorn mit.

Mit gut 6000 Followern, wie die Fans im sozialen Netzwerk Instagram genannt werden, liegt die Freiwillige Feuerwehr Pinneberg in der Gunst der ehrenamtlichen Brandschützer in Schleswig-Holstein auf Rang 3. Das teilten die Kameradinnen und Kameraden nun nicht ohne Stolz mit. Nur die Wehr aus der Lübecker Innenstadt hat mit 8200 Followern die Nase noch weiter vorn, gefolgt von den Itzehoer Kameraden, die immerhin 7500 Menschen begeistern. Kleine Randnotiz: An die Wedeler Feuerwehrfrau Nadine Kube, die allein auf ihrem Kanal nordlicht 1806 mehr als 21.000 Fans zieht, kommen alle Wehren allerdings nicht heran.

Homepage ist „Gedächtnis und Familienalbum“ der Wehr

Der Erfolg in Pinneberg fußt auf einer soliden Basis. 2001 machten sich die ersten Pinneberger Feuerwehrleute daran, eine Homepage anzulegen. Helge Anton (60), der hauptamtlich als Kommunikationstechniker unterwegs ist, gehörte zu den Initiatoren des Sprungs ins Internet-Zeitalter. Bedingung sei gewesen, dass sich dafür ein Team finde, das kontinuierlich an den Darstellungen im Internet arbeite und den Auftritt pflege.

Feuerwehr Pinneberg auf Instagram
Mehr als 6000 Personen und Institutionen folgen der Freiwilligen Feuerwehr Pinneberg auf Instagram. © Screenshot bearbeitet | Michael Rahn

Diese verlässliche Stetigkeit haben sich die Macher alle Jahre über bewahrt. Acht Männer und Frauen sind es heute, die sich um Homepage und soziale Medien kümmern. „Es ist das Gedächtnis und Familienalbum“, beschreibt Alexander Supthut (Experte für passive Fahrzeugsicherheit, 49) den Internet-Auftritt. Aufgeschrieben werden alle Einsätze und Berichte über die Aktionen.

Fotos und Berichte erst dann, wenn keine akute Gefahr mehr besteht

Selbstverständlich wird erst dann zur Kamera gegriffen, wenn die akute Gefahr beseitigt ist, wenn jemand wirklich eine freie Hand hat. Auch die Kameradinnen und Kameraden dürfen Fotos in Absprache mit dem Einsatzleiter machen. Die Aufnahmen werden über eine spezielle E-Mail gesammelt und begutachtet, was gezeigt werden darf.

Die öffentlichkeitswirksame Truppe in der Pinneberger Wehr hat sich Regeln gegeben. So werde nie in eine private Wohnung fotografiert, es sei denn, der Eigentümer erteile seine Genehmigung. Da hat die Truppe auch aus Anfängerfehlern gelernt, nachdem der Blick in eine Messie-Wohnung für eine Familie bittere Folgen gehabt hatte.

Wichtigste Regel: Keine Verletzten oder Toten zeigen!

„Es werden keine verletzten Personen und schon gar keine Toten gezeigt“, sagt Jan Suchorski (strateg. Einkäufer, 43). Autokennzeichen werden vor einer Veröffentlichung geschwärzt. Außerdem hat sich die Wehr zur Regel gesetzt, bei Unglücken mit Verletzten oder schweren Schäden der Polizei einige Stunden Vorlauf zu lassen, um Angehörige zu informieren.

„Trotzdem versuchen wir natürlich auch immer, möglichst schnell zu berichten“, erzählt Lena Halle (Flugzeugbauerin, 29). Denn über andere Gruppen werde oft schnell spekuliert, was denn nun schon wieder in der Stadt los und was alles passiert sei. Um die Neugier zu stillen, gibt es auch schon mal ein Foto aus dem Einsatzfahrzeug zum Einsatzort mit kurzem Hinweis: „Unfall auf der Autobahn. Wir leisten technische Hilfe.“

Landesverband schult PR-Strategen in den Wehren

So ist es immer wieder auch dem Fingerspitzengefühl der Mitstreiter vorbehalten, Veröffentlichungstermin und Umfang gut einzuschätzen. Das Wissen und das Können, die Fotos, kleine Filme und Texte für soziale Medien gut aufzubereiten, holen sich die ehrenamtlichen Brandschützer bei Lehrgängen des Landesfeuerwehrverbandes.

Auch auf Twitter war die Pinneberger Wehr mal unterwegs. Doch nach dem Wechsel auf X udn kostenpflichtigen veröffentlichungen wird dieser Zugang nicht mehr bedient. Stattdessen soll demnächst bei Bluesky eingestiegen werden, das einige bei X geschasste Menschen gegründet haben.

Feuerwehrfrau: Mit Instagram erreichen wir Jung und Alt

Am wichtigsten scheint zurzeit Instagram. „Dort sprechen wir sowohl junge als auch ältere Internetnutzer an“, sagt Lena Halle. Die Botschaften scheinen rüberzukommen. Viele junge Leute werden durch die Berichte auf die Wehr aufmerksam. Die Jugendwehr ist zurzeit sogar so gut besetzt, dass eine Warteliste eingerichtet werden musste.

Außer dem 25-köpfigen Nachwuchs gehören etwa 125 Frauen und Männer zur aktiven Wehr. Was sie neben ihren Berufen ehrenamtlich leisten, ist beachtlich. 500 Einsätze stehen in diesem Jahr im digitalen Gedächtnis, das die achtköpfige Social-Media-Gruppe pflegt.

Experte für Informationstechnik sorgt für sichere Internetkanäle

Die Datenbank wird immer größer. Damit technisch alles reibungslos funktioniert, steht dem Team ein echter Experte zur Seite: Heiko Bornholdt, er hat den Doktortitel für Informationstechnologie.

Die öffentliche Aufmerksamkeit hat sich die Pinneberger Mediengruppe aber nicht nur durch ihre seriösen, fast professionelle Arbeit verdient. Denn auch Humor gehört zu dem lebensrettenden Handwerk. Gern mischt die Pinneberger Wehr einen Aprilscherz unters Publikum.

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Der eine oder andere erinnert sich schmunzelnd ans deutschlandweit einzigartige Gaffermobil, das Schaulustige noch näher an den Einsatzort führen soll, oder den Kanalwagen in Signalrot, den die Wehr künftig angeblich bei Problemen im Rohrnetz einsetzt sowie den Rettungszug, der in Pinneberg für die Bekämpfung von Bahnunfällen in den Dienst gestellt worden sein sollte. Mal sehen, was der Pinneberger Wehr am 1. April 2025 so für Instagram, Facebook und Co. einfällt.