Wedel. Er war ein leidenschaftlicher Kämpfer für ein besseres gesellschaftliches Miteinander in Wedel. Hüseyin Inak wurde nur 58 Jahre alt.

Volkan Inak, Sohn des am Mittwoch verstorbenen Wedelers Hüseyin Inak, wurde einst gefragt, woher er eigentlich genau komme. Die passende Antwort gegenüber dem Abendblatt: „Aus meiner Mutter.“ Und diese nicht nur biologisch betrachtet korrekte Antwort umschreibt die moralischen Werte, die der dreifache Familienvater aus Wedel ihm und seinem ebenfalls erwachsenen Sohn Erkan sowie Tochter Fatma Ceren mitgegeben hat, nahezu perfekt. Die Herkunft ist egal, begegne allen Menschen gleichermaßen mit Respekt.

Hüseyin Inak ist während eines Türkei-Aufenthaltes plötzlich gestorben und wird im Alter von nur 58 Jahren in seiner Heimatstadt Bingöl beigesetzt. Inak setzte sich über Jahrzehnte hinweg als Betreuer von Geflüchteten für ein besseres soziales Miteinander in der Stadt Wedel ein. Denn: Eine Integration – in beide Richtungen – ohne Grenzen im Kopf und Herzen waren ihm immer wichtig.

Wedeler Vorbild für Integration: Hüseyin Inak unerwartet verstorben

Er selbst war Muslim mit kurdischen Wurzeln aus der Türkei, aber er brachte auch Christen oder Konfessionslose in Wedel zusammen. Einfach alle – aus allen Kulturkreisen und Altersgruppen. Zum Essen, Trinken, Reden, Zuhören. Es wurde immer miteinander, statt übereinander gesprochen.

Auch der eigene Glaube – oder der des Gegenübers – war völlig egal. Hüseyin Inak war ein feiner Mensch, der mit voller Leidenschaft und Engagement für seine Überzeugung, eine bessere, friedliche Welt zu schaffen, eintrat. Die Herzlichkeit, die er bei jeder persönlichen Begegnung versprühte, war immer wieder beeindruckend. Und auch inspirierend für die eigene Wertschätzung, die man seinem Gegenüber stets zeigen sollte. Gefühlt war jeder sein „Habibi“ – es ist das arabische Wort für „Schatz, Geliebter“, wird aber auch synonym für „Freund“ genutzt.

Hüseyin Inak hat sich nie geschont – voller Einsatz für andere

Geschont hat er sich in seinem Wirken nie. Über zehn Jahre hinweg engagierte er sich beispielsweise auch beim Basketballverein SC Rist Wedel. Im Zuge des Stroms von aus Not Geflüchteter im Jahr 2015 gründete Hüysein Inak etwa den Fan-Club Yalla Risters. Inak und die anderen hauten während der Spiele in der Steinberghalle unter dem Korb ordentlich auf die Pauke und sorgten so für Stimmung bei den Zweitliga-Spielen des Männerteams. Fotografierende Journalisten, die ihre Ohrstöpsel vergessen hatten, hatten einfach Pech.

Regelmäßig gab es vor den Partien für die Gästefans Baklava und andere selbst mit Wedeler Neubürgern zubereitete Spezialitäten. Es entstanden Fan-Freundschaften. Der dauerhafte Austausch mit anderen war ihm einfach wichtig. Die Yalla-Risters unterstützten sogar bundesweit regelmäßig ihre Mannschaft bei Auswärtsspielen.

Inak war auch politisch aktiv, zog sich jedoch aus gesundheitlichen Gründen 2018 aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen zurück. „In vielen Jahren hauptamtlicher Tätigkeit als Flüchtlingsbetreuer für die Diakonie und in vielen (wegen der Menge unmöglich vollständig aufzuzählenden) ehrenamtlichen Funktionen hat Inak die alteingesessenen Menschen aus Wedel mit den Neuwedelern aus aller Welt zusammengebracht – oft Seite an Seite mit städtischen Einrichtungen und den Wedeler Vereinen“, heißt es in einem Nachruf auf www.wedel.de.

Wedel: Familie Inak etablierte den Friedenscup in der Steinberghalle

Bei Einwohnerversammlungen lieferte die von ihm betreute Kochgruppe syrischer Frauen ebenfalls Baklava für die Gäste. Über viele Jahre hinweg hatte es zudem auf Initiative der Familie in Wedel den Friedenscup gegeben, bei dem bunt gemischte Fußball-Teams lediglich um Siege kämpften.

„Als im Zuge der Flüchtlingswelle 2016 die öffentliche Stimmung zunehmend kritisch auf die Asylpolitik blickte, zog Inak mit Geflüchteten über den Elbstrand und brachte Wedels Aushängeschild mit der Müllsammelaktion „Sauberer Strand“ so pragmatisch auf Vordermann, dass sich bald auch schon alt eingesessene Wedeler der Gruppe anschlossen“, würdigt die Stadt Hüseyin Inaks enormen gesellschaftlichen Einfluss.

Wedel ist „Weltoffene Gemeinde“ – Inak hat dies vorgelebt

1990 wurde Wedel als „Weltoffene Gemeinde“ ausgezeichnet, wohl niemand in der Stadt hat diese Auszeichnung so sehr verinnerlicht – und vorgelebt – wie Hüseyin Inak. Er agierte stets mit offenem Ohr in der Community der Geflüchteten und „baute so wichtige Brücken zu anderen Teilen der Stadtgesellschaft“, so Stadtsprecher Sven Kamin.

Mehr zum Thema

Populismus war dem Kosmopoliten ein Fremdwort. Die Kochgruppe zauberte vor Weihnachten im Stadtteilzentrum „mittendrin“ für Bedürftige, 2022 gab es ein Weihnachtsmahl für Geflüchtete aus der Ukraine. „Hautfarbe Mensch“ dürfte eines seiner großherzigen Credos gewesen sein.

„Die Stadt Wedel dankt Hüseyin Inak für seinen unermüdlichen Einsatz für die Rolandstadt, der nun schmerzlich fehlen wird. Jetzt ist es an uns allen, selbst miteinander und mit anderen zu essen, zu trinken, zu spielen und uns für den Frieden und die Gemeinschaft einzusetzen. Hüseyin Inak hat uns gezeigt, wie das geht. Jetzt sind wir dran!“, heißt es auf der Stadthomepage.