Wedel. Sanierung der maroden Steinberghalle ist unstrittig, doch die Stadt plant lange Schließung. SC Rist und Schule wollen das verhindern.
44 Jahre hat die Steinberghalle in Wedel inzwischen auf dem Buckel – und der Zahn der Zeit nagt ordentlich an der maroden Sportstätte. Gut 450 Basketballer des bundesweit bekannten Traditionsclubs SC Rist, der mit dem Erstligisten Hamburg Towers kooperiert, haben dort ihre sportliche Heimat. Die Halle, 1980 erbaut, wird zudem vom benachbarten Johann-Rist-Gymnasium für den Schulsport genutzt.
Doch: Wie lang ist das noch möglich? Die Liste der Schäden ist lang, die Sanierung unstrittig. Einzig um das Wann und Wie ist in Wedel jetzt viel Wirbel entstanden. Die Stadtverwaltung plant bisher die Schließung für ein komplettes Jahr, der Verein und die Schule wünschen sich hingegen mehrere kürzere Renovierungszeiten, andernfalls drohe dem Club das Aus. Eine finale Entscheidung treffen die Wedeler Ratspolitiker.
Steinberghalle in Wedel: Hallenboden ist löchrig, Beleuchtung schwächelt, Heizung spielt verrückt
An vielen Stellen des Hallenbodens gibt es Löcher und Unebenheiten, die enorme Verletzungsgefahr bedeuten. Auch die Beleuchtung schwächelt. Die ausfahrbahre Holz-Tribüne, die bis zu 500 Basketball-Fans bei den Zweitliga-Spielen des Pro-B-Männertams Platz bietet, müsste ebenfalls saniert werden.
Die Heizung springe irgendwann im Laufe des Winters plötzlich an – und ließe sich dann laut Rist-Vorsitzender Andrea Koschek (57) nicht mehr vom 30-Grad-Fahrplan abbringen. Abseits des Spielfeldes gibt es Probleme mit Legionellen, im Kabinentrakt ist das Wasser deshalb komplett abgestellt. Duschcontainer stehen außerhalb der Halle. Sie sind mit speziellen – und teuren – Filtern gegen die gesundheitsgefährdenden Bakterien ausgestattet. Legionellen können Lungenentzündungen verursachen.
Steinberghalle: Sanierungskosten belaufen sich auf mehr als 4,7 Millionen Euro
Kurzum: Die mittlerweile mehr als 4,7 Millionen Euro teure Sanierung ist bitter nötig. Schon seit vielen Jahren kämpft der Club dafür, dass endlich etwas geschieht. Die Hoffnung auf eine neue Sporthalle in der Stadt ist auch wegen der desaströsen Haushaltslage von mittlerweile mehr als 100 Millionen Euro Schulden völlig utopisch.
Die Verantwortlichen beim SC Rist hoffen jetzt, dass die Sanierung mit kürzeren Schließzeiten – jeweils in der Sommerpause zwischen April und Oktober – über ein paar Jahre hinweg gestreckt werden kann. Das würde wohl auch Mehrkosten verursachen. Die Verwaltung prüft dies derzeit.
Aus Sicht von Koschek und Britta Wien-Hansen (51), zuständig unter anderem für das Marketing, ist die Streckung der Sanierung für das Sportangebot in der Stadt alternativlos. Basketball-Spielzeiten dauern von Herbst bis Frühjahr.
„Wir waren zuletzt im Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport und davor auch im Umwelt-,Bau- und Feuerwehrausschuss sowie im Haupt- und Finanzausschuss“, zählt Koschek auf. Es müsse Überzeugungsarbeit bei den Politikern geleistet werden, damit sie ihre weitreichende Entscheidung faktenbasiert treffen könnten.
Steinberghalle Wedel: Für die Basketball-Profis muss eine neue Licht-Anlage her
Ihr und Wien-Hansen ist vor allem eines wichtig zu betonen. Eine einjährige Hallenschließung würde vor allem dem Breiten- und Schulsport schaden. „Wir möchten mit Gerüchten und Halbwahrheiten aufräumen“, sagt Wien-Hansen. Zwar gehe es natürlich auch um die Leistungsmannschaften des Wedeler Basketball-Vereins, die neben der dritthöchsten Herren-Spielklasse Deutschlands unter anderem auch in der weiblichen Nachwuchsbundesliga (U18) oder 1. Damen-Regionalliga antreten, doch vielmehr würde es das Aus für den ambitionierten Hobby-Sport bedeuten.
