Ellerhoop/Kreis Pinneberg. Anwohner lehnen „Massentourismus“ ab und fürchten um dörfliche Idylle. Denn: 130.000 Gäste sollen das „Vivaneum“ in Ellerhoop besuchen.

Der geplante Neubau eines Baumschulmuseums in Ellerhoop im Kreis Pinneberg für 70 Millionen Euro wird von den direkten Nachbarn im Ortsteil Thiensen rigoros abgelehnt. Jetzt haben sie ihren Protest gegen das sogenannte „Vivaneum“-Projekt auf drei großen farbigen Plakaten öffentlich sichtbar gemacht, die in der Nähe des Arboretums und des Gartenbauzentrums stehen.

„Für uns ist das schlicht Größenwahn“, sagt ein unmittelbarer Nachbar, der schon sein ganzes Leben in Ellerhoop-Thiensen lebt, aber seinen Namen noch nicht in der Zeitung lesen möchte. Dafür steht auf den Plakaten, die die zwei Dutzend Anwohner zusammen erarbeitet und aufgestellt haben, unmissverständlich: „Grüne Wiese statt ‚grüner Meile‘- Nein zu Massentourismus! Nein zu Größenwahn! Nein zum Vivaeneum im Thiensen!“

Widerstand gegen Baumschulmuseum: Anwohner bezeichnen Pläne als Größenwahn

Wie berichtet, hatte schon der Bund für Natur- und Umweltschutz (BUND) diese Pläne als „Gigantismus“ bezeichnet und scharf kritisiert, dass er und auch der Nabu als größte Umweltverbände nicht in die Machbarkreisstudie eingebunden wurden. In die Studie hatten der Kreis Pinneberg und andere Förderer 180.000 Euro investiert.

Im Stil des Guggenheim-Museums in Bilbao stellen sich die Visionäre die architektonische Gestaltung des künftigen Baumschulmuseums in Ellerhoop vor, das eine Erlebniswelt rund um den Klimawandel sein soll.
Im Stil des Guggenheim-Museums in Bilbao stellen sich die Visionäre die architektonische Gestaltung des künftigen Baumschulmuseums in Ellerhoop vor, das eine Erlebniswelt rund um den Klimawandel sein soll. © Burkhard Fuchs | leisureworkgroup

Erst am Mittwoch hat der Pinneberger Kreistagbei bei einem Haushaltsdefizit von 51,7 Millionen Euro für 2025 beschlossen, für das als Naturerlebniszentrum geplante neue Baumschulmuseum Mittel in Höhe von 30.000 Euro (2025) und 25.000 Euro (2026) zur Verfügung zu stellen. Zweck ist die Gründung einer Realisierungsgesellschaft.

Vivaneum in Ellerhoop: Anwohnerin Carola Trepka ist traurig und wütend

Sie sei selbst „eine leidenschaftliche Museumsgängerin“, sagt Carola Trepka, die einen Steinwurf entfernt von dem geplanten Baumschulneubau auf der Wiese zwischen dem Gartenbauzentrum und dem Arboretum wohnt. „Ich bin traurig darüber. So wie das hier läuft, ist es nicht in Ordnung. Wir direkten Anwohner sind alle sehr besorgt und skeptisch und fragen uns: ‚Was hat die Gemeinde Ellerhoop davon.“

Und sie betont, dass sie und ihre Nachbarn „keine Krawallmacher“ seien. „Wir sind keine Klimakleber und keine durchgeknallten Öko-Aktivisten, sondern der Gemeinde Ellerhoop sehr verbunden, in der wir alle seit Jahrzehnten gerne leben“, betont Carola Trepka.

Die Anwohner versichern, von den Planern „nicht überzeugt“ worden zu sein

Für ihren bereits zitierten Nachbar soll hier „unter dem Deckmantel des Naturschutzes wirtschaftliche Interessen“ verfolgt werden“. Das hatte auch schon Florian Dahlitz, Vorstandsmitglied der BUND-Kreisgruppe Pinneberg, in ähnlicher Weise formuliert. Zumal hier 70 Millionen Euro aus öffentlichen Steuergeldern investiert werden sollen, um es anschließend privatwirtschaftlich zu betreiben, wundert sich Anwohnerin Trepka.

Die Anwohner ärgert vor allem, dass sie erst im Oktober bei einer internen Veranstaltung über das „Vivaneum“-Vorhaben informiert worden sind – vorher nicht. Das bestätigt auch Frank Schoppa vom Vorstand des Fördervereins Pinneberger Baumschulland und Geschäftsführer des Bundes deutscher Baumschulen, dessen Frau Heike das Baumschulmuseum in Pinneberg leitet, das etwa 3000 Besucher dort im Jahr zählt. Vorher habe die Machbarkeitsstudie nicht vorgelegen, bittet Schoppa um Verständnis. Diese geht von 130.000 Besuchern im Jahr für den Neubau aus, der im Stile des Guggenheim-Museums in Bilbao errichtet werden soll, um den Museumsbetrieb wirtschaftlich tragfähig zu machen.

Umweltverbände und wichtige Organisation in Ellerhoop waren nicht eingebunden

Die Anlieger befürchten, dass die vielen  Besucherverkehre, die etwa doppelt so hoch sein würden wie die jetzt um Arboretum. Und die würden schon heute quer durch den Ortsteil Thiensen fahren und die Bewohner stören, argumentiert die ehemalige Schulassistenzlehrerin Trepka, die seit mehr als 40 Jahren in Ellerhoop lebt.

Sie sei auch „sehr wütend“ darüber, wie ihren Sorgen und Bedenken vom Tisch gewischt würden. Warum sei die Bürgerinitiative Aktiver Umweltschutz, in der sie auch dem Vorstand angehört und die sich seit Jahrzehnten für weniger Schadstoffbelastung durch die Müllverbrennungsanlage in Tornsch-Ahrenlohe einsetzt, überhaupt nicht eingebunden worden, wundert sie sich.

Anwohner fragen sich, was die Gemeinde Ellerhoop davon hat

Dazu sagt Schoppa, dann hätte der Beirat für die Machbarkeitsstudie „nicht 60, sondern 120 Personen umfassen müssen“. Es seien der Landesnaturschutzbeauftragte und der ehemalige Kreisnaturschutzbeauftragte sowie die beiden Bürgermeisterinnen aus Ellerhoop darin vertreten gewesen. Auch die Gemeinderat Ellerhoops sei mehrfach intern über die Pläne informiert worden, erklärt Schoppa.

Dass er behaupte, dass auf der Anwohnerversammlung von 20 Skeptikern am Ende der Vorstellung 17 von den Vivaneum-Plänen überzeugt worden seien und nur drei, die „mit schlechter Laune“ gekommen seien, nicht, sei „eine glatte Lüge“, ärgert sich Carola Trepka. „Wir Anwohner sind weiterhin alle nicht davon überzeugt, weil wir uns fragen, was unsere schöne Gemeinde davon hat.“ Eher nichts, befürchtet sie, außer noch mehr Lärm und Verkehr und weniger Naturflächen.

Ellerhoop darf kein Gewerbegebiet haben, aber grüne Wiese soll für touristische Zwecke versiegelt werden

„Ellerhoop darf kein eigenes Gewerbegebiet ausweisen, aber hier soll eine grüne Wiese versiegelt werden“, ärgert sie sich. Bei der Info-Veranstaltung sei auch von Tagungsräumen und Treffpunkten die Rede gewesen, die Ellerhoop gar nicht brauche. Sie glaubt, dass es hier mehr um Tourismus statt um Klimaschutz gehen soll. Auch das Argument, dass Schüler durch das neue Baumschulmuseum über Bäume, Natur- und Klimaschutz aufgeklärt werden sollen, könne sie nicht nachvollziehen. „Unsere Kinder können hier jederzeit in der Natur sein und spielen“, sagt die ehemalige Schulassistentin.

Schoppa bleibt bei seiner „Wahrnehmung“, dass er und Andreas Köhler, Fachbereichsleiter in der Kreisverwaltung und Vorsitzender des Fördervereins Pinneberger Baumschulland, „die Mehrheit der Anwohner“ von dem Projekt überzeugen konnten. Vor allem darüber, dass durch den Neubau erstmals mit dem geplanten Parkplatz an der alten Bundesstraße eine „geregelte Lenkung der Besucherverkehre“ zum neuen Baumschulmuseum und dem Arboretum geschaffen würde. Die Anwohner, die jetzt die Plakate aufgestellt haben, bezweifeln das stark.