Kreis Pinneberg. Elfi Heesch verweist bei geforderter Arbeitspflicht auf die Kommunen. Nicht das einzige, was sie den elf Bürgermeistern entgegnet.
Das Asylbewerberleistungsgesetz erlaubt, Flüchtlinge für gemeinnützige Arbeit zu verpflichten. Doch wie wird das umgesetzt, wer übernimmt die Regie - und: Gibt es einen Königsweg? Darüber machen sich im Kreis Pinneberg Kommunalpolitiker und andere Entscheidungsträger viele Gedanken. Zuletzt hatten sich elf Bürgermeister, allesamt mit CDU-Parteibuch, in einem offenen Brief an die Landrätin Elfi Heesch gewandt.
Sie solle aktiv werden und die Arbeitspflicht für Asylbewerber durchsetzen. Der Kreis Pinneberg möge eine neue, „integrative Kraft entfachen“. Darüber hinaus unterstützt auch der frisch gekürte Pinneberger CDU-Bundestagskandidat Daniel Kölbl das Vorgehen. Initiiert wurde der Brandbrief der Union vom Landtagsabgeordneten Martin Balasus (CDU).
Landrätin: „Der Kreis übernimmt die Fachaufsicht“
Nun reagiert die Landrätin. Sie werde die Initiative der CDU-Bürgermeister nicht aufgreifen. An die Spitze dieser Initiative setze sie sich im Gegensatz zu ihrem Amtskollegen Christian Herrgott (CDU) im Saale-Orla-Kreis in Thüringen jedenfalls nicht. Elfi Heesch (parteilos) verweist darauf, dass die Kreisverwaltung die Strukturen geschaffen habe, um den entsprechenden Paragrafen im Asylbewerberleistungsgesetz umzusetzen. Der Kreis übernehme bei allem die Fachaufsicht. „Für darüber hinausgehende Aufgaben halten wir keine Kapazitäten vor“, heißt es in dem Schreiben an die Bürgermeister, das dem Abendblatt vorliegt.
Stattdessen betont die Landrätin, dass Flucht und Zuwanderung Herausforderung und Chance sei. Wörtlich heißt es: „Die Aufnahme und Integration von Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, fordert Gesellschaft, Politik und Wirtschaft genauso wie die betroffenen Menschen selbst heraus. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Kommunen, die Geflüchtete aufnehmen und vor Ort in ihre Gemeinschaften einbinden. Die Kommunen leisten hier enorm viel. Dafür möchte ich in aller Form meine Wertschätzung und Anerkennung ausdrücken.“
Bertelsmann-Studie: Deutschland benötigt alljährlich 288.000 Zuwanderer
Über die gemeinsame Aufgabe der Integration hinaus benötige die Gesellschaft Zuwanderung. Ohne diese könne der Bedarf an Fachkräften nicht gedeckt werden. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung etwa zeige, dass Deutschland bis 2040 jedes Jahr rund 288.000 Zuwandernde brauche, die sich als Erwerbstätige dem hiesigen Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen.
Dies sei eine langfristige Aufgabe, „die Willkommenskultur, Bleibeperspektiven und funktionierende Strukturen zur Arbeitsmarktintegration voraussetzt“. Die Landrätin in Rcihtung CDU: „Ein Baustein kann das von Ihnen angesprochene Thema der gemeinnützigen Arbeit von Geflüchteten sein. Einige Kommunen im Kreis Pinneberg haben sich dazu auf den Weg gemacht, andere nehmen eine abwartende Haltung ein. Fest steht dabei: Die Kommunen entscheiden für sich selbst.“
Kreispolitik: Künftig mehr Bearbeitungszeit für jeden Asylbewerber
Nach Auskunft der Chefin der Kreisverwaltung bekommen die Kommunen Kapazitäten hinzu. Der Kreistag hatte im Oktober im Kreistag beschlossen, zum Jahr 2025 den Fallzahlenschlüssel für die Sachbearbeitung nach Asylbewerberleistungsgesetz abzusenken. Das heißt: Ab Januar 2025 steht pro leistungsberechtigtem Asylbewerber mehr Bearbeitungszeit zur Verfügung.
Über den politischen Raum hinaus werde eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration von anderen Stellen vorangetrieben. So gehe etwa die Agentur für Arbeit verstärkt in die Landesunterkünfte, um frühzeitig Vorbildung und Einsatzmöglichkeiten abzufragen, erste Sprachkurse direkt in den Landesunterkünften anzubieten und Perspektiven aufzuzeigen.
- Debatte um Zuwanderung: Asylbewerber sollen für 80 Cent Rasen mähen und putzen
- Schenefeld schafft zwei neue Unterkünfte für Asylbewerber
- Notruf aus dem Amt: Pinnebergs Ausländerbehörde pfeift aus dem letzten Loch
Auch das Jobcenter im Kreis Pinneberg trage mit seiner Arbeit zur Fachkräftesicherung, aber auch zu gesellschaftlicher Stabilität bei. „Integration und Arbeit gehen Hand in Hand“, heißt es in dem Schreiben. „Die Absolventinnen und Absolventen aus den Integrationskursen bekommen so schnell wie möglich Angebote, um Arbeitserfahrung zu sammeln und weiter qualifiziert zu werden.“
Einig sind sich alle Beteiligten im Ziel. Elfi Heesch beschreibt das so: „Wer einen Job hat und regelmäßig im Austausch mit den Beratungsfachkräften des Jobcenters ist, kann die erlernte Sprache in der Regel besser ausbauen und findet wichtigen kollegialen und sozialen Anschluss.“