Die Verwaltung plane nach aktuellem Stand, die täglich von 8 bis 22 Uhr komplett ausgelastete Bewegungsstätte ein Jahr abzuschließen. 26 Breitensportteams werfen auf Körbe. „Es ist eine städtische Halle, die auch für den Schulsport genutzt wird. Die Sanierung wird seit vielen Jahren verschoben. Wir verwehren uns gegen den Vorwurf, dass wir mit irgendwelchen verrückten Sonderwünschen wegen der professionellen Teams um die Ecke kommen“, so Koschek.
Sport sei ein essenzieller Teil der Gesellschaft. Die angedachte Halle des Wedeler TSV als Ausweichmöglichkeit sei ausgelegt auf Turn- und Rollsport – und für Ballsportarten ungeeignet. Und: Es gibt dort nicht einmal Basketball-Körbe. Zudem könne dann der TSV sein eigenes Angebot an der Schulauer Straße nicht mehr aufrechterhalten.
SC Rist Wedel: Strenge Auflagen für Betrieb in der 2. Basketball-Bundesliga
Der SC Rist Wedel muss auch strenge Auflagen erfüllen, um mit dem Männerteam in der 2. Bundesliga antreten zu dürfen. Das geht nur in der Steinberghalle, schon jetzt gelten Ausnahmeregelungen. Die gut 45.000 Euro teure neue Beleuchtung für die Halle würde der Club aus Eigenmitteln finanzieren, aber bei dem „wirtschaftlichen Zweckbetrieb“, der parallel zum gemeinnützigen Verein läuft, ließen sich generell keine Gewinne erwirtschaften.
Die Idee einiger Politiker, der SC Rist könne bei einer Sanierung in drei, vier Abschnitten zumindest die Mehrkosten für die Hallensanierung aus eigener Tasche zahlen, sei illusorisch. „Manche denken wohl, wir haben hier irre Einnahmen. Aber das stimmt natürlich nicht. Wir leben auch von der Hand in den Mund“, sagt Wien-Hansen.
Mitgliederstärkste Clubs: SC Rist Wedel mit 600 Mitgliedern bundesweit in den Top 25
Wie bei jedem anderen Sportverein gebe es laut Koschek eine Handvoll Angestellte, der Rest werde über das Ehrenamt kombiniert mit Leidenschaft geregelt. Mit gut 600 Mitgliedern zähle der Club laut Wien-Hansen zu den Top-25 mitgliederstärksten Clubs bundesweit. Die Nachwuchsarbeit wird regelmäßig prämiert – auch in diesem Jahr.
- Basketball: Hamburg Towers und Rist Wedel kooperieren „so gut wie noch nie“
- Auch SC Rist dabei: Weihnachten ohne Geschenk? Wie armen Kindern geholfen werden kann
- Nachruf: Er war Wedels soziales Gewissen – Hüseyin Inak ist gestorben
Bei einer Schließung der Halle über ein komplettes Jahr würden für Training und Spielbetrieb 30 bis 50 Prozent Kapazitäten wegfallen. Genutzt werden ebenfalls Zeiten in der kleinen JRG-Halle, der Rudolf-Breitscheid-Halle, an der Bergstraße sowie Moorwegschule.
Nach Abendblatt-Informationen saßen Architekt Gernot Guzielski, der stellvertretende Vorsitzende des Wedeler Basketballvereins und Vertreter der Verwaltung am vergangenen Mittwoch zusammen, um eine zufriedenstellende Lösung zu finden.
Guzielski war unter anderem zuständig für den Bau der Inselparkhalle des Wedeler Kooperationspartners Hamburg Towers in Wilhelmsburg. Möglicherweise soll dem Stadtparlament im Dezember dann eine neugestaltete Empfehlung für die Sanierungsentscheidung der Steinberghalle vorgelegt werden